Trend zum gemeinsamen Singen

In der Ortenau gibt es zahlreiche Angebote

Ortenau (gro). Im ausgehenden 20. Jahrhundert war sie eingeschlafen, fast sogar verpönt – die Lust am gemeinsamen Singen. Seit einigen Jahren bricht sie sich wieder Bahn. Dabei müssen sangesfreudige Menschen nicht in einen Verein eintreten. Ortenauweit gibt es verschiedene Angebote zum offenen, gemeinsamen Singen.

Eine der ältesten Veranstaltungen ist das Volksliedersingen in Ettenheim. Bereits seit Mai 1987 gibt es zwei Mal im Jahr dieses offene Angebot unter dem Motto "Lieder, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen". Die Initiatoren des Volksliedersingens waren Antonia Esser, Heribert Moser und Leo Duffner. Der Veranstaltungsort hat seitdem mehrmals gewechselt, zur Zeit wird im Gasthaus "Rebstock" in Ettenheim-Münchweier gemeinsam ein Lied angestimmt. Zwei Stücke sind gesetzt: "Die Gedanken sind frei" wird zu Beginn und "Das schönste Land in Deutschlands Gaun", besser bekannt als "Badner-Lied", zum Ende des Treffens gesungen. Es werden rund 150 Lieder aus dem gesamten deutschen Sprachraum angeboten, wessen Lieblingslied nicht dabei ist, der darf auch ein Solo anstimmen. Begleitet wird der Singtreff von der Gitarrengruppe um Bernhard Duffner.

Fünf Jahre lag die Idee beim Männergesangverein Liederkranz Rheinbischofsheim in der Schublade, bis das erste offene Singen über die Bühne ging, für das eigens ein Liederbuch zusammengestellt wurde. "Alle, die gerne in Gesellschaft singen und älteres Liedgut, Volkslieder, aber auch Schlager lieben, dürfen sich angesprochen fühlen", sagt der Vereinsvorsitzende Gerhard Müller. "Im Schnitt nehmen 40 Personen teil, das Alter, liegt bei 60 Jahre." Den Hauptunterschied zum Angebot des Vereins sieht Müller darin, dass es keine Verpflichtung zu den Treffen gibt: "Es gibt keinen Probeaufwand, jeder singt wie er kann, frei von der Leber weg. Meist einstimmig, manche bringen sich sogar mit einer zweiten Stimme oder einem Solo ein."

Das Kulturgut "Singen" wird ebenfalls beim "Theater der 2 Ufer" in Kehl gepflegt. "Die Menschen finden nicht mehr die Zeit, sich langfristig in einem Chor zu engagieren, die Lust und Freude am Singen ist trotzdem bei vielen ungebremst vorhanden", erklärt Ruth Dilles. Zwei Abende wurden bislang angeboten. "Bei beiden Abenden waren alle Plätze besetzt", freut sich Dilles. "Gemischt", nennt sie den Altersdurchschnitt. Besonders gut angekommen sind laut Dilles "Beatles"-Songs und andere Evergreens aus Pop und Rock, Balladen, aber auch alte Volkslieder sowie Schlager: "Querbeet eben." Geplant sind drei Abende im Jahr. Durch den Abend führt mit Andreas Dilles ein professionell ausgebildeter Musiker und Pädagoge. 

Der erste Querbeet-Abend fand im Winter 2012/13 im "KiK" in Offenburg statt. Mechthild Fuchs und Stefan Böhm wollten die Freude, die sie selbst beim Singen verspürten, auch anderen ermöglichen. Zu Beginn kamen zwischen 50 und 60 Leute, heute sind es nach Aussage von Mechthild Fuchs zwischen 120 und 130. "Das Wetter und konkurrierende Veranstaltungen spielen dabei auch eine Rolle", so Fuchs. "Der Altersschnitt liegt wohl um die 60 Jahre, es gibt aber auch Ältere und erheblich Jüngere." Es handelt sich um ein offenes Angebot.  "Ein weiterer Unterschied liegt in der Conférence, die Stefan Böhm und ich uns teilen und recht unterschiedlich gestalten, mal witzig und überraschend, mal eher informativ", grenzt Mechthild Fuchs die Veranstaltung gegenüber dem Singen im Verein ab. 

Hits, die immer wieder angestimmt werden, sind nach Fuchs Klassiker aus der Liedermacherszene wie "Heute hier, morgen dort" oder "Gut, Euch zu seh'n", aber auch Volkslieder wie "Die Gedanken sind frei" oder "Auf einem Baum ein Kuckuck". Schlager und sogar Opernchöre runden die Titelvielfalt ab. Begleitet wird mit Gitarre, Klavier oder Akkordeon. Als Warm-up dient bei jedem Treffen das Lied "Mein kleiner grüner Kaktus".