Hochschule erfolgreich gegen Kohlenstoffdioxid
Grenzwert-Problem in Schulen gelöst

Eine dezentrale Lüftung löst das Problem der Erhöhung der Grenzwerte durch Atemluft in sanierten Gebäuden.  | Foto: HS
  • Eine dezentrale Lüftung löst das Problem der Erhöhung der Grenzwerte durch Atemluft in sanierten Gebäuden.
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Offenburg. Stickige Klassenräume, unkonzentrierte Schüler, Schimmel in Wohnräumen – mit dem Projekt "Dezentrale Lüftungen" hat die Forschungsgruppe Nachhaltige Energietechnik der Hochschule Offenburg diese Probleme in den Monitoringräumen gelöst.

Die Zahlen sind alarmierend: Während des Unterrichts im Computerraum einer Offenburger Realschule wurden im Winter innerhalb weniger Minuten Kohlenstoffdioxid-Konzentrationen oberhalb des Grenzwerts von 1.500 ppm (parts per million) erreicht – 2.000 ppm gelten als inakzeptabel. Doch beim Monitoring messen die Forscher anfangs sogar Konzentrationen von fast 5.000 ppm. In zwei Biologieräumen weisen die Erhebungen ähnlich dramatische Ergebnisse auf. Dagegen moderat, aber ebenfalls erhöht zeigten sich auch die Monitoring-Werte für das Lehrerzimmer. "Ab dem Wert von 1.500 ppm entstehen bei empfindlichen Menschen Beschwerden wie Kopfschmerzen und Konzentrationsmangel", berichtet Klaus Huber von der Hochschule Offenburg.

Der Diplom-Ingenieur Elmar Bollin als Leiter sowie die Kollegen von der Offenburger Forschungsgruppe Nachhaltige Energietechnik (fgnet) am Institut für Energiesystemtechnik (INES) haben sich seit 2012 mit diesen Problemen befasst. Abgeschlossen 2016 geschah dies im Rahmen des Projekts "Dezentrale, fassadenintegrierte Lüftungsanlagen für energetisch sanierte Gebäude", das von der Stadt Offenburg wie der Gemibau Mittelbadische Baugenossenschaft beauftragt und vom Innovationsfonds für Klima- und Wasserschutz der Badenova gefördert wurde.
Hintergrund des Problems ist laut den Forschern: Durch die energetische Sanierung von Schulgebäuden, bei der auch die Fassade abgedichtet wird, findet in den Räumen ein deutlich geringerer, natürlicher Luftwechsel statt als vorher. In Folge dessen reichert sich das ausgeatmete Kohlenstoffdioxid der Raumnutzer im Laufe einer Unterrichtsstunde stark an. Wird während der Pausen oder auch schon während des Unterrichts nicht gelüftet, erhöht sich die Konzentration in der darauffolgenden Stunde weiter. Hohe Belastungen bauen sich auch häufig bis zum nächsten Tag nicht vollständig ab, sodass am nächsten Tag schon zu Unterrichtsbeginn ein erhöhter Wert vorliegt und zu noch höheren Werten führen kann.

"Ohne Lüftungsanlage sollten im Winter nach 20 Minuten alle Fenster kurz aufgemacht werden", berichtet Huber. Doch die Realität, die auch das Monitoring bestätigt hat, ist eine andere. Daher haben die Forscher dezentrale Lüftungssysteme in die Unterrichtsräume und Lehrerzimmer von zwei Offenburger Schulen installieren lassen und nochmal gemessen. In den Schulen sind Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung eingebaut worden. Außerdem wurden in schwach belasteten Räumen wie Sekretariat und Rektorat Kohlenstoffdioxid-Ampeln erfolgreich eingesetzt. Diese zeigen ähnlich einer Verkehrsampel mit grünen, gelben und roten LEDs an, wie stark die Luft belastet ist. "Der Wert von 2.000 ppm wird nach der Inbetriebnahme nur noch selten überschritten", bilanziert Huber.

Auch im Wohnbereich, insbesondere in Räumen wie Küche, Bad und Schlafzimmer, kann der Einbau einer dezentralen Lüftungsanlage interessant sein. Die Forschungsgruppe um Bollin und Huber hat dafür zwei Mietshäuser der genossenschaftlichen Wohnungsbaugesellschaft Gemibau in Offenburg in dieses Teilprojekt eingebunden.
"Das Augenmerk lag hier auf der Feuchte, weil Vermieter schlechte Erfahrungen gemacht haben", berichtet Huber. Wenn Mieter schlecht lüften, entstehen laut dem Experten in Küche, Bad und Schlafzimmer Feuchteschäden. Also wurde zunächst gemessen. Gebäude 1 war bereits energetisch saniert. In diesem wurden dann in zwei Wohnungen Fassadenlüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung installiert. Gebäude 2 wurde während der Messperiode energetisch saniert. Dabei wurden in den Fensterrahmen von Wohn- und Schlafzimmer feuchtegeführte Nachströmöffnungen eingebaut. Des Weiteren wurden Abluftanlagen für sechs Wohnungen inklusive Zuluftelementen, Abluftschächten und Dachentlüfter installiert.
Die Ergebnisse bereiteten die Offenburger Forscher Bollin und Huber zum "Leitfaden für die Reduzierung der Luftfeuchte und daraus resultierender Feuchteschäden in energetisch sanierten Wohngebäuden" und zum "Leitfaden für die Kohlenstoffdioxid-Reduzierung in Sondernutzungsräumen in Schulgebäuden im südlichen Oberrheingraben" auf. Weitere Infos und Publikationen unter: fgnet.hs-offenburg.de/publikationen/.

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