Neonazis im Visier von Staatsanwälten und Richtern

Demo gegen NPD-Kundgebung in Offenburg: Veranstaltungen von Antifaschisten sind offenbar auch im Visier von Akteuren der rechtsradikalen Szene. | Foto: ag
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Ortenau. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und Verfahren vor dem Landgericht in Freiburg mit
einem rechtsradikalen Hintergrund: Ein 23-Jähriger ohne festen Wohnsitz,
der einen 42-Jährigen aus dem Raum Emmendingen zum Bau einer
Sprengvorrichtung mit dem mutmaßlichen Ziel angestiftet haben soll, den
Sprengsatz mit einem Modellflugzeug bei einer Veranstaltung von
Antifaschisten einzusetzen, sitzt weiter in Untersuchungshaft. In einem
Verfahren gegen einen Neonazi aus Offenburg, der auf einem Parkplatz in
Riegel in eine Gruppe von Antifaschisten fuhr und einen 21-Jährigen
schwer verletzte, könnten weitere Gutachten eine Rolle spielen.

Kernfrage: Hat der 31-jährige wegen versuchten Totschlags in drei Fällen
Angeklagte drei Tage vor der Tat via Facebook einem Kameraden gegenüber
bekundet, dass er nur auf eine Notwehrsituation mit den Antifaschisten
warte, um dann eine solche „Zecke die Klinge fressen zu lassen“? In
erster Instanz vor dem Freiburger Landgericht wurde der Mann
freigesprochen, weil dieser eben in einer Bedrohungssituation panisch
reagiert haben könnte, als vermummte Antifaschisten auf sein Auto
zurannten, mit dem er Besucher einer Fete Rechtsradikaler abholen
wollte. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf, wonach eine andere
Kammer des Freiburger Landgerichts den Fall verhandelt.

Der PC des Offenburgers, der bei der letzten Landtagswahl für die NPD
kandidierte und in der „Kameradschaft Südsturm Baden“ sowie der
Gruppierung „Freie Kräfte Ortenau“ aktiv war, wurde nach der Tat von der
Kripo nicht beschlagnahmt. Ein Fehler, nachdem die umstrittene
Nachricht gelöscht wurde,  wie ein Kripobeamter bekannte. Ein Fehler,
der durch Computerspezialisten im Bundeskriminalamt (BKA) behoben werden
könne, meint der Anwalt der Nebenkläger. Das sei kein förmlicher Antrag
gewesen, betonte Oberstaatsanwalt Michael Mächtel. Das Gericht müsse
entscheiden, ob es BKA-Spezialisten bittet, die gelöschte
Facebook-Nachricht des Angeklagten wieder ans Tageslicht zu befördern.

Unterdessen hat das Landeskriminalamt die Ermittlungen im Zusammenhang mit den
mutmaßlichen Attentats-Plänen gegen Antifaschisten per Sprengsatz in
einem Modellflugzeug – laut Maier mit einer Spannweite von rund drei
Metern – weitgehend abgeschlossen. Neben dem 23-jährigen Auftraggeber
wurden im September drei weitere Tatverdächtige festgenommen. Auch
Kripo-Beamte der Polizeidirektion starteten – neben Kollegen der
Direktionen in Emmendingen, Freudenstadt und Freiburg – eine
Durchsuchungsaktion am Arbeitsplatz eines Verdächtigten in der Ortenau.
Beim Hersteller wurden eine funktionsfähige Sprengvorrichtung und
mehrere Modellflugzeuge sichergesstellt. Entschärfer des LKA machten den
Sprengsatz unschädlich.

Eine Anklageerhebung wegen Verstoßes gegen das Sprengstoff- und Waffengesetz sei im Januar zu erwarten, betonte Oberstaatsanwalt Maier auf Anfrage. In einem ähnlichen Fall in
Lörrach habe man mit einer weitergehenden Anklage schlechte Erfahrungen
gemacht. Demnach wurde ein Verfahren nicht eröffnet, weil es sich um
eine „straflose Vorbereitung“ einer Tat gehandelt habe. Das
Oberlandesgericht, so Maier, hat eine Beschwerde dagegen verworfen.

Autor: Norbert Rößler

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