Autor Stefan Woltersdorff sucht Herausforderungen

Ein Leben zwischen Deutschland und Frankreich: Stefan Woltersdorff fühlt sich wohl in seiner Wahlheimat Kehl. | Foto:  Foto: Michael Bode
  • Ein Leben zwischen Deutschland und Frankreich: Stefan Woltersdorff fühlt sich wohl in seiner Wahlheimat Kehl.
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Die Liebe zu Frankreich wurde ihm nicht in die Wiege gelegt. Im Gegenteil: „Französisch war eines meiner
schlechtesten Schulfächer“, muss Stefan Woltersdorff heute darüber
lachen, wie schwer er sich mit der Sprache tat. Erstaunlich, wenn man
bedenkt, dass Woltersdorff in der grenzüberschreitenden Arbeit zu Hause
ist, viele Jahre die VHS Pamina in Wissembourg leitete und literarische
Reiseführer durch das Elsass und Lothringen veröffentlicht hat.

„Meine Eltern schickten mich für zwei Wochen zu einer Familie nach
Südfrankreich“, erzählt der Wahl-Kehler. Dort platzte der Knoten und er
lernte die Menschen und die Sprache besser kennen. „Die Neugier war
geweckt.“ Die trug Früchte: Woltersdorff, der in Niedersachsen geboren
und in Bayern aufgewachsen ist, studierte Deutsch und Französisch, wobei
er auf Deutsch als Fremdsprache setzte. „Ich hatte als Hintertür das
Lehramt, aber ich habe eigentlich immer die Begegnung mit Ausländern
gewollt.“

Studiert hat der 1965 geborene Stefan Woltersdorff in München und in Toulouse. Sein Traum, als Deutschlehrer nach Frankreich
zu gehen, blieb aber zunächst unerfüllt. „Damals war in Westeuropa nicht
so einfach etwas zu bekommen“, erinnert er sich. Also nahm er ein
Stellenangebot in Ungarn an. „Die Stadt Szeged liegt im
ungarisch-rumänisch-serbischen Grenzgebiet“, erzählt er. Er arbeitete an
einer Pädagogischen Hochschule, die auch ungarische Studenten
besuchten, die in den Nachbarstaaten lebten. „Das war eine spannende
Zeit“, so Woltersdorff. Obwohl er zugibt, dass sein Ungarisch „eine
Katastrophe“ war. „Irgendwann habe ich nur noch ganze Sätze gelernt“,
beschreibt er die Komplexität der Sprache. Sein Glück: Damals, zur Zeit
des Balkankrieges, waren die Deutschkenntnisse in Ungarn auf einem hohen
Niveau.

Nach einem Jahr bekam er eine Stelle in Straßburg angeboten. „Ich war fast traurig“, so Woltersdorff – so wohl hatte er
sich in Ungarn gefühlt. Aber widerstehen konnte er dem Angebot nicht,
schließlich drehte sich seine Examensarbeit um den deutsch-französischen
Schriftsteller René Schickele. „Als ich dort war, war klar, dass
Frankreich mein Land ist.“ Über Straßburg sagt er: „Ich liebte und liebe
Straßburg als Stadt.“ Doch von der Situation an der
deutsch-französischen Grenze war er fast ein wenig enttäuscht, nach dem
aufregenden Jahr in Osteuropa. „Ich habe in Ungarn eine Euphorie erlebt,
die gibt es hier einfach nicht mehr“, fasst er seine Gefühle in Worte.

Danach kam eine Anstellung an einer Wirtschaftsschule in Metz. „Da entdeckte
ich zum ersten Mal Lothringen“, sagt Woltersdorff. „Metz ist eine tolle
Stadt.“ Doch nicht nur der berufliche Ortswechsel fiel in diese Zeit:
Auf der Rückfahrt von Berlin ins Elsass machte er Halt bei seinem alten
Professor in München. „Dort habe ich meine Frau kennengelernt.“

Diese Beziehung ist auch der Grund, warum Stefan Woltersdorff letztlich seine
Zelte in Kehl aufgeschlagen hat. „Meine Frau brachte zwei Kinder mit in
die Ehe.“ Die sollten weiterhin deutsche Schulen besuchen können. „Kehl
war der Kompromiss, aber wir finden es nett, dass wir hier gelandet
sind.“ Kein Wunder, wenn man sich das Haus anschaut, welches das Paar
gekauft und liebevoll renoviert hat. „Endlich habe ich Platz, meine
ganze Bibliothek unterzubringen“, freut er sich.

Damals hatte er schon angefangen, als freier Mitarbeiter für die grenzüberschreitende
Pamina-Volkshochschule zu arbeiten. Schließlich übernahm er die Leitung
und hatte endlich das, was er solange an der deutsch-französischen
Grenze vermisst hatte: die Aufbruchsstimmung. „Ich fand das sehr
spannend. Ich hatte immer ein Projekt gesucht, das ich aufbauen kann“,
so Woltersdorff. Ein intensiver Job, denn es musste nicht nur ein auf
die Bedürfnisse der Teilnehmer abgestimmtes Programm aufgestellt werden,
sondern auch die Mittel stets aufs Neue gesichert werden. Zwölf Jahre
hielt Woltersdorff der VHS die Treue, 2013 schlug er ein neues Kapitel
auf. Jetzt will er sich auf seine Arbeit als Autor und Reiseführer
konzentrieren.

Autor: Christina Großheim

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