Oliver Reister, Virtuose an der Gitarre
Ein Saitenmensch, der seine Instrumente liebt

Ein Paar wie Pech und Schwefel vor der Gitarrenkarikatur auf der Garagenwand: Oli Reister mit seiner Lieblingsgitarre, der Telecaster | Foto: Gerd Birsner
  • Ein Paar wie Pech und Schwefel vor der Gitarrenkarikatur auf der Garagenwand: Oli Reister mit seiner Lieblingsgitarre, der Telecaster
  • Foto: Gerd Birsner
  • hochgeladen von Rembert Graf Kerssenbrock

Kehl. Kehl. Hornhaut hat er auf den Fingerkuppen – und seine Bescheidenheit ziert ihn. Die Hornhaut kommt nicht von ungefähr. Täglich übt er auf einer seiner vielen Gitarren. Oliver Reister, inzwischen 56 und Papa von zwei erwachsenen Söhnen, ist ein echter "Wuehli", wie man im Hanauerland zu Menschen sagt, die richtig ranklotzen können. Nicht nur im Beruf. Im Stahlwerk steht er seinen Mann. Aber wenn er dann heimkommt, setzt er sich hin und übt Gitarre.

Sonntagsporträt

Schon ein halbes Jahrhundert lang beglückt der Kehler Autodidakt die Region mit Songs und Instrumentals. In allen Stilrichtungen ist er daheim, und wenn er mit seinem riesigen Repertoire auftritt, dann intoniert er quer durch den musikalischen Gemüsegarten alles, von Biene Maja bis hin zur Bohemien Rhapsody. Oli hat alles drauf, und das bereits lange vor den für lernwillige Gitarristen angenehmen und äußerst lehrreichen "You Tube-Zeiten", wo mitteilsame Saitenmenschen ihrer Mit- und Nachwelt genaustens die Grifffolgen von angesagten Hits zu erklären versuchen.

Überdosis Talent

So etwas braucht der Oli nicht. Mit seiner Überdosis Talent. "Es funktioniert nur, wenn du deine Instrumente liebst, sie täglich fleißig nutzt, dich mit der Audio-Technik befasst, dich ständig in der Szene blicken lässt und du dir für nichts zu schade bist". Und in der Tat – Oli findet man überall dort, wo Livemusik spielt. Jazz, Rock, Songwriter – egal, Oli hat für alles, was schöne Töne von sich gibt, ein offenes Ohr.
Schließlich kann man überall etwas dazulernen. Doch hin und wieder kommt er auch mit Ohrensausen nach Hause. Er meint, dass viele Bands "fetten Sound" oft mit "Lautstärkeregler aufdrehen" verwechseln. "Meinen Fans tue ich das nicht an". Er setzt stattdessen auf Virtuosität, und um die an den Mann zu bringen, reichen oft auch viel weniger Watt.
Er hat großen Sachverstand, und er schätzt Musikerkollegen, die "was drauf haben und dennoch auf dem Boden bleiben". Und so hat er sich nach und nach allem, was Saiten hat, angenähert, sei es der Ukulele-Bass oder die Telecaster. Und wenn er zum Banjo greift, wird Kehl und das Hanauerland urplötzlich zum Wilden Westen.

Exzellenter Rock- und Bluesgitarrist

In den vergangenen Jahren sei er zum "Tele-Tubby" mutiert, grinst er. Nicht nur wegen seiner Nicht-mehr-Raucher-Kilos, sondern weil ihm die Telecaster, die "urwüchsigste aller E-Gitarren", ans Herz gewachsen sei. Die Bands der Region hatten sein außergewöhnliche Talent schnell spitzgekriegt. Mit sechs Jahren zupft er bereits Gitarre, mausert sich zu einem exzellenten Rock- und Bluesgitarristen. Mit elf spielt er in der ersten Band, mit 14 in der Bigband des Kehler Einstein-Gymnasiums, wenig später ist er E-Gitarrist bei "Lolly-Pop". Dann sammelt er Bühnenerfahrung bei den "Original Grinde-Buewe". Banjo zupft er bei der Kehler "Bläch- und Bloos-Band". Dann auch noch etliche Solisten-, Gast und Ersatzgitarristen-Auftritte.

Musik wird gespielt

Heute macht er Solo-Auftritte, spielt bei "Oli’s Session Clan" oder steuert bei "Swinging Calamares" zu Kehls ehemaligem Milchkutschenkoch Claude Lievres knoblauchgeschwängerten Calamares-Brutzeln erlesene Akustikklänge bei, so dass man glauben mag, er hätte ebenso viele Arme zum Gitarre spielen wie der arme Oktopus in Claudes Pfanne. Wer nun aber in Oli den typischen "Sex-and-Drugs-and-Rock 'n' Roll-Musiker" vermutet, ist schief gewickelt: Oli ist absoluter Familienmensch, schläft nach den Auftritten am liebsten im eigenen Bett und ist stolz wie Oskar auf seinen Sohn Philipp, der "mit seiner Saitenkunst den Papa längst überholt hat".
Sein Geheimrezept? "Lass das, was du nicht beherrschst, bei Auftritten einfach weg". Das macht er auch. "Musik wird gespielt" lautet sein Credo. Und so zählt Reister nicht nur bei Experten zu den besten Gitarristen zwischen Honau und Bullerbü. Doch er bleibt auf dem Teppich. Gehörig auf den Putz zu klopfen liegt ihm fern, das überlässt er all jenen, die ihm das gitarristische Wasser nicht reichen können. Am Sonntag, 6. Oktober, treffen sich ab 11 Uhr etliche Musiker aus der Region am Badesee in Honau zu einem von Oli organisierten Konzert. Dabei sind Bands, die gerade erst angefangen haben, aber auch alte, ausgebuffte Profis der Region, in vorderster Front Oli Reister. Gerd Birsner

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.