„Eine jüdische Odyssee"
Zeitzeuge Felix Rottberger zu Gast in Renchen

- Felix Rottberger zog mit seinem Vortrag die Schüler in seinen Bann.
- Foto: Grimmelshausenschule Renchen
- hochgeladen von Matthias Kerber
Renchen (st) Alle 8. und 9. Klassen der Grimmelshausenschule Renchen erlebten einen sehr spannenden Vortrag. Musikalisch umrahmt wurde dieser von Robert Hartig, R 10a am Keyboard.
Ein ganz besonderer Gast war angereist, um aus seinem turbulenten und bewegten Leben zu erzählen. Felix Rottberger, geboren in Island 1936 und ehemaliger Mitarbeiter der jüdischen Gemeinde in Freiburg hat sich als Zeitzeuge bei der Erinnerungsarbeit große Verdienste erworben. 2016 verlieh ihm Joachim Gauck das Bundesverdienstkreuz, so die Grimmelshausenschule Renchen in einer Pressemitteilung.
Felix Rottberger erzählte sehr anschaulich von der Odyssee seiner Familie durch Europa während des Zweiten Weltkrieges, von der ständigen Angst und Unsicherheit, die seine Kindheit geprägt haben.
Felix Rottbergers jüdische Eltern betrieben im Berlin der 30er-Jahre ein gut gehendes Radiogeschäft. Ab dem Jahr 1933 mussten sie dieses durch den Boykott jüdischer Geschäfte aufgeben. Der Vater wurde in Schutzhaft gesteckt und misshandelt. Es gelang ihm, aus der Haft entlassen zu werden und nach Island zu emigrieren. Seine Frau folgte ihm wenig später mit dem ersten Kind nach Island. 1938 wurde die Familie von Island ausgewiesen und sollte nach Deutschland zurückkehren. Durch die Hilfe ihres dänischen Kindermädchens und durch glückliche Umstände konnten sie in Dänemark Unterschlupf finden. 1943 begannen die Nazis auch in Dänemark systematisch nach Juden zu suchen. Die Familie musste 17 Mal umziehen. Sie lebten in Wäldern, wo Wind, Regen und Schnee der sechsköpfigen Familie zu schaffen machte. Mit Hilfe der dänischen Widerstandsbewegung sollte die Familie nach Schweden evakuiert werden. Doch dem Kapitän schien es zu gefährlich, die vier Kinder mitzunehmen. Im Trubel wurden die Kinder von den Eltern getrennt und die Eltern fuhren alleine nach Schweden.
Schüler von Geschichte beeindruckt
Die Kinder wurden glücklicherweise in einem dänischen Kinderheim versteckt und später von einer Bäuerin versorgt. Felix Rottberger schildert gerührt von einer Begegnung mit einem deutschen Soldaten: „Nur, wenn die Soldaten auf den Bauernhof kamen, um nach Lebensmitteln zu suchen, mussten wir uns verstecken. Wir vier verbargen uns immer am selben Ort. Einmal entdeckte ein Soldat seine Schwester im Heu. Er nahm sich hoch und sagte: „So eine kleine süße Tochter habe ich auch in Hamburg“ und legte sie vorsichtig wieder ins Heu zurück.
Ein weiteres Wunder war, dass sich Eltern und Kinder nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit Hilfe des dänischen Roten Kreuzes wiedergefunden haben. 1955 kam die Familie zu Fuß von Kopenhagen nach Konstanz. „Mein Vater hat sich immer als Deutscher gefühlt“, sagte Felix Rottberger am Ende seines Vortrags. Er betonte auch, wie wichtig es ist, miteinander in Frieden zu leben und appellierte auf das Herz zu hören.
Die Schüler bedankten sich mit großem Applaus bei Felix Rottberger und umringten ihn auch noch nach der Veranstaltung. Geduldig und mit strahlenden Augen beantwortete er viele Fragen und verabschiedete sich nach zwei Schulstunden herzlich. Bei der Verabschiedung übergab Rektor Ralf Meier Heidi und Felix Rottberger Honig unserer Schule, Apfelsaft und einen Blumenstrauß. Der Vortrag wäre ohne Vera Koch nicht möglich gewesen. Sie hatte das Ehepaar Rottberger in Freiburg abgeholt und zur Schule gebracht. Auch Sie bekam eine kleine Aufmerksamkeit überreicht.
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