Fußnote, die Glosse im Guller
Erinnerung an den 9. November 1989

Foto: Symbolbild Pixabay
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Es gibt Ereignisse, die bleiben ewig in Erinnerung. Jedes Wort, das gesprochen wurde, die Gedanken, die einem durch den Kopf rasten und das heftige Herzklopfen haben sich fest ins Gedächtnis gegraben. Ich persönlich werde beispielsweise nie den Abend des 9. November 1989 vergessen. Welche Gefühle damals in mir tobten und wie sich schließlich große Traurigkeit breit machte. Denn nichts würde mehr so sein, wie es war. Vor allem war ich aber schwer genervt, weil ständig irgendwelche Leute anriefen, um zu jubeln: "Die Mauer ist offen!" Denn an diesem Tag fiel nicht nur das Bollwerk Berliner Mauer, es endete auch die zweijährigen Beziehung mit meinem damaligen Freund.

Persönliches Drama

Tatsächlich wurde der Mauerfall damals völlig von meinem persönlichen Drama überschattet. Es mag egoistisch klingen, aber wer Liebeskummer hat, dem ist die Weltgeschichte halt so was von wurst. Inzwischen ist viel Zeit vergangen und ich kann feststellen: Sowohl für die deutsche als auch meine eigene Geschichte hätte am 9. November 1989 nichts Besseres passieren können. Ich heule meiner damaligen großen Liebe jedenfalls schon lange nicht mehr hinterher, im Gegenteil – und der ehemaligen DDR erst recht nicht.

Schießbefehle und Stasi-Spitzeleien

Nun will ich keineswegs behaupten, dass dort alles schlecht war. Spreewaldgurken fand ich beispielsweise schon immer wirklich klasse. Kein Verständnis habe ich dagegen für Leute, die heute denken, so schlimm sei die SED-Diktatur mit ihren Todesstreifen, Schießbefehlen und Stasi-Spitzeleien ja nicht gewesen. Genauso wenig für Menschen, die in Hitler wegen seines Autobahnbaus einen genialen Staatsmann sehen. Dumpfbacken rechts und links des Weges gibt es leider überall. Mit allen anderen, also der Mehrheit, bin ich gerne ein Volk. Das bedeutet keineswegs, dass ich immer alles verstehe oder mag, was in Thüringen oder Sachsen so Usus ist. Muss auch nicht sein. Mich gruselt es ja ebenfalls, wenn mein Mann gegen den kleinen Hunger Spaghetti mit Ketchup isst. Trotzdem sind wir sehr glücklich verheiratet.

Wessi-Arroganz

Was die Klagen über vermeintliche Wessi-Arroganz anbelangt, kann ich Richtung Osten nur fragen: Habt ihr mal einen hochmütigen Hamburger über die braven Bayern reden hören? Für Letztere wiederum sind alle jenseits des Weißwuascht-Äquators Saubreiss. Und die Badener glauben, es ist ein Menschenrecht, über Schwaben lästern zu dürfen. Ein bisschen innerdeutsches fremdbundeslandfeindliches Gehabe ist augenzwinkernd gelebte Tradition. Da wäre es doch fast schon diskriminierend, wären die neuen Bundesländer außen vor.

Wiedervereinigung

Bei der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 war ich übrigens auch wieder etwas abgelenkt. Da hatte ich meinen 24. Geburtstag und ordentlich gefeiert. Es gibt Ereignisse, die bleiben ewig in Erinnerung.
Anne-Marie Glaser

Foto: Symbolbild Pixabay

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