Fokusgruppe Soziales fordert für Kehl
Geh- statt Komm-Struktur und günstigeren Wohnraum

Vertreter des städtischen Fachbereichs Bildung, Soziales und Kultur, der Diakonie Kork, des diakonischen Werks, des Caritasverbands Offenburg-Kehl sowie der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde überlegten, wie man das Leben sozial benachteiligter Menschen in Kehl verbessern könnte. | Foto: Stadt Kehl
  • Vertreter des städtischen Fachbereichs Bildung, Soziales und Kultur, der Diakonie Kork, des diakonischen Werks, des Caritasverbands Offenburg-Kehl sowie der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde überlegten, wie man das Leben sozial benachteiligter Menschen in Kehl verbessern könnte.
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Kehl (st). Wie geht es sozial benachteiligten Menschen in Kehl? Was brauchen sie, von welchen Sorgen werden sie geplagt und wie kann man ihr Leben hier im Stadtgebiet konkret verbessern? Im Rahmen der Erarbeitung des Stadtentwicklungskonzepts Kehl 2035 haben sich Vertreter des städtischen Fachbereichs Bildung, Soziales und Kultur, der Diakonie Kork, des diakonischen Werks, des Caritasverbands Offenburg-Kehl sowie der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde getroffen, um über diese Fragen zu debattieren. Das Fazit der Runde: In Kehl muss vor allem günstiger Wohnraum geschaffen und die Erreichbarkeit von sozialen Einrichtungen verbessert werden.

Am allerwichtigsten: Grundbedürfnisse stillen

Am allerwichtigsten sei, die Grundbedürfnisse der Menschen zu stillen, war sich die vom Stadtentwicklungsbüro Reschl moderierte Runde einig. In einem reichen Land wie Deutschland dürfe es nicht vorkommen, dass Menschen Hunger leiden müssten. Eine Teilnehmerin schlug deswegen ein Grundbudget für soziale Einrichtungen, aber auch Kindertageseinrichtungen und Schulen vor, damit diese hungrigen Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen jederzeit Essen anbieten könnten.

Generell fehle es in Kehl an Begegnungsstätten und Aufenthaltsmöglichkeiten für sozial benachteiligte Menschen, stellten die Teilnehmer fest. Eine einzige zentrale Anlaufstelle sei allerdings nicht zielführend. „Wir müssen weg von der Komm- und hin zur Geh-Struktur“, wurde einhellig gefordert. Das bedeutet konkret, den Arbeitsschwerpunkt der Sozialarbeiter so zu verlagern, dass sie aktiv auf Hilfsbedürftige zugehen, statt in ihrer jeweiligen Einrichtung darauf zu warten, dass jemand kommt.

Als mobile Sozialarbeiter könnten sie beispielsweise ihre Sprechstunden direkt in den jeweiligen Ortschaften abhalten, Hausbesuche machen und in den Ortsverwaltungen Informationsmaterial und Kontaktadressen hinterlegen, lauteten einige der Vorschläge.

Außerdem wäre es aus Sicht der Gruppe sinnvoll, verschiedene Einrichtungen wie beispielsweise die Kleiderkammer und die Kehler Tafel im selben Gebäude anzusiedeln, so dass Hilfsbedürftige nicht zu verschiedenen Orten fahren müssen, um Kleidung und Nahrung zu vergünstigten Preisen zu bekommen.

Der Markt für günstigen Wohnraum sei wie leergefegt, konstatierte die Gruppe. Sozial benachteiligte Menschen täten sich immer schwerer, noch Wohnungen zu finden. Um dieses Problem lösen zu können, müsse die Sozialquote beim Wohnungsbau angehoben werden, forderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Gelobt wurde dagegen, dass Flüchtlinge in Kehl große Chancen hätten, sich zu integrieren und es zahlreiche Kooperationen und Anlaufstellen für diese Menschen gebe. Die Nachbarstadt Straßburg sei dabei von Vorteil, weil dort viele Migranten Kontakt zu ihren Landsleuten pflegen könnten. „Die Sprache ist zwar der Schlüssel zur Integration, aber trotzdem kein Garant für eine gefühlte Heimat“, betonte eine der Anwesenden. Für die Menschen sei es wichtig, den Zugang zu ihrer Kultur nicht zu verlieren und sich mit anderen Migranten aus ihrer Heimat austauschen zu können – diese Möglichkeit sei in Kehl auch Dank der Nähe zur Großstadt Straßburg gegeben.

Hintergrund 

Stadtentwicklungskonzept Kehl 2035 lautet der Titel des Prozesses, den der Gemeinderat im November 2017 mit der Beauftragung des Büros Reschl Stadtentwicklung aus Stuttgart angestoßen hat. Im Mai 2018 wurden 4.500 zufällig aus dem Einwohnermelderegister ausgewählte Bürger gefragt, was ihnen an ihrer Stadt am besten gefällt und was sie am meisten stört – ein knappes Drittel hat an der repräsentativen und anonymen Befragung teilgenommen. Außerdem hatten Bürger im Oktober Gelegenheit, bei vier Bürgerwerkstätten Anregungen und Wünsche für die künftige Entwicklung ihrer Stadt einzubringen. Die Ergebnisse aus den Bürgerwerkstätten sollen zum Leitfaden der künftigen Arbeit werden, ebenso wie die Resultate der sechs Fokusgruppengespräche Wirtschaft, Einzelhandel, Umwelt, Jugend, Kinder und Soziales, die im Rahmen des Stadtentwicklungsprozesses stattgefunden haben.

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