Neues Angebot bei Streitfragen für Verbraucher und Unternehmen in Deutschland
Schlichterstelle kann den Weg vor Gericht ersetzen

Felix Braun, Vorstand des Zentrums für Schlichtung in Kehl (links), mit den beiden Streitmittlern Andrea Kinder (Mitte) und Stefan Weiser (rechts) bieten einen neuen Weg, Rechtsstreitigkeiten zwischen Kunden und Unternehmen zu klären. | Foto: Foto: gro
  • Felix Braun, Vorstand des Zentrums für Schlichtung in Kehl (links), mit den beiden Streitmittlern Andrea Kinder (Mitte) und Stefan Weiser (rechts) bieten einen neuen Weg, Rechtsstreitigkeiten zwischen Kunden und Unternehmen zu klären.
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Kehl. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte: Im Falle eines schief gelaufenen Vertrages oft die Gerichte. Denn wenn sich die Parteien nicht gütlich einigen können, stand ihnen bis vor kurzem nur der Weg der Klage offen. Seit über einem Jahr haben Kunden eine weitere Möglichkeit, mit Unternehmen strittige Fälle zu klären. Am 1. April 2016 wurde die Verbraucherschlichtungsstelle in Kehl durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherfragen ins Leben gerufen. "Wir sind keine Verbraucherschutzeinrichtung", macht Felix Braun, Vorstand der Einrichtung, deutlich. Denn auch, wenn nur Verbraucher die Schlichterstelle anrufen könnten, die Fälle würden nach geltendem Recht beurteilt und schließlich ein Schlichterspruch vorgelegt. "Der muss nicht akzeptiert werden – weder vom Kunden, noch vom betroffenen Unternehmen", stellt Braun fest. Denn die Teilnahme an einem Schlichterverfahren ist in Deutschland freiwillig.

Was allerdings seit dem 1. Februar Pflicht für Unternehmen ist: Sie müssen grundsätzlich darüber informieren, inwiefern sie bereit oder verpflichtet sind an Verfahren nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSGB) teilzunehmen. "Es gibt eine große Unsicherheit bei den Unternehmen und viele lehnen die Teilnahme im Augenblick noch ab", bedauert Felix Braun. Denn er sieht in dem Verfahren eine gute Möglichkeit für beide Seiten, Geld zu sparen. "Wer als Unternehmen einen guten Kundenservice bietet, der muss sich nur wenig Sorgen machen."
Die Bereiche, in denen die Streitmittler tätig werden, sind vielseitig: Handel, Tourismus, Handwerk oder Gastronomie. "Es gibt allerdings auch spezielle Schlichterstellen für einige Branchen wie die Schlichtung Energie, im Öffentlichen Nahverkehr oder den Versicherungsombudsmann", erklärt Felix Braun. "Wir sind zuständig für Unternehmen mit einer deutschen Niederlassung. Bei einer Schlichtung ist nicht das Land, in dem der Verbraucher lebt, maßgeblich, sondern das, in dem sich das Unternehmen befindet." Deshalb bekämen die Streitmittler in Kehl auch von anderen europäischen Schlichterstellen Fälle vorgelegt.

So vielfältig wie die Branchen sind auch die Fälle, die an die Schlichtungsstelle herangetragen werden. "Wir haben viel mit Möbeln zu tun, aber auch Pauschalreisen oder der Kauf von Elektrogeräten spielt eine Rolle", so Braun. "Wir können Fälle ablehnen, aber nur, wenn sie den für uns festgelegten Streitwert von zehn bis 50.000 Euro überschreiten oder wir nach eingehender Prüfung festgestellt haben, dass sie rechtlich oder tatsächlich zu komplex sind."

Bevor die Streitmittler eingreifen, müsse der Kunde selbst das Gespräch mit dem Unternehmen gesucht haben. Deshalb empfiehlt Felix Braun den gesamten Schriftverkehr – auch wenn er auf elektronischem Weg erfolgte – aufzuheben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, werde das betreffende Unternehmen angefragt, ob es einer Schlichtung zustimme. "Wir müssen immer das Einverständnis des Unternehmens einholen, denn die Kosten werden von ihm allein getragen", so Braun. "Allerdings bekommen sie dafür auch etwas von uns, nämlich eine komplette rechtliche Ausarbeitung des Falles." Daran könnten beide Seiten erkennen, ob ein Fall vor Gericht überhaupt Aussicht auf Erfolg habe. Wichtig sei auch, dass der Fall hinreichend klar dargestellt werde, wenn die Verbraucherschlichterstelle angerufen wird. "Wer unsere Formulare benutzt, ist da auf der sicheren Seite", so Braun. Rund 90 Prozent der bislang gestellten Anträge seien online eingegangen. "Wir hatten im ersten Jahr 1.200 Schlichtungsanträge", berichtet Braun. Allerdings sei es nicht immer zum Schlichtungsverfahren gekommen. War dies der Fall, dann sei die Einigungsquote mit 80 Prozent hoch gewesen.

Besonders wichtig ist für Felix Braun die Neutralität der Stelle: "Ein Verfahren in der Schlichtung bedeutet nicht, dass es 50/50 ausgeht. Wir ermitteln die tatsächlichen Ansprüche." Wobei kein Beweis im Verfahren erhoben werde. "Wir sind kein Gericht", sagt Braun bestimmt.
Wer mehr über das Verfahren und die Schlichterstelle erfahren will, findet unter www.verbraucher-schlichter.de alles Wissenswerte.

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