Tiefengeothermie-Projekt
Rheinau verbietet Voruntersuchungen

Blick in ein Geothermiewerk des Energieunternehmens EnBW | Foto: Foto: EnBW-Uli Deck
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Ortenau (rek). Der Plan war, dass die Firma Vulcan Energie Ressourcen mit Sitz in Karlsruhe in den nächsten Wochen im Raum zwischen Baden-Baden und Rheinau mit seismischen Messungen als vorbereitende Maßnahme für weitere Untersuchungen und Bohrungen für ein Geothermie-Projekt beginnt. Diese können kurzfristig aber nicht umgesetzt werden: Die Stadt Rheinau lehnt "Geothermiebohrungen grundsätzlich ab" und erteilt daher der Firma Vulcan "keine Erlaubnis zum Betreten oder Befahren der stadteigenen Grundstücke zu dem vorgesehenen Zweck".

Dabei hat das Karlsruher Unternehmen mit seinem Vorhaben, die Energie, die aus Tiefenbohrungen gewonnen wird, zu nutzen, die ausdrückliche Rückendeckung des Landes und damit auch des Regierungspräsidiums Freiburg als nachgeordneter Behörde. „Für die Energiewende ist die Tiefe Geothermie elementar wichtig“, betonte Energieministerin Thekla Walker noch bei einer digitalen Informationsveranstaltung Ende September. Sie berge enormes Potenzial, Wärmenetze mit großen Mengen erneuerbarer Wärme zu versorgen. „Beim Anschluss an ein Wärmenetz, das durch Geothermie beheizt ist, erhalten die Bürger die Möglichkeit einer langfristig sicheren Wärmeversorgung mit lokal erzeugter erneuerbarer Energie.“ Ein lukrativer Nebeneffekt wäre zudem der Abbau von Lithium aus dem Untergrundwasser gewesen. Hier wollte Vulcan bereits 2025 erste Lieferungen an Unternehmen zur Batterieherstellung tätigen. Das Fernziel seien, so Vulcan-Geschäftsführer Horst Kreuter gegenüber der Redaktion, 40.000 Tonnen Lithiumhydroxit pro Jahr, die für eine Million E-Auto-Batterien reichen würden.

Großes Misstrauen bei Bevölkerung

Spätestens nach den wiederkehrenden Erdbeben im Großraum Straßburg, die auch Teile der Ortenau erschüttern, der Stilllegung einzelner Bohrstandorte und den Erfahrungen aus dem pfälzischen Landau ist das Misstrauen in der Bevölkerung groß. Doch Ministerium, Regierungspräsidium und auch Vulcan setzen auf Transparenz und offene Informationspolitik, um für die Akzeptanz der Tiefengeothermie zu werben. Die Ministerin versicherte, das Land nehme es sehr ernst, wenn Bürger bei der Umsetzung von Geothermie-Projekten verunsichert seien. „In umfangreichen, mehrstufigen behördlichen Verfahren werden alle Aspekte eines Projekts begutachtet, geprüft und bewertet. Ziel ist eine umweltgerechte und sichere Nutzung der geothermischen Ressourcen im tiefen Untergrund.“

Einer der Teilnehmer an der digitalen Veranstaltung des Landes war Hans Roser, Vorstand der Bürgerinitiative gegen Tiefenbohrungen im südlichen Oberrheingraben: "Es gab Fakten, die wir bisher nicht bekommen haben, zum Beispiel die Anzahl der Schadensfälle auf deutscher Seite und wie weit die Begutachtungen fortgeschritten sind. Ansonsten war es sehr allgemein gehalten – zu allgemein", erklärte Roser. "Im nahen Elsass wurde das Projekt Vendenheim zwar ausreichend bei auftretenden Schäden versichert, die Versicherung speist jedoch die Geschädigten mit Kleinbeträgen ab und lässt die Last beim Bürger", macht Roser klar, warum es keine Vertrauensbasis und damit Akzeptanz bei den Bürgern geben werde. Im Großraum München, wo erfolgreich Tiefengeothermie betrieben wird, muss das heiße Wasser nicht aus dem Gestein mit Druck gepresst werden, sondern ist leichter verfügbar in einem Molasse-Becken.

Bei einem Gespräch Anfang vergangener Woche mit Vertretern der Firma Vulcan Energie wies Rheinaus Bürgermeister Michael Welsche ausdrücklich darauf hin, dass die Bevölkerung im Hinblick auf die Erdbeben durch Geothermie-Bohrungen der Firma Fonroche im elsässischen Vendenheim sehr verunsichert und besorgt sei. Die Vertreter des Unternehmens hätten signalisiert, dass diese Entscheidung respektiert werde und vorläufig keine Maßnahmen, die im direkten Zusammenhang mit den derzeit geplanten Messungen stünden, auf Rheinauer Gemarkung durchgeführt würden. Ob damit auch seismische Untersuchungen nördlich von Rheinau in anderen Kommunen abgesagt wurden und wie es jetzt grundsätzlich weitergeht, dazu hat sich Vulcan am Freitag nicht geäußert. Vielmehr sagt Horst Kreuter: "Die Skepsis gegenüber unserem Projekt ist uns bewusst. Daher arbeiten wir eng mit den Kommunen und Bürgern zusammen, um sie so gut es geht zu informieren." Es gebe nicht nur kaum Risiken, vielmehr sei der Mehrwert für die Region enorm. "Der Oberrheingraben könnte zum führenden Zentrum für E-Mobilität werden", so Kreuter – und sein Unternehmen könnte hohe Gewinne erzielen. Vorerst bleibt Vulcan nichts, außer weiter Aufklärungsarbeit in ihrem Sinne zu bieten.

Blick in ein Geothermiewerk des Energieunternehmens EnBW | Foto: Foto: EnBW-Uli Deck
Proteste der Bürger und Kommunen gehen weiter.  | Foto: Archivfoto: rek

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