Anita Frei-Krämer im Porträt
Vom Sehnsuchtsort zurück zum Ursprung

Vor 30 Jahren haben Anita Frei-Krämer und Dr. Peter Brett das Kunstforum Kork ins Leben gerufen – öffentliche Ausstellungen in einer Zahnarztpraxis. | Foto: Michael Bode
  • Vor 30 Jahren haben Anita Frei-Krämer und Dr. Peter Brett das Kunstforum Kork ins Leben gerufen – öffentliche Ausstellungen in einer Zahnarztpraxis.
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Kehl. "Ich wollte früh auf eigenen Beinen stehen", erklärt Anita Frei-Krämer, dass sie nach der Realschule lieber direkt in den Beruf eingestiegen ist, statt das Gymnasium zu besuchen. Etwas Kreatives sollte es sein. Buchhändlerin oder Goldschmiedin standen für sie im Raum. Es wurde eine Ausbildung zur Schaufenstergestalterin beim damaligen Kehler Kaufhaus Schneider. Mit der späteren Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin "hat sich mit den Erfahrungen der Kindheit etwas vervollständigt", beschreibt Frei-Krämer ihren Werdegang.

Zunächst geht es für die heute 71-Jährige als Schaufenstergestalterin an ihren "Sehnsuchtsort" Berlin. Dort kommt sie aber Ende der 1960er-Jahre schnell wieder auf den Boden zurück. Statt ihre Kreativität in den Fenstern einer Karstadt-Filiale ausleben zu können, erinnern sie die Vorgaben aus der Konzernzentrale eher an eine Industrialisierung der Kreativität. Sie wird Gouvernante einer Familie mit drei Töchtern. Es für sie der Beginn des Abschieds aus der Metropole zurück in die Heimat.

Was dann folgt, wirkt auf den ersten Blick wie ein harter beruflicher Übergang, ergibt für Anita Frei-Krämer Sinn: Sie erlernt bei dem heutigen Epilepsiezentrum in Kork nicht nur den Beruf der Heilerziehungspflegerin, sondern auch ihren Mann Günter Frei kennen, der seinen Zivildienst dort absolviert. "Er war der bunte Hund und ich die Exotin", erinnert sich Frei-Krämer. Dieser neue Beruf hat für sie auch künstlerische Aspekte: So gehörten beispielsweise Batiken und das Arbeiten mit Ton als kreative und künstlerische Aspekte mit zur Ausbildung.

Also Kunst: Statt der Möglichkeit, an der Hochschule in Basel zu studieren, entscheiden sich beide, inzwischen verheiratet, für das ostwestfälische Bielefeld. Dort gibt es für beide Angebote: für Anita Frei-Krämer visuelle Kommunikation und Design an der Hochschule, für ihren Mann Günter das Lehramts-Studium an der Pädagogischen Hochschule. "Natürlich war für das Studium ein Nachweis der künstlerischen Begabung notwendig", so Frei-Krämer. Sie kann dort zudem bei den Von-Bodelschwinghschen-Stiftungen-Bethel ihrem Beruf der Heilerziehungspflegerin nachgehen.

"Nachts ist der bessere Tag"

"Alles, was man mit dem Bleistift malen kann", wird für sie zum Mittel der non-verbalen Kommunikation. Handarbeiten mit verschiedenen Werkstoffen sind ohnehin ihr Metier. Assemblagen – Collagen mit plastischen Objekten – und Installationen, Illustrationen und Grafiken für Kinderbücher sowie vieles mehr gehören zum Spektrum Frei-Krämers. Darüber hinaus gewinnt die Fotografie Bedeutung und sie ist für die Vogelsänger-Studios tätig. "In der Region sind die großen Möbelhersteller ansässig", erinnert sie sich an entsprechende Aufträge und Tätigkeiten. Durch die Ausstattung für die Fotografien kann sie wieder auf ihre Erfahrungen als Schaufenstergestalterin zurückgreifen. Anfang bis Mitte der 1980er-Jahre werden die drei Kinder geboren. "Nachts ist der bessere Tag" hat sie für ihre Schaffenskraft festgestellt: "Ich habe meine Ruhe, kein Telefon klingelt und ich alles für mich."

Nach rund 17 Jahren bricht die Familie ihre Zelte in Bielefeld ab. "Unsere Kinder konnten die eigenen Großeltern nicht erleben", nennt sie einen Grund für die Rückkehr nach Kork. Die Familie zieht in Anita Frei-Krämers Elternhaus, ihr Mann wird Lehrer in Rheinbischofsheim. "Kehl bot kaum Räume für Kunst", erinnert sich die Künstlerin und gründet zusammen mit dem Zahnarzt Dr. Peter Brett 1992 das Kunstforum Kork: "Kunst am Arbeitsplatz" nennt sie es und organisiert in der Praxis quartalsweise Ausstellungen. Für sie gibt es mit der damaligen Rathaus-Spitze keine "passende Konstellation", Kunst zu realisieren.

Sie selber arbeitet eher seriell, verarbeitet Selbsterlebtes oder aktuelle Gesellschaftspolitik. "Ich zeige in meinen Bildern nicht, was ich kann, sondern was zu sagen ist“, betont die 71-Jährige. Über manche Bewerbung von Künstlern für eine Ausstellung hat sie eine klare Meinung: "Wenn man singen müsste, was manche malen, würde man nur schiefe Töne hören." Die Kontakte zur Kunstszene in Ostwestfalen sind nie abgerissen. Aktuelle und geplante Ausstellungen belegen es.
R. Graf Kerssenbrock

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