Raimund Müller ist Wetterfahnen- und Worteschmied
Einer, der sein Fähnlein gern in den Wind hängt

Kuh mit Bollenhut: Nicht nur mit dieser rot-schwarzen Wetterfahne mit seinen Initialen zeigt Hobby-Schmied Raimund Müller aus Holzhausen, woher der Wind weht. | Foto: gg
  • Kuh mit Bollenhut: Nicht nur mit dieser rot-schwarzen Wetterfahne mit seinen Initialen zeigt Hobby-Schmied Raimund Müller aus Holzhausen, woher der Wind weht.
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Rheinau-Holzhausen. Es ist laut – und es fallen Späne. Geschliffenes in Wort und Metall, das ist genau sein Ding: Raimund Müller weiß, woher der Wind weht, und er hängt sein Fähnchen gern in den Wind: Der Worteschmied und Wetterfahnenmacher ist ein Mensch mit einem wahrhaft windigen Hobby. Und dazu ein Mann mit einer spitzen Feder. "Ich war Griffelspitzer, Bürohengst und Sesselfurzer", beschreibt er seine frühere Berufslaufbahn beim Straßenbauamt drastisch. Doch die ist inzwischen weit weg und lange her.

Sonntagsporträt

Ein wenig ist er wie sein durch eigenes Schwitzen wieder bewohnbar gemachtes Fachwerkhaus. Das hat Tradition und Charakter – und selbstverständlich eine selbstgemachte Wetterfahne auf dem Giebel: ein Drache auf dem Dache. "Wo ich mit meiner Trixi glücklich und zufrieden in einem kleinen Nest kurz vor Sonnenuntergang wohne, wo sich Himmel und Erde berühren", in Holzhausen also, einem Stadtteil von Rheinau im Nordzipfel der Ortenau, ist er arg umtriebig. "In meiner Freizeit bastle ich an unserem alten Bauernhaus herum und bin obendrein als Selbstversorger in Stall und Garten tätig", und unter dem Pseudonym Michael Kornmahler als Schriftsteller und Mitglied im Autorennetzwerk Ortenau-Elsass hat er den Roman "Tankred de Bayeux" geschrieben.

Ohne Schablone, ohne Vervielfältigungsmaschinerie, ohne Laser "oder was es sonst noch so gibt", wird jede seiner Wetterfahnen gefertigt. Unikate eben. Momentan arbeitet der bodenständige Kreativling an einem Schwarzwaldkeiler mit Bollenhut, der mit seinem Rüssel zeigt, woher der Wind weht. Und wenn einer wie dieser Hemdsärmelige selbige hochkrempelt, dann kommt halt "ebbs Gscheites debi rus". Der Wetterfahnenschmied trägt sein Herz auf der Zunge und im Herzen weht der Wind.

Originelles für die ganze Republik

"Originelle Wetterfahnen geben jedem Haus erst die unverwechselbare, individuelle Note", sagt Müller Und das war schon immer so: Wetterfahnen haben eine über 2.000-jährige Geschichte. Der bekannteste Windanzeiger, der Hahn auf dem Kirchturm, zeigt seit dem neunten Jahrhundert an, woher der Wind weht. Mit dem Schnabel. Und so etwas will ausgetüftelt sein. Wie? Das verrät er nicht. Nur, dass der Wind eine große Angriffsfläche haben muss, und dass diese Fläche ein entsprechendes Gegengewicht braucht.

Gerade so wie er selbst. Sein Gegengewicht ist das Schreiben und seine Angriffsfläche ist die Leidenschaft, mit der sowohl das als auch das Wetterfahnenmachen betreibt. Das, was er macht, ist Kunst, aber keine Hexerei. Obwohl Hexen zu den beliebtesten Motiven seiner in ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus verstreuten Kundschaft zählen. Zwei seiner Wetterfahnen-Replikate aus der Wikingerzeit wurden 2016 von der deutschlandweit größten Wikingerausstellung in Rosenheim mit Exponaten aus Skandinavien angefordert. Dort lagen sie lange im selben Glaskasten mit zwei Originalen aus dieser Zeit. "Das ging mir runter wie Öl, zumal zur Eröffnung auch die Botschafter dieser nordischen Länder vor Ort waren".

Wer eine Wetterfahne aufs Dach haben möchte, bekommt Besuch von ihm, denn er hört sich zunächst einmal an, was denn da überhaupt aufs Dach soll. Beruf, Neigung, Hobby, Name – das alles wird dann verwurstelt zu einem Entwurf. Änderungswünsche werden selbstverständlich prompt erledigt. Dann bekommt die brave Wetterhexe dann auch flugs ein kariertes Kopftuch oder sie streckt dem Nachbarn vom Dach herunter schon mal die Zunge raus. Ätschebätsch! Und wenn es denn sein soll, zeigt die alte Wetterhexe auch den nackten Popo. Doch dann ist aber auch gut. Ein Interessent wollte mal eine Wetterfahne, die richtig "Krambol" macht. Nur, um damit den unliebsamen Nachbarn zu ärgern. Doch bei solchem Schabernack spielt der Wetterfahnenmacher natürlich nicht mit.

Ein wetterfestes Aluminium, Kupfer, mal Messing – das sind die Stoffe, aus denen Müller seine Wetterfahnen macht. Schließlich sollen sie ja ewig halten. "Zumindest 100 Jahre", sagt der knorrige Kreativling, der sich zeitlebens an den eigenen Haaren aus dem Lebens-Sumpf gezogen hat. Und die sind dafür ja auch immer noch durchaus lang genug. gg

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