Ortenaukreis startet Kampagne
Wenn der Notruf zum Routinefall wird

Dr. Bernhard Gorißen (v. l.), Dr. Evelyn Bressau und Marcel Frauenschuh | Foto: gro
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Offenburg Die Notfallversorgung in der Ortenau ist am Anschlag: Vor allem die zentralen Ambulanzen im Ortenau Klinikum, aber auch der Rettungsdienst haben mit steigenden Zahlen zu kämpfen. Im Rahmen eines Runden Tisches Notfallversorgung haben die Akteure eine Awareness-Kampagne entwickelt.

Eine Auswertung der Zahlen zeigt: Viele Menschen gehen in die Krankenhausambulanz oder rufen den Rettungsdienst, obwohl sie sich nicht in einer lebensbedrohenden Situation befinden. "Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Ressourcen im Gesundheitssystem endlich sind", stellt Dr. Evelyn Bressau, Leiterin des Gesundheitsamts und fachliche Leitung der Kommunalen Gesundheitskonferenz Ortenaukreis, in einem Pressegespräch fest.

Dr. Bernhard Gorißen, Chefarzt der Klinik für Akut- und Notfallmedizin des Ortenau Klinikums sowie Leiter des Netzwerks Ortenauer Notaufnahmen, beschreibt die Entwicklung: "In den fünf Notaufnahmen ist die Zahl der Patienten im Jahr um 30 Prozent gestiegen. 2020 kamen 84.890 Patienten zu uns, 2024 waren es 114.982." Vor allem an den Wochenenden und in den Nebenzeiten sei der Zuspruch groß, täglich drohe die Überlastung der Teams.

Ambulante Versorgung

"Ein Viertel der Patienten wird stationär aufgenommen, drei Viertel gehen nach Hause. Wir werden für die stationäre Medizin bezahlt, nicht für die ambulante", so Gorißen. Das Defizit würde auch den Träger und damit die Steuerzahler belasten. Gleichzeitig ist das Personal immer häufiger aggressivem Verhalten ausgesetzt: "Die Übergriffe sind in den Jahren 2022 bis 2024 von 48 auf 172 gestiegen."

Marcel Frauenschuh, Deutsches Rotes Kreuz Rettungsdienst Ortenau gGmbH, bestätigt die Entwicklung: "Wir sind 2010 mit 35.000 Einsätzen im Jahr gestartet, heute sind es 102.279." Gleichzeitig fehlen Notfallsanitäter. Das größte Problem: Nur wenn der Patient ins Krankenhaus eingeliefert wird, gilt der Transport als Krankenfahrt – und wird bezahlt. Stellt sich vor Ort heraus, dass keine akute Gefahr bestand, bleiben die Rettungsdienste auf den Kosten für den Einsatz sitzen.

Um das Bewusstsein dafür zu wecken, wann ein Notfalldienst tatsächlich notwendig ist, hat die Gesundheitskonferenz eine Informationskampagne gestartet. „Rund 30 Prozent der Behandlungen in der Notaufnahme könnten im ambulanten Bereich erfolgen – etwa über den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst oder per Telemedizin“, erklärt Evelyn Bressau.

"Wir wollen das Bewusstsein wecken, wohin man sich wendet", so Evelyn Bressau über die Informationskampagne unter dem Motto "Nicht jeder Fall ist ein Notfall". So gehöre die Frage, ob Tabletten zusammen verabreicht werden können, weder zum Rettungsdienst noch in die Ambulanz. "Wenn wir unser Verhalten nicht ändern, wird das Gesundheitssystem unbezahlbar", warnt Bressau. Alle Informationen finden sich unter wohin-im-notfall.de.

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