Mobbing am Arbeitsplatz
Eine unterschätzte Gefahr

Mobbingopfer fühlen sich oft allein im Dunkel der Angriffe.  | Foto: Thekla Fey
  • Mobbingopfer fühlen sich oft allein im Dunkel der Angriffe.
  • Foto: Thekla Fey
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Offenburg (tf). Die Mobbingrate in Deutschland steigt. Immer mehr Menschen fühlen sich am Arbeitsplatz belästigt. Doch die Grenze zwischen berechtigter Kritik und gezielter Abwertung ist oft schwer zu ziehen. Wenn Worte als Kränkung empfunden werden, wenn Frustration, Bedrohung und sogar Angst zum Arbeitsalltag gehören – dann ist die Gefahr des Mobbings sehr hoch.

Klassische Anzeichen

Klassische Anzeichen für Mobbing seien etwa üble Nachrede und diskriminierende Gerüchte. Darüber hinaus würden dem Betroffenen oftmals abschätzige Blicke zugeworfen. „Eine subtilere und weniger auffällige Form des Mobbings ist das absichtliche Übersehen, die Ausgrenzung und das bewusste Vorenthalten von Informationen, die für die Arbeit des Betroffenen wichtig sind. Die Zusammenarbeit wird boykottiert und kleine Fehler werden aufgebauscht“, sagt Ullrich Böttinger, Amtsleiter Soziale und Psychologische Dienste am Landratsamt Ortenaukreis. Solches Verhalten könne zu Stress, Arbeitsunfähigkeit, Frustration, Schlaflosigkeit, Burn Out, Depressionen bis hin zu einem möglichen Suizid führen.
„Mobbing im Rechtssinne stellt ein systematisches Diskriminieren und Herabwürdigen einer Person dar, was zur Folge hat, dass diese Person in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht verletzt wird“, erklärt Rechtsanwalt Michael Walther, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Fahr, Groß, Indetzki. Wichtiges Indiz sei dabei, dass die Mobbinghandlungen planmäßig und systematisch erfolgten und hinter dem Vorgehen ein System stecken müsse. Betroffene gingen oft durch ein Wechselbad der Gefühle und fragten sich, ob sich an ihrer Situation je etwas ändern werde – besonders, wenn es sich um Mobbing durch Vorgesetzte handele.

Mobbingtagebuch

„Die Betroffenen sind schwer angegriffen. Die Belastung, wenn man Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber möglicherweise auch beim Arbeitsgericht geltend machen will, wird für das Opfer nicht geringer“, so Walther. Dazu komme, dass die Betroffenen in der Bringschuld stünden. Das Mobbingopfer sei dazu verpflichtet, detailliert darzustellen, wann sich welche Vorfälle ereignet hätten. Dazu sollte ein so genanntes Mobbingtagebuch geführt werden. „Im gerichtlichen Verfahren auf Schadensersatz muss das Opfer das Vorliegen der einzelnen Mobbinghandlungen vortragen und beweisen. Insbesondere, dass den Handlungen das geforderte System zugrunde liegt“, führt Walther aus. „Dadurch, dass das Mobbingopfer von den sonstigen Beteiligten zum 'Täter' gemacht wird, ist die erfolgreiche Durchsetzung der Ansprüche durch die Vorgaben der Rechtssprechung durchaus erschwert."

Konfliktlöser

Das Thema Mobbing sei häufig äußerst emotional und die Betroffenen schwer angegriffen. "Der Betriebsrat oder die Personalvertretung können ein hilfreicher erster Ansprechpartner sein", so Walther. Zudem sei es möglich, externe Hilfe wie Konfliktlöser, Mediatoren oder das Mobbing-Beratungstelefon hinzuzuziehen sowie soziale oder emotionale Unterstützung von Menschen zu bekommen, die in einer ähnlichen Situation seien.

Kein Kavaliersdelikt

Untersuchungen hätten ergeben: Weder gebe es das typische Mobbingopfer noch generelle Verhaltensmuster, die vor Mobbing schützten. „Auch Arbeitgeber können präventiv tätig sein“, erklärt Böttinger. „Grundlegende Aspekte der Prävention liegen im Bereich gutes Betriebsklima, gesundheitsförderliches Führungsverhalten, Sensibilisierung der Führungskräfte und Umgang mit Veränderungssituationen im Betrieb.“ Gegen den Mobbingtrend helfe nur ein Umdenken im Umgang miteinander. Der Mensch sei ein soziales Wesen, dem mit Wertschätzung und Achtsamkeit begegnet werden sollte. Denn Mobbing sei kein Kavaliersdelikt.

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