John Vye im Porträt

"Ballett ist für mich ein Gefühl, das nie aufhört"

Lahr "Ich habe es eigentlich immer genossen, ein wenig anders zu sein", sagt John Vye, ehemaliger Balletttänzer und heutiger -lehrer.
"Ich glaube, dass ich 1960, als ich mit fünf Jahren angefangen habe, der einzige Junge in ganz Australien gewesen bin, der Ballett gemacht hat", erzählt er mit einem sympathischen Lachen.

Schon früh die große Leidenschaft entdeckt

"Ich habe damals als kleiner Junge in einer Zeitschrift Fotos vom Ballett gesehen und wusste, dass ich das unbedingt machen will", sagt der in Sydney aufgewachsene Vye. Der junge John ist ehrgeizig und fleißig. "Ich habe jeden Tag trainiert." Und er ist willensstark. Denn seine Eltern können sich für die Leidenschaft ihres Sohnes wenig begeistern. Ein Besuch des bekannten russischen Balletttänzers Rudolf Nurejew in Australien spornt ihn weiter an. Bereits mit zwölf Jahren beginnt er zu unterrichten, um seine Ballettausbildung zu finanzieren.

Nach der Schule arbeitet Vye neben seinen Engagements als Balletttänzer als Dekorateur. "Das hat eigentlich ganz gut gepasst", erzählt er mit einem Lächeln, "denn die Kostüme gehören für mich zum Ballett einfach dazu und früher habe ich die auch selbst genäht."

1973 hat er in Australien Unterricht bei Asaf Messerer, einem sowjetischen Balletttänzer, -lehrer und Choreograf vom bekannten Bolschoi-Theater aus Moskau. Dieser erkennt sein Talent und lädt ihn an die Ballettschule des weltbekannten Theaters nach Moskau ein. Diesen Traum muss Vye in Zeiten des Kalten Krieges aufgrund von Visaproblemen aber aufgeben. "Das war natürlich eine sehr große Ehre für mich", erzählt er stolz.

Ins Ausland zieht es ihn trotzdem. Vom Stuttgarter Ballett, das in Australien auftritt, bekommt er ein Stipendium und zieht in die baden-württembergische Hauptstadt. "Dort habe ich das erste Mal Schnee gesehen", erinnert er sich.

Von da an beginnt eine echte Weltreise als Solotänzer für John Vye. Er tritt mit Ballettkompanien unter anderem aus Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Dänemark, Italien und Australien auf und tanzt mit Ballettgrößen wie beispielsweise Joyce Cuoco. Einer seiner Höhepunkte war, dass er vor der britischen Königin Elizabeth II. tanzen durfte.

Auch als Schauspieler und Model aktiv

Neben seiner Tätigkeit als Tänzer arbeitet John Vye auch als Model und Schauspieler. In dem Film "Nussknacker" spielt er 1982 den Liebhaber von Joan Collins. Dass er da das Bett mit ihr teilen durfte, habe bestimmt den ein oder anderen Mann neidisch werden lassen, bemerkt er mit einem Lächeln an.

Er selbst ist seit vielen Jahren in festen Händen. "Mein Mann gibt mir Halt, so dass ich mich voll auf meine Kunst konzentrieren kann. Er ist ein echter Kieler Kaufmann und kümmert sich um das Geschäftliche", erzählt er mit einem Lachen.

Ein Leben ohne Ballett kann sich Vye, der sechs Sprachen spricht, nicht vorstellen. "Ballett ist für mich ein Gefühl, das nie aufhört, auch wenn ich kein aktiver Tänzer mehr bin", sagt er.

Dieses Gefühl gibt er seit mehr als 50 Jahren als Lehrer und Ballettmeister auf der ganzen Welt weiter und seit zwei Jahren ebenso in Lahr. Wichtig sei ihm immer der gegenseitige Respekt. Seinen Schülern wolle er die Idee vermitteln, dass alles möglich sei und sie sich nicht von ihrem Traum abbringen lassen. "Wichtig ist, immer die richtige Balance zu finden", betont er. "Man muss immer bei sich selbst bleiben."

Das ist er momentan ganz besonders, denn der 70-jährige John Vye arbeitet an seiner Autobiografie und einem Buch über Tanztechniken.