Telefonseelsorge hilft bei Anruf
Seit 40 Jahren ein offenes Ohr

Zuhören können ist das Wichtigste bei der Arbeit für die Telefonseelsorge. | Foto: Foto: Telefonseelsorge Ortenau-Mittelbaden
  • Zuhören können ist das Wichtigste bei der Arbeit für die Telefonseelsorge.
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Ortenau (gro). Wer sich einsam fühlt oder wem etwas auf der Seele liegt, kann zum Telefonhörer greifen und findet unter den Telefonnummern 0800/1110111 oder 0800/1110222 stets ein offenes Ohr – und das bereits seit 40 Jahren. Die Telefonseelsorge Ortenau-Mittelbaden bietet aber nicht nur Hilfe am Telefon, sondern auch im Chat. In der Dienststelle Offenburg stehen 84 freiwillig Engagierte 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche Hilfesuchenden zur Verfügung.

"Ich kann nicht sagen, dass wir mit dem Beginn der Corona-Pandemie sehr viel mehr Anrufe bekommen", sagt Antke Wollersen, katholische Leiterin der Telefonseelsorge und Pastoralreferentin. Sie teilt sich die Arbeit mit Elke Wahl, evangelische Leiterin und Diplom-Psychologin. "Es gibt bei uns selten lange Pausen, die Leitungen sind durchgehend besetzt." Aufgrund von Kurzarbeitszeiten hätten aber viele Freiwillige mehr Zeit, so dass mehr Leitungen geschaltet werden konnten. Das zusätzliche Angebot wurde auch angenommen.

"Zu Beginn der Pandemie war Corona explizit Thema, aber jetzt zeigt sich: Es hat viele andere Themen, die immer da sind, noch verstärkt", so Wollersen. So würden sich Menschen, die sich ohnehin schon einsam fühlten, dies durch die Einschränkungen der Corona-Verordnungen noch stärker empfinden. "Aber auch die Beziehungsthemen, insbesondere häusliche Gewalt, haben zugenommen", erklärt Antke Wollersen.

Neuer Ausbildungskursus ab Mai

Im Mai beginnt ein neuer Ausbildungskursus für Ehrenamtliche. "Wir geben Interessierten eine Informationsbroschüre und sie müssen einen Fragebogen ausfüllen, dann wissen sie, was auf sie zukommt", schildert Antke Wollersen das Auswahlverfahren. Die Menschen müssten zuhören können, nennt sie die wichtigste Grundvoraussetzung. Sie sollten empathisch, wertschätzend und authentisch agieren. "Sie sollten den Anrufern keine Ratschläge erteilen, wie sie ihr Leben führen sollen. Wir bieten ein offenes Ohr", so Wollersen. Die Gespräche dauerten durchschnittlich 28 Minuten, manche seien länger, andere kürzer.

Sich bei der Telefonseelsorge zu bewerben und direkt mit den Betroffenen ein Gespräch zu führen, ist nicht möglich. Gut ein Jahr dauert die Ausbildung der Ehrenamtlichen, während der sie das nötige Rüstzeug für die nicht immer einfachen Gespräch erhalten. "Innerhalb dieses Jahres gibt es zwei Hospitationsphasen", schildert die Leiterin den Modus. "In der ersten sitzen sie neben erfahrenen Mitarbeitenden und hören zu. In der zweiten führen sie begleitet Gespräche, die im Anschluss ausgewertet werden: Wir machen auch Übungen, bevor unsere neuen Ehrenamtlichen tätig werden können." Für alle Mitarbeitenden werden Fortbildungen und regelmäßige Supervisionen angeboten, in denen nicht nur die Arbeit hinterfragt, sondern auch die Möglichkeit gegeben wird, Belastendes zu nennen. "Wer bei uns ehrenamtlich arbeiten möchte, muss mindestens 15 Stunden im Monat Zeit haben, zwölf Stunden sind für die Telefonate oder Chats da, die restlichen gehören der Supervision", so Wollersen. Die Ehrenamtlichen kämen aus allen Altersschichten, wobei viele zwischen 60 und 70 Jahren seien. Es seien mehr Frauen als Männer.

Wer am Telefon Dienst macht, tut dies immer in der Dienststelle in Offenburg. "Es gilt das Seelsorgegeheimnisgesetz. Dritte dürfen nicht hören, was gesprochen wird", erklärt die Seelsorgerin, lediglich die Chats dürften während der Pandemiezeit auch von zu Hause aus betreut werden. Und hier ist die Nachfrage auch stark angestiegen.

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