Stolperstein für Magdalena Rapp verlegt
Stellvertretend für Leid der Zeugen Jehovas

Schüler der Zeitzeugen-AG des Einstein-Gymnasiums haben unter der Anleitung ihres Lehrers Uli Hillenbrand das Leben von Magdalena Rapp in einer szenischen Lesung aufgearbeitet. | Foto: Stadt Kehl
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  • Schüler der Zeitzeugen-AG des Einstein-Gymnasiums haben unter der Anleitung ihres Lehrers Uli Hillenbrand das Leben von Magdalena Rapp in einer szenischen Lesung aufgearbeitet.
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Kehl Ein Stolperstein erinnert seit Montag, 6. November, im Asphalt der Niedereichstraße vor der Hausnummer 3 an das Schicksal von Magdalena Rapp. Im Beisein vieler Kehlern ließ Künstler Gunter Demnig die Messingplatte mit Informationen über den Leidensweg der Zeugin Jehovas in das Pflaster vor ihrem ehemaligen Wohnhaus ein.

Oberbürgermeister Wolfram Britz betonte in seiner Rede die Bedeutung des Gedenkens an Magdalena Rapp, deren Schicksal stellvertretend für das Leid aller Zeugen Jehovas steht, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden und lange Zeit wenig öffentliche Beachtung fanden. Er bezeichnete die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der NS-Zeit als “eine der dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte”. Er erinnerte zudem daran, dass der Bundestag am 22. Juni beschlossen hat, ein Mahnmal für die während der NS-Zeit verfolgten und ermordeten Angehörigen der Glaubensgemeinschaft zu errichten. “Die Verlegung des Stolpersteins für Magdalena Rapp ist ein wichtiger Schritt, um das Leid der von den Nationalsozialisten verfolgten Kehler Zeugen Jehovas zu würdigen”, sagte der OB weiter.

Schüler der Zeitzeugen-AG des Einstein-Gymnasiums arbeiteten ihr Leben in einer szenischen Lesung auf. Raphael Reininger, der Urenkel von Magdalena Rapp, sprach im Namen der Familie von seiner Urgroßmutter. Er berichtete, dass das Ende ihrer Haft für sie nicht das Ende ihres Leidens bedeutete, über das sie nur wenig gesprochen habe. Für ihn symbolisiert ihr Stolperstein den Mut zum Widerstand gegen Unrecht und das Einstehen für Menschlichkeit unter Druck. Martin Kramer eröffnete die Zeremonie im Namen des Arbeitskreises 27. Januar. Esther König-Leblond sorgte zusammen mit ihrem Flötenschüler Adrien Dupré la Tour für den musikalischen Rahmen.

Hintergrund

Im Oktober 1936 nahmen Gestapo-Beamte Magdalena Rapp fest. Ihren Ehemann und ihre beiden Töchter, damals 9 und 11 Jahren alt, musste sie zurücklassen. Ihr Vergehen: Sie hatte sich trotz des Verbots durch die Nationalsozialisten weiterhin als Zeugin Jehovas engagiert und Druckschriften für ihre Glaubensgemeinschaft verbreitet. Ein Sondergericht in Mannheim verurteilte Magdalena Rapp daraufhin zu acht Monaten Gefängnis. Nach mehreren Stationen in Frauenstrafanstalten in Bruchsal und Schwäbisch Gmünd wurde sie ohne weiteren Prozess ins KZ Moringen bei Göttingen gebracht. Erst nach mehr als einem Jahr, Ende November 1937, konnte Magdalena Rapp zu ihrer Familie zurückkehren, nachdem man sie aus dem Konzentrationslager entlassen hatte. 1951 wurde sie als Verfolgte des Nationalsozialismus anerkannt. Anschließend lebte sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1988 in ihrem Haus an der Niedereichstraße. Ihren religiösen Überzeugungen blieb sie bis zum Schluss treu.
Die Zeugen Jehovas widersetzten sich geschlossen der NS-Herrschaft und wurden bereits 1933 verboten. Aufgrund ihres Glaubens beteiligten sie sich nicht an Wahlen oder Abstimmungen, lehnten die Mitgliedschaft in Parteiorganisationen der NSDAP ab, verweigerten den Hitlergruß, den Wehrdienst und jegliche militärische Arbeiten in der Rüstungsindustrie. Das NS-Regime lässt von 1933 bis 1945 mehr als 8800 Zeugen Jehovas verhaften, mehr als 1500 kommen in Gefängnissen und Konzentrationslagern ums Leben. In Kehl verfolgt das Regime neben Magdalena Rapp mindestens 14 weitere Mitglieder der Glaubensgemeinschaft. Mehrere von ihnen werden inhaftiert. Am 22. Juni hat der Bundestag die Errichtung eines Mahnmals für die während der NS-Diktatur verfolgten und ermordeten Zeugen Jehovas beschlossen.

Schüler der Zeitzeugen-AG des Einstein-Gymnasiums haben unter der Anleitung ihres Lehrers Uli Hillenbrand das Leben von Magdalena Rapp in einer szenischen Lesung aufgearbeitet. | Foto: Stadt Kehl
Gunter Demnig verlegt den Stolperstein für Magdalena Rapp vor dem Anwesen an der Niedereichstraße 3. | Foto: Stadt Kehl

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