Fußnote, die Glosse im Guller
Es war einmal ein Landwirt ...

Es war einmal ein altes Mütterchen. Das hatte nur eine kleine Rente, die ihm kaum zum Leben reichte. Wahrscheinlich hätte es Anspruch auf staatliche Hilfe gehabt. Aber das war der Frau peinlich. Wenn sie sich beim Discounter auf die preiswertesten Produkte beschränkte, dann kam die Rentnerin gerade so über die Runden. Dann erreichte sie ein Appell der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Menschen sollten sich nicht von Billigprodukten ernähren, weil das die Landwirte in die Bredouille bringe. Das leuchtete dem Mütterchen ein. Seither kauft es nur noch teure Lebensmittel. Und wenn es nicht gestorben ist, dann knurrt ihr Magen noch heute.

Massentierhaltung

Es war einmal ein Altenpfleger. Seine Arbeit war wichtig, sein Auskommen aber eher bescheiden. Von dem, was er nach allen Abzügen herausbekam, musste der Mann eine sehr hohe Miete für eine kleine mittelmäßige Wohnung bezahlen. Seine größte Freude waren Steaks, die er günstig in der SB-Theke im Supermarkt fand. Doch seit er im Fernsehen einen Bericht über die Massentierhaltung sah, isst er nur noch Fleisch von glücklichen Weiderindern. Und wenn er nicht gestorben ist, dann verzehrt er sich nach Steaks, die er sich nicht leisten kann, bis heute.

Einzelhandel

Es war einmal eine Lebensmittelkette. Diese war beliebt wegen ihrer billigen Ware. Dann las der Eigentümer ein Interview mit Stephan Weil. Der ist Ministerpräsident von Niedersachsen, wohl dem Agrarland Nummer eins in Deutschland. Dieser schimpfte, dass der Einzelhandel nicht das "Prinzip des niedrigsten Preises" hochhalten dürfe. Das sei gegenüber den Landwirten unverantwortlich. Beeindruckt gewährte der Unternehmer seinen Lieferanten bessere Konditionen und erhöhte deshalb die Preise. Und wenn er nicht gestorben ist, dann wartet er auf Kunden bis heute.

Tierschutzcent

Es waren einmal Politiker. Die fanden die Idee des Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck gut. Der forderte einen Cent zusätzlich auf alle tierischen Produkte, um mit den Einnahmen den Bau größerer Ställe zu fördern. Also beschlossen sie, diese sinnvolle Hilfe für Bauern umzusetzen. Und wenn der Tierschutzcent noch nicht gestorben ist, dann wird nach Abzug von 99 Prozent für die Verwaltung vom kläglichen Rest immer mal wieder ein Stall gebaut bis heute.

Landwirt

Es war einmal ein Landwirt. Der hatte die Nase so was von gestrichen voll davon, dass jeder Gründe aufzählte, warum sich für ihn nichts ändern kann. Und wenn er seinen Bauernhof nicht aufgegeben hat, dann ist das so noch heute. Happy Ends sehen anders aus.
Anne-Marie Glaser

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