Seltene Außenaufnahme
Erinnerungsstele zeigt Kehler Synagoge

Oberbürgermeister Wolfram Britz (v. l.), Gymnasiallehrer Uli Hillenbrand und Stadtarchivarin Dr. Ute Scherb präsentieren die Außenaufnahme der ehemaligen Synagoge, die auf der Erinnerungsstele an der Ecke Kasernenstraße und Schulstraße zu sehen ist. | Foto: Stadt Kehl
2Bilder
  • Oberbürgermeister Wolfram Britz (v. l.), Gymnasiallehrer Uli Hillenbrand und Stadtarchivarin Dr. Ute Scherb präsentieren die Außenaufnahme der ehemaligen Synagoge, die auf der Erinnerungsstele an der Ecke Kasernenstraße und Schulstraße zu sehen ist.
  • Foto: Stadt Kehl
  • hochgeladen von Rembert Graf Kerssenbrock

Kehl(st) Wie hat die ehemalige Synagoge in Kehl ausgesehen? Lange Zeit haben das Stadtarchiv und der "Arbeitskreis 27. Januar" nach einer Außenaufnahme des jüdischen Gotteshauses recherchiert – und sind nun endlich fündig geworden. An der blauen Stele an der Ecke Schulstraße und Kasernenstraße erinnert das Foto ab sofort eindrücklich an die Spuren jüdischen Lebens, die das NS-Regime gewaltsam aus dem Kehler Stadtbild entfernt hat.

Auf Umwegen ist das Bildmotiv in den Fundus des Stadtarchivs und damit zu dessen Leiterin Dr. Ute Scherb gelangt. Ausgangspunkt war ein Bericht von Gymnasiallehrer Uli Hillenbrand über die Kehler Synagoge in den Dernières Nouvelles d’Alsace, einer elsässischen Tageszeitung, verbunden mit dem Aufruf, dem Kehler Stadtarchiv Fotos, Dokumente und Zeitzeugnisse zum Aussehen der Synagoge und zum Leben der jüdischen Gemeinde in der Rheinstadt zukommen zu lassen.

Letztlich erhielt der "Arbeitskreis 27. Januar "einen Hinweis, dass eine Postkarte mit dem Motiv der Kehler Synagoge existiert und diese in einem französischsprachigen Postkartenforum online gehandelt wurde. Der Käufer der Ansichtskarte ließ sich zwar nicht ermitteln, allerdings existiert ein digitaler Abzug. Und diesen hat das Stadtarchiv nun im Zugriff.

Zu sehen ist die Außenaufnahme auf der Erinnerungsstele an der Ecke Schulstraße und Kasernenstraße. Die blaue Gedenktafel war auf Initiative des Arbeitskreises anlässlich des 80. Jahrestags der Deportation jüdischer Mitbürger in das französische Internierungslager nach Gurs am 22. Oktober 1940 am früheren Synagogenstandort aufgestellt und ist nun um das Foto ergänzt worden. Die umgestaltete und damit aktualisierte Stele ist ein Beitrag der Stadt und des "Arbeitskreises 27. Januar" zum Auschwitzgedenktag.

Realisiert wird die Neugestaltung mit Unterstützung der Familie Rubinstein aus den USA. Tamar Rubinstein ist eine Urenkelin von Fanny Bensinger, die am 22. Oktober 1940 von Bodersweier aus nach Gurs deportiert wurde, wo sie noch im selben Jahr unter entsetzlichen Umständen starb. Im vergangenen Sommer besuchte die Familie Rubinstein Kehl und besichtigte dabei auch den ehemaligen Synagogenstandort.

Zur Kehler Synagoge

Vor mehr als 130 Jahren, im Februar 1889, konnte die damalige israelitische Gemeinde in Kehl in der Innenstadt ein Grundstück an der Ecke Kasernenstraße und Schulstraße für 4.000 Mark erwerben. Bereits im April desselben Jahres wurde unweit der Friedenskirche der Grundstein für das neue Gotteshaus gelegt. Die Stadt Kehl förderte den Bau mit 400 Mark. Höhere Zivilbeamte, so berichtet es die Zeitschrift „Der Israelit“ im Nachgang am 25. April 1889, wohnten der Grundsteinlegung bei. Am 20. September 1889 wurde der rote Sandsteinbau mit goldenem Schriftzug in Hebräisch und Latein über dem Eingangstor errichtet. Bis dahin nutzte die jüdische Gemeinde einen Betsaal an der Rheinstraße. Das Verhältnis der drei Konfessionen (katholisch, protestantisch und jüdisch) beschrieb der katholische Pfarrer Carl Jung zum damaligen Zeitpunkt als „friedlich“. Am Tag nach der Reichspogromnacht, am 10. November 1938, trieben Mitglieder der Gestapo, der SS, Grenzpolizisten, aber auch Kehlerinnen und Kehler jüdische Mitbürger durch die Straßen, bespucken, beschimpfen, demütigen und misshandeln sie. Die Schergen des NS-Regimes drangen zudem in die Synagoge ein, verwüsteten das jüdische Gotteshaus und raubten Kunstgegenstände. Verwaist und demoliert wurde der Sandsteinbau 1943 schließlich abgerissen.

Grenzüberschreitende Stolperstein-Polieraktion

Am Auschwitz-Gedenktag lädt der Arbeitskreis 27. Januar zu einer grenzüberschreitenden Polieraktion für die eingelassenen Stolpersteine in Kehl und Straßburg. Beginn ist um 13 Uhr auf der französischen Rheinseite an der 10 rue de la Nuée Bleue. Gegen 16 Uhr startet die Polieraktion auf Kehler Rheinseite vor der Friedenskirche.

Zwei bis drei Gruppen ziehen anschließend los und säubern die Gedenktafeln im Stadtgebiet. Zu den einzelnen Stolpersteinen gibt es Erläuterungen in deutscher und französischer Sprache. Gegen 17.30 Uhr folgt in der Friedenskirche eine Gedenkveranstaltung mit einer Einführung durch Pfarrerin Bettina Kretz sowie Textbeiträgen von Schülerinnen und Schülern des Lycée Kléber in Straßburg und dem Einstein-Gymnasium, die sich mit dem Leben und der Hagada (ein Vermächtnis) von Klaus Rosenthal beschäftigen.

Oberbürgermeister Wolfram Britz (v. l.), Gymnasiallehrer Uli Hillenbrand und Stadtarchivarin Dr. Ute Scherb präsentieren die Außenaufnahme der ehemaligen Synagoge, die auf der Erinnerungsstele an der Ecke Kasernenstraße und Schulstraße zu sehen ist. | Foto: Stadt Kehl
Eine seltene Außenaufnahme der Kehler Synagoge | Foto: Stadt Kehl

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.