Umbauarbeiten verschoben
Komplexes Abwärmeprojekt braucht mehr Zeit
- Das in Europa einzigartige Projekt benötigt in der Umsetzung mehr Zeit. Der Grund dafür sind vor allem die stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten.
- Foto: Stadt Kehl
- hochgeladen von Matthias Kerber
Kehl (st) Der Beginn der für das grenzüberschreitende Abwärmeprojekt bei den Badischen Stahlwerken (BSW) erforderlichen Umbauarbeiten wird um ein Jahr verschoben. Das haben die Aktionäre der grenzüberschreitenden Wärmegesellschaft Calorie Kehl-Strasbourg in ihrer Verwaltungsratssitzung am vergangenen Mittwoch einstimmig beschlossen, so die Stadt Kehl in einer Pressemitteilung. Das in Europa einzigartige Projekt benötigt in der Umsetzung mehr Zeit. Der Grund dafür sind vor allem die stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten. Alle sechs Partner stehen weiterhin uneingeschränkt zu dem ambitionierten Vorhaben und setzen die Arbeit an der Umsetzung fort.
Klimaneutralität
„Dieses Projekt ist von entscheidender Bedeutung. Wir entscheiden uns für Verantwortung: Wir nehmen uns heute die nötige Zeit, um bestimmte Parameter zu vertiefen und ein Projekt zu sichern, das über mehrere Jahrzehnte hinweg klimatische und wirtschaftliche Vorteile bringen soll“, erklärte Jeanne Barseghian, Präsidentin der Calorie Kehl-Strasbourg und Oberbürgermeisterin von Straßburg. Das Vorhaben, die bei der Stahlproduktion entstehende Abwärme grenzüberschreitend zu nutzen, sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität. Es unterstütze das Bestreben beider Städte, importierte fossile Brennstoffe durch lokale, erneuerbare und wettbewerbsfähige Energie zu ersetzen. „Es kann einfach nicht sein, dass so viel Wärme weiterhin ungenutzt in die Luft geblasen wird“, brachte Harald Höflich, Vertreter des Umweltministeriums des Landes Baden-Württemberg auf den Punkt, dass es auch um den Klimaschutz geht.
„Angesichts steigender Bau- und Finanzierungskosten wird mehr Zeit benötigt, um die Finanzierung des Projekts auf eine solide finanzielle Grundlage zu stellen.“ Zu diesem Ergebnis kamen die Vertreter der sechs französischen und deutschen Partner am Mittwoch, nachdem sie zuvor über Wochen hinweg gemeinsam versucht hatten, das Projekt an die derzeitige Situation anzupassen. Es wurden ambitionierte Lösungen geprüft, die Zugeständnisse der Gebietskörperschaften, innovative Finanztechnik und einen intensiven Dialog mit der Industrie kombinieren.
Die französischen und deutschen Gebietskörperschaften, die Banque des Territoires und die BSW bekräftigen ihren gemeinsamen Willen, ein ausgewogenes Projekt zu realisieren, das die langfristige Entwicklung des grenzüberschreitenden Fernwärmenetzes gewährleistet und die Nachhaltigkeit für alle Beteiligten sicherstellt. Folgerichtig setzen alle Partner die gemeinsame Arbeit fort, um einen optimierten Plan für den Bau und Betrieb der Wärmeleitung zu definieren. Der endgültige Rahmen für die Realisierung des Projekts soll im ersten Quartal 2026 stehen. Dazu gehören auch die Bearbeitung der Förderung des BAFA, die sich für die BSW und die Calorie zusammengenommen auf knapp zehn Millionen Euro beläuft, sowie das Aushandeln der Verträge mit den Ein- und Verkaufspreisen für die gelieferte Wärme.
Das Projekt zur Einspeisung industrieller Abwärme der BSW ins grenzüberschreitende Wärmenetz besteht aus zwei eng miteinander verbundenen Bauabschnitten: den Umbaumaßnahmen auf dem Werksgelände der BSW zum einen und dem Bau der Wärmeleitung und der zugehörigen Infrastruktur durch die Calorie andererseits. Während der Beginn der Arbeiten bei den BSW um ein Jahr verschoben wird, läuft die Vorbereitung der von der Calorie verantworteten Maßnahmen weiter. Das entsprechende Vergabeverfahren befindet sich derzeit in der Verhandlungsphase. Beide Bauabschnitte sind technisch aufeinander abgestimmt und können selbstverständlich nur zeitgleich in Betrieb genommen werden.
Die Kosten für den Bau der 6,5 Kilometer langen Wärmeleitung, zu der auch ein sogenannter Mikrotunnel unter dem Rhein gehört, haben sich im Vergleich zur Studienphase 2021 von 24 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Neben den allgemein stark gestiegenen Baukosten spielt dabei auch eine Rolle, dass die Notwendigkeit von Wärmespeichern von den Ingenieurbüros unterschätzt wurde. Die Baukostensteigerungen betreffen auch die Umbaukosten bei den BSW, die sich mittlerweile auf weit mehr als 20 Millionen Euro belaufen. Weil sich die Zuschüsse des BAFA aber auf die CO2-Einsparung beziehen, die mit dem Abwärmeprojekt erreicht werden, sind diese mit 5,2 Millionen Euro für die Calorie und 4,6 Millionen Euro für die BSW, unverändert geblieben.



Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.