Fußnote – die Glosse im Guller
Man will nicht alles wissen

Oh, wie süß! Eng aneinandergekuschelt schauen Hua Hua und Zhong Zhong mit großen Augen verwundert in die Welt. Wundern darf sich auch der Betrachter des Fotos. Es ist schon erstaunlich, was heutzutage alles möglich ist. Die beiden jungen Javaneräffchen sind nämlich genetisch identisch. Chinesischen Wissenschaftlern ist es erstmals im Labor gelungen, Primaten zu klonen. Hut ab vor der Wissenschaft!

Nach Schaf Dolly, das 1996 als erstes geklontes Säugetier für Schlagzeilen sorgte, wurden ja schon viele Tiere dupliziert – beispielsweise für die Verbrechensbekämpfung. So fertigten vor zehn Jahren in Südkorea Wissenschaftler von einem äußerst erfolgreichen Drogenspürhund sieben genetische Kopien an. Allerdings ist nur wenigen Klontieren eine Karriere bei der Zollbehörde vorbestimmt. Viele arme Schweine landen als Versuchstiere in Labors der Pharmaindustrie.

Damit wird übrigens in China auch die Notwendigkeit des Javaneraffen-Klonens begründet. Mit geklonten Primaten sollen sich viel aussagekräftigere Versuchsreihen durchführen lassen, die bahnbrechende medizinische Erfolge in der Krankheitsbekämpfung möglich machen könnten. Vielleicht schaue ich mir die Fotos von den niedlichen Äffchen besser nicht mehr an. Es schläft sich doch bedeutend besser, wenn man kein Bild vor Augen hat, welche Kreaturen im Dienste der Pharmakologie für uns leiden müssen.

Mit dem Wissen ist das überhaupt so eine Sache. Das gilt beispielsweise auch für die Wirtschaft. Was sind wir doch alle stolz darauf, dass Deutschland Export-Weltmeister ist. Produkte made in Germany sind nicht immer die preisgünstigsten, aber sie stehen halt für deutsche Wertarbeit. Deshalb sind auch unsere Panzer und Kampfhubschrauber so beliebt. Zumindest bei denen, die sie kaufen und einsetzen. Auf der Gegenseite kommt bei der Konfrontation weniger Freude auf. Das Sterben ist halt nicht schöner, nur weil man von einem Qualitätspanzer überrollt wird. Ja, genau dafür werden Rüstungsgüter verwendet. Nun mag man sich damit trösten, dass wir unsere Waffen nur guten Freunden verkaufen, die damit gegen die Bösen kämpfen. Leider stimmt das nur nicht. So genau wollen wir das aber eigentlich doch gar nicht wissen.

Wer hat das spottbillige Shirt in Bangladesch unter welchen Arbeitsbedingungen zusammengenäht? Wie wird frische Hühnerbrust für 1,99 Euro pro Kilo im Endpreis produziert? Und was treiben Forscher eigentlich genau so alles in ihren Labors? Wer sich ekeln oder gruseln will, schaut gerne auf RTL "Dschungelcamp". Dabei bräuchte man doch nur manche Realität hinterfragen.
Anne-Marie Glaser

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