Aussage gegen Aussage im Hells Angels-Prozess

Offenburg/Lahr. Vor dem Landgericht Offenburg müssen sich derzeit drei Mitglieder der
Motorradgruppe Hells Angels verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft
ihnen vor, einen 45-jährigen Mann bedroht, geschlagen und unter Wasser
gedrückt zu haben, um ihn zu neuen Informationen zu bewegen und einer
„Schadensersatzforderung“ Nachdruck zu verleihen.

Im Kern dreht sich alles um den ungeklärten Mord vom November 2012 in Oberschopfheim
an dem 49-jährigen Hells Angels-Mitglied Thomas G., der erschossen an
der Leutkirche aufgefunden worden war. Die Sonderkommission im Mordfall
ermittelte im Umfeld unter anderem einen heute 45-jährigen
Drogenkonsumenten, der Thomas G. bei der Ernte und Verpackung der
illegal hergestellten Cannabis-Pflanzen half und jetzt die drei
Angeklagten beschuldigte, ihn misshandelt zu haben. Dieser Mann
entwendete nach Bekanntwerden des Mordfalls rund 25 Kilogramm Marihuana
aus der Gartenhütte des Getöteten. Die Polizei konnte es später bei ihm
sicherstellen, ihn aber als möglichen Mörder ausschließen.

Über das wahre Motiv seiner Aktivitäten wird jedoch bis heute gerätselt. Er
lieferte der Polizei hierfür drei Versionen, an der letzten hielt er
fest. Demzufolge hatten ihn drei Rocker aus der Frankfurter Region
aufgesucht und ihn unter Drohungen gezwungen, die Drogen in der Hütte
abzuholen und bei sich zu verstecken. Das Gericht glaubte seine
Geschichte nicht und bat ihm Strafminderung an, wenn er die Wahrheit
sagt. Aus Angst vor Repressalien, wie er selbst formulierte, nahm er das
Angebot nicht an. Im Juli 2013 wurde er vom Landgericht Offenburg zu
einer Haftstrafe verurteilt.

Bis zum Haftantritt war er auf freiem Fuß. Zusammen mit seiner Freundin bezog er eine Wohnung über einem Bierlokal in der Offenburger Innenstadt. In der Gaststätte
arbeitete die Frau als Aushilfskellnerin. Im Juli 2013 soll sie dort von
einem Clubmitglied der Hells Angels angeblich mit einem Klappmesser
bedroht worden sein, weil ihr Lebensgefährte einen „Bruder“ bestohlen
hätte. Laut eigener Aussage hatte er aber nur seinen Schlüsselbund in
der Hand. Verstört berichtete die Frau ihrem Lebensgefährten von dem
Vorfall, der daraufhin in die Gaststätte ging, um mit dem Mann zu reden.
Da dieser bereits gegangen war, sprach er mit einem anderen Mitglied
und schlug diesem vor, ein klärendes Gespräch mit den Hells Angels zu führen.

Das wurde telefonisch rasch arrangiert und gemeinsam fuhren die beiden im Auto zum Clubhaus der Hells Angels am Lahrer Flugplatz. Dort fand dann mit zwei weiteren Mitgliedern die
Auseinandersetzung statt, die jetzt Gegenstand des Gerichtsverfahrens
ist. Das Opfer gibt an, von beiden etwa 20 Mal mit der Faust ins Gesicht
geschlagen und vier bis fünf Mal in einem Planschbecken untergetaucht
worden zu sein. Dabei hätte er Todesangst gehabt. Des weiteren sei eine
Entschädigung von 100.000 Euro für das entwendete Rauschgift von ihm
gefordert worden. Dies wird von den Beschuldigten bestritten. Einer der
Angeklagten räumt lediglich ein, dem Geschädigten einige kräftige
Ohrfeigen gegeben zu haben. Außerdem sei ihnen ausschließlich daran
gelegen gewesen, dem Mörder von Thomas G. auf die Spur zu kommen.

Bereits nach dem Disput in der Bierkneipe verständigte der 45-Jährige die
Polizei und kündigte an, sich wieder zu melden, sollte er Hilfe
brauchen. In den Folgetagen führten er und seine Lebensgefährtin dann
Gespräche mit der Polizei. Letztere schaltete auch die
Staatsanwaltschaft ein, was dann zum Ermittlungs- und Gerichtsverfahren
führte. Am zweiten Verhandlungstag wurden unter anderem zwei
Kriminalkommissare zu den damaligen Aussagen befragt. Der 45-Jährige
selbst sowie seine Lebensgefährtin sind am 19. März geladen, wenn die
Verhandlung fortgesetzt wird.

Autor: rw

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