Fussnote
Ratgeber für Spione

Als bekennender Fan von Pierce Brosnan ist Daniel Craig für mich kein adäquater Ersatz als James Bond. Aber andere Zeiten, andere Spione, damit müssen die reiferen Jahrgänge eben leben. Möglicherweise werde ich sogar bald Daniel Craig nachseufzen. Tatsächlich habe ich ein bisschen Sorge, dass die 007-Filmemacher sich bald an der realen Geheimagenten-Generation orientieren werden. In diesem Fall müssten sie eine jüngere Version von Woody Allen als James Bond engagieren.
Okay, James Bond ist Brite. Aber der Geheimdienst seiner Majestät wird wohl nicht viel anders als die CIA arbeiten. Dort geht der Trend laut Wikileaks ganz klar zum Computerhacker. Nun mag es in den USA durchaus Computerhacker geben, die ihre sonnengebräunten Körper in Fitnessstudios stählen, bis sie mit ihren muskulösen Pobacken Nüsse knacken können. Solange diese aber nicht ins Scheinwerferlicht treten, prägt nun einmal Edward Snowden das öffentliche Bild des modernen US-Agenten. Und nichts für ungut, aber der kommt doch ein wenig blass und schmalbrüstig daher. Aber inzwischen braucht es ohnehin keine Mata Haris mehr, um wichtigen Menschen Geheimnisse zu entlocken. Heutzutage können Geheimdienste dank technisch talentierter Nerds jeden im trauten Heim beim Tête-à-Tête mit dem Ehepartner belauschen. Tja, erst die NSA im Handy, jetzt der CIA in meinem Fernseher. Was kommt als nächstes, Donald Trump, der mich aus dem Brausekopf meiner Dusche beäugt?
Nun mögen die modernen Hacker-Agenten echte Koryphäen darin sein, meine technischen Geräte in ferngesteuerte Spionagewerkzeuge zu verwandeln. Trotzdem hat es die CIA nicht immer so leicht, diese nach Frankfurt zu bringen, wo sie ihren Spitzelaktivitäten nachgehen. Da gibt es nämlich eine üble Hürde: die gute alte Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen. Die deutschen Grenz- und Zollbeamten haben nämlich die unangenehme Angewohnheit, Einreisewillige einfach so aus der Menge herauszupicken und zu kontrollieren. Laut Wikileaks hat die CIA deshalb extra für diese Fälle ein Handbuch mit praktischen Tipps erstellt. Ein wichtiger Hinweis im Ratgeber für Spione ist demnach, bei Fragen nicht schweigend auf der Unterlippe herum zu beißen. Auch helfe es, sich vorab schon ein paar plausible Antworten zurechtzulegen, warum man denn einreise.
Vielleicht sollte die CIA ihren Nerd-Spionen während der Ausbildung auch ein paar James-Bond-Filme zeigen. Man mag von Daniel Craig halten, was man will. Aber an der Grenzkontrolle würde er sicher nicht scheitern.
Anne-Marie Glaser

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