Pop-up-Tempo-30-Zonen in Offenburg
Am Projekt scheiden sich die Geister

Die bis 29. Oktober eingerichteten Tempo-30-Zonen in Offenburg bieten reichlich Diskussionsstoff. | Foto: gro
  • Die bis 29. Oktober eingerichteten Tempo-30-Zonen in Offenburg bieten reichlich Diskussionsstoff.
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Offenburg (gro/st). Die Einrichtung von vorübergehenden Tempo-30-Zonen auf den Hauptverkehrsstraßen in Offenburg stößt auf sehr unterschiedliche Resonanz. Während der ADFC Offenburg und die Gemeinderatsfraktion sowie der Ortsverband Bündnis 90(Die Grünen Offenburg das Projekt in Pressemitteilungen begrüßen, übt der CDU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat Werner Maier Kritik an der Maßnahme.

"Es klingt cool und experimentell. In der Praxis bringt es wenig und verursacht Rückstaus und Zeiteinbuße – letzteres insbesondere dann, wenn man es nicht gebrauchen kann: Auf dem Weg zur Arbeit oder in den Feierabend. Die Pop-Up Zone 30 wurde in den meistbefahrendsten Straßen Offenburgs eingerichtet, den Dreh- und Angelpunkten für täglich rund 30.000 Menschen, die von außerhalb nach Offenburg zur Arbeit pendeln", heißt es einer Pressemitteilung. 

Ausweichverkehr befürchtet

Die Hauptkritikpunkte an der Pop-up-30er-Zone: Wer Tempo 30 meiden will, findet andere Wege und zwar durch Wohngebiete. Der Verkehr sei zähflüssig, was zu einer verschlechterten Luftqualität führe. "Wo es vermehrt Staus gibt, kommen übrigens auch Busse nicht mehr pünktlich an - dabei sollte doch gerade der Personennahverkehr im Sinne des Umweltschutzes gestärkt werden", wundert sich Anja Heckendorf, CDU-Ortsverbandsvorsitzende Offenburg-Mitte. 

Es gebe keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Tempo 30 das Klima schone, heißt es weiter. Klimaschutz müsse ganzheitlich gedacht werden. Anstatt mit alten Lösungen Probleme bekämpfen zu wollen, ginge es laut CDU darum, das Potential neuer Technologien und neuer Ideen auszuschöpfen. Die Weiterentwicklung des Smart-City-Konzepts sei dabei ein wichtiges Kernelement. "Immerhin geht es nicht ausschließlich um den Verkehr - das ist lediglich ein Aspekt", so Heckendorf. Der Ausbau von örtlichen Carsharing-Konzepten, aber auch das sogenannte Smart Parking, über das schneller freie Parkplätze gefunden werden können, könnten laut Studien bis 2030 alleine bis zu 50 Prozent der CO2-Emissionen im städtischen Pkw-Verkehr reduzieren. Die Beheizung von städtischen Gebäuden verursache einen Großteil der umweltschädlichen Emmissionen. "Ich verstehe, dass man gerne mal etwas ausprobiert wie hier im Falle der Pop Up 30er Zone. Grundsätzlich halte ich es aber für besser, Optionen lieber von Beginn an gemeinsam durchdenken, den Nutzen herauszustellen und dann auch entsprechend gemeinsam zu entscheiden – schließlich gebe es fraktionsübergreifend einen Willen, etwas zu verändern", fügt Werner Maier hinzu. Klimaschutz ließe sich schließlich nur zusammen umsetzen.

ADFC erwartet objektive Informationen

Ganz anderer Meinung ist der ADFC Offenburg: "Das Projekt wird dazu beitragen, objektive Informationen über die Vor- und Nachteile von Tempo 30 in der Offenburger Kernstadt zu erarbeiten", heißt es in einer Pressemitteilung. Der ADFC spreche generell für eine Regelgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern in Innenstädten aus. Es sei hinreichend bekannt, das Tempo 30 in Innenstädten nicht zu Verkehrsstaus führe und auch die Fahrzeit sich nicht wesentlich verlängere. Dies hätten Studien des Bundesumweltministeriums nachgewiesen. Dagegen würde sich die Verkehrssicherheit erheblich erhöhen, der Lärmpegel sinken, die Abgase reduziert und der Verkehrsfluss für alle ruhiger und die Stadt damit für alle lebenswerter werden. 

Der ADFC Offenburg appelliert an die Verwaltung, die Ergebnisse und die Schlußfolgerungen aus dem Pop-up-Projekt baldmöglichst nach Ende der Umfrage zu veröffentlichen. Die geplante Umwandlung der östlichen Zeller Straße in eine Fahrradstraße sollte vor Schulanfang durchgeführt werden, da sonst die Zeller Straße als schnelle Ausweichstrecke zur
Weingartenstraße benutzt wird und die Sicherheit der Schulkinder in Gefahr gerät. Entsprechende Informationskampagnen vor Ort sollten die Umwandlung begleiten.

Aktiv auf Beteiligungsplattform einbringen

"Die Stadtverwaltung hat eine temporäre Maßnahme geschaffen, um gezielt neue Wege für die Mobilität in Offenburg zu erproben und diese empirisch zu begleiten", stellen die Grünen fest. Dass nun nach 14 Tagen bereits von der CDU eine grundsätzliche Ablehnung durch subjektive Wahrnehmungen gegenüber der Pop-up-Maßnahme erfolgt, sei für die Grünen
nicht nachvollziehbar.

Grundsätzlich hinge die maßgebliche Leistungsfähigkeit von Hauptverkehrsstraßen von den lichtsignalregelten Knotenpunkten ab und nicht von der vorgeschriebenen Geschwindigkeit. Es sei zu bedenken, dass die Beschleunigung an einer Kreuzung auf die Zielgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometer in etwa dreimal höhere Emissionen im Vergleich zu einer Beschleunigung auf Tempo 30 verursache. Zugleich werde die Belastung durch Feinstaub, der durch Abrieb - Reifen, Bremsen, Straßen -  entstehe, gesenkt.

Nach den Grünen müssen nicht nur die klimatischen Auswirkungen, sondern auch die auf die Bürger müssen betrachtet werden. Die Reduzierung der Geschwindigkeit auf Tempo 30 führe zu einer deutlichen Reduzierung der Lärmbelästigung. Dabei sei laut Umweltbundesamt von einer Reduzierung Mittelungspegels von zwei bis vier dB(A) auszugehen, welches im deutlich wahrnehmbaren Bereich liege. Zusätzlich ergäben sich niedrigere Maximalpegel und geringere Pegelschwankungen.

Als weiteren wichtigen Punkt wird die Verkehrssicherheit angeführt. Das Sicherheitsgefühl für Radfahrer und Fußgänger werde signifikant erhöht. Die Grünen bitten alle Bürgerinnen und Bürger sich offen gegenüber den Pop-up-Maßnahmen und der Geschwindigkeitsreduktion auf Tempo 30 zu zeigen und sich aktiv auf mitmachen.offenburg.de einzubringen.

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