Kehler Stadträte diskutieren Klimaschutzkonzept
84 Maßnahmen im Blick

OB Wolfram Britz, die städtischen Klimaschutzmanagerinnen Sofia Späth und Christine Gerardin sowie Lioba Markl-Hummel von der Ortenauer Energieagentur (zweite von rechts) diskutieren mit Kehler Gemeinderäten. | Foto: Stadt Kehl
  • OB Wolfram Britz, die städtischen Klimaschutzmanagerinnen Sofia Späth und Christine Gerardin sowie Lioba Markl-Hummel von der Ortenauer Energieagentur (zweite von rechts) diskutieren mit Kehler Gemeinderäten.
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Kehl (st) Die Stadt Kehl arbeitet derzeit an einem neuen Klimaschutzkonzept. Es ist ein Wegweiser, wie die Verwaltung bis zum Jahr 2035 und die Gesamtstadt bis 2040 klimaneutral werden können, heißt es in einer Pressemitteilung. Gemeinsam mit zufällig ausgewählten Einwohnern, Schülern sowie mit Experten aus den Bereichen Wirtschaft, Mobilität, Kultur und Soziales wurde eine Reihe von Handlungsempfehlungen erarbeitet. Diese Vorschläge nahmen sich Mitglieder des Gemeinderats sowie Vertreter der Stadtverwaltung in einem Workshop unter dem Dach der Villa RiWa vor.

„Auch wenn Klimawandel, Klimaschutz und Klimaanpassung momentan nicht zu den populären Themen gehören, bleibt es wichtig, dass wir uns damit beschäftigen“, schickte Oberbürgermeister Wolfram Britz dem Workshop voraus. Das Landesklimaschutzgesetz sehe für Kommunen bis 2040 eine Netto-Treibhausgasneutralität vor. Die Stadtverwaltung wolle dieses Ziel bereits fünf Jahre früher erreichen. „Uns geht es darum, Kehl zukunftsfähig und zukunftssicher zu machen – auch im Hinblick auf die Wirtschaft“, bekräftigte der OB. Hierbei komme unter anderem das neue Klimaschutzkonzept ins Spiel. Einen vorläufigen Katalog mit 84 Vorschläge wie sich das Klima schützen lässt, legten die beiden Klimaschutzmanagerinnen Sofia Späth und Christine Gerardin sowie Dr. Lioba Markl-Hummel, Geschäftsführerin der Ortenauer Energieagentur, und Ines Arko von Energieagentur Regio Freiburg den anwesenden Gemeinderatsmitgliedern vor. Der Zweck des Workshops: den Gemeinderäten vorzustellen, wie das Klimaschutzkonzept erarbeitet wird sowie die Ergebnisse vorzustellen. Das Kernstück des Vorreiterkonzepts ist der Maßnahmenkatalog, der beim Workshop in Kleingruppen diskutiert wurde. Die Ratsmitglieder waren eingeladen, ihre Top- und Floppmaßnahmen zu benennen.

Die meistdiskutierten Maßnahmen

Wie können Wirtschafts- und Industriebetriebe beim Klimaschutz stärker durch die Stadt eingebunden werden? Für die Gemeinderäte seien Vernetzung und Beratung das Mittel der Wahl. Der Stadt falle dabei die Rolle einer Beraterin zu, die beispielsweise kleine und mittlere Unternehmen über Fördermittel, etwa zum Beleuchtungstausch, informiert. Es gebe aber noch weitere Vorschläge, wie die Stadt auf Betriebe zugehen könnte: mit Positivbeispielen aus der Praxis (sogenannte Best Practices), Fachmessen mit lokalen Gewerbetreibenden und branchenspeziellen Motivationskampagnen. Als weiterer Anreiz sei ein Nachhaltigkeitspreis vorgeschlagen worden. Die Idee: Firmen bewerben sich bei der Stadt auf die Auszeichnung, die in verschiedenen Kategorien wie Branchen und Betriebsgrößen vergeben werden könnte.

Diskutiert wurde bei den kommunalen Gebäuden unter anderem der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen an und auf städtischen Liegenschaften. Städtische Flächen und Gebäude sollen auf ihre Eignung hin untersucht werden, um das PV-Potenzial möglichst auszuschöpfen.

Der städtischen Wohnbau werde im Maßnahmenkatalog eine entscheidende Rolle bei der angestrebten Treibhausgasneutralität zugeschrieben. Sie verwaltet rund 140 Wohn- und Gewerbeimmobilien. Der Maßnahmenvorschlag sehe vor, dass die Wohnbau an ihren Gebäuden die Nutzung erneuerbarer Energie ermöglicht, indem sie beispielsweise sogenannte Balkonkraftwerke erlaubt. Teil der Maßnahme sei auch eine Zielvereinbarung zwischen der Stadt und der Wohnbau zur Klimaneutralität. Die hundertprozentige Tochtergesellschaft habe sich dazu bereits auf den Weg gemacht und arbeitet derzeit an einer Klima-Roadmap, die den Weg zur Treibhausgasneutralität weisen soll.

Mobilität

Wie können Menschen in Kehl dazu motiviert werden, nachhaltige Mobilitätsalternativen zum Auto zu nutzen? Mit dieser Fragestellung beschäftige sich ein Maßnahmenvorschlag aus einer vorausgegangenen Bevölkerungsumfrage. Der Antwortvorschlag: Sensibilisierung. Vorgeschlagen würden Aktionen wie beispielsweise autofreie Tage oder kostenlose ÖPNV-Nutzung an Feiertagen. Ferner werde in der Maßnahme ein Belohnungssystem für die regelmäßige Nutzung nachhaltiger Mobilitätsangebote angeregt. Empfohlen werde auch ein kontinuierliches Mobilitätsmarketing, das Angebote wie beispielsweise Car- und Bikesharing bekannter macht. Aktionen wie das jährliche Stadtradeln sollen zudem stärker an Schulen beworben werden. Insgesamt schreiben die Gemeinderatsmitglieder dem Sensibilisierungsvorschlag eine positive Auswirkung auf den CO2-Ausstoß sowie eine große Außenwirkung zu. Ein weiterer Aspekt der Maßnahme sei die Einrichtung eines Pendlerportals.

Land- und forstwirtschaftlichen Betrieben soll in Kooperation mit anderen Akteuren eine gesonderte Energieberatung angeboten werden, in denen sie über Themen wie erneuerbaren Energien, E-Mobilität und Gebäudedämmung aufgeklärt werden.

Welche Möglichkeiten zur Dach- und Fassadenbegrünung gibt es? Die städtischen Liegenschaften sollen hierzu als Anschauungsobjekte für die verschiedenen Systeme dienen, um den CO2-Ausstoß zu senken. Das Förderprogramm Klimaangepasst Wohnen, das Dach- und Fassadenbegrünungen auf Wohnhäusern sowie Entsiegelungsmaßnahmen mit bis zu 2000 Euro unterstützt, soll außerdem weitergeführt werden.

Konsum

Mit Selbstbedienungsautomaten könne eine unkomplizierte Möglichkeit geschaffen werden, frische und haltbare Produkte rund um die Uhr einzukaufen. Der Stadt falle hierbei die Rolle der Koordinatorin zu und Unterstützung bei der Standortsuche. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf Ortschaften liegen, in denen es sonst keine andere Nahversorgungsmöglichkeiten gibt. Die Maßnahme soll gleichermaßen die Nahversorgung und die regionalen Wertschöpfungsketten stärken.

„Kehler hilft Kehler“ laute der Arbeitstitel einer Nachbarschafts-App, die in dem vorläufigen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen wird. Die Idee: Wer Hilfe beim Einkaufen, bei der Kinderbetreuung oder der Gartenarbeit braucht, wendet sich an die digitale Nachbarschaft. Auf der Plattform können dann Nutzer aus der Umgebung angefragt werden. Die Plattform soll gleichzeitig ihre Nutzer mit sozialen Einrichtungen, Gemeinwesenarbeiten und ehrenamtlichen Gruppen vernetzen. Um die Nachbarschafts-App zügig und ohne großen finanziellen Mehraufwand einzuführen, sollen bereits existente Plattformen geprüft werden. Dabei würden auch Aspekte wie der Datenschutz, die Barrierefreiheit und Nutzerfreundlichkeit eine Rolle spielen.

Versorgung und Entsorgung

Photovoltaikanlagen wird ein großes Erzeugungspotenzial zugesprochen. So groß, dass ein Vorschlag aus dem Maßnahmenkatalog auf einen koordinierten Ausbau samt Sonnenenergiespeicher abzielt. Die Stadt soll demnach ungenutzte, verwaltungseigene Freiflächen daraufhin prüfen, ob sich dort PV-Anlagen installieren lassen. Als Aufstellflächen werden zudem Straßenlaternen, Bushaltestellen, überdachte Parkflächen, Mehrgenerationenplätze sowie Solardächer für Fahrradwege angeregt. Darüber hinaus soll die Stadt auch auf Firmen und Supermärkte zugehen und diese auf die Möglichkeit von PV-Anlagen auf deren bestehenden Parkplätzen ansprechen. Der Vorschlag aus dem Maßnahmenkatalog umfasst auch eine Informationsveranstaltung zu PV-Anlagen in der Landwirtschaft, die sich explizit an Landwirte und interessierte Bürger richtet.

Wie kann die Stadt sicherstellen, dass bei künftigen Neubauvorhaben ebenfalls Klimaschutzanforderungen berücksichtigt werden? Dazu gibt es laut Pressemitteilung im Maßnahmenkatalog drei Vorschläge: Anforderungen an den Klimaschutz sollen bereits Bestandteile von Bebauungsplänen werden, ebenso wie kompakte Bauweisen und verstärkter Hochhausbau. Dadurch lassen sich Flächenversiegelungen reduzieren. Die Stadt soll mit Investoren städtebauliche Verträge abschließen und darin energetische wie nachhaltige Baustandards einfordern, die über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen. Der dritte Vorschlag setzt bereits bei städtebaulichen Wettbewerben und Vergabeverfahren an. Diese sollen um Klimaschutzkriterien ergänzt werden, damit Projekte mit ambitionierten Klimaschutzkonzepten bessere Chancen auf Zuschläge haben.

Kommunikation und Kooperation

Menschen, die frisch nach Kehl ziehen, sollen bereits bei der Anmeldung im Bürgerservice auf die Klimaschutzbestrebungen ihrer neuen Wahl-Heimat hingewiesen werden, heißt es in einem Vorschlag. Exemplarisch werden der Klimaschutzwegweiser aus Offenburg sowie eine Wiederauflage des Klimasparbuchs genannt.

Wie lassen sich Themen wie Energie und Klimaschutz noch stärker in den verschiedenen Bereichen der Stadtverwaltung berücksichtigen? Hierbei zählen die Mitglieder des Gemeinderats auch auf die Einfälle städtischer Mitarbeitender.

„Der Gemeinderat-Workshop ist der krönende Abschluss dieses Laufs“, beschreibt OB Wolfram Britz das bisherige Vorgehen. Im nächsten Schritt würden die gesammelten und priorisierten Maßnahmen auf ihre letztlichen Einsparpotenziale beim Treibhausgas sowie auf ihre tatsächlichen Kosten hin berechnet. Abschließend werde das Klimaschutzkonzept samt Maßnahmenkatalog dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt.

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