Interview mit Horst Sahrbacher, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit
Gehalt alleine ist kein Anreiz mehr für berufliche Tätigkeit

Horst Sahrbacher sieht die Zukunft für Fachkräfte insgesamt positiv. | Foto: Foto: Agentur für Arbeit
  • Horst Sahrbacher sieht die Zukunft für Fachkräfte insgesamt positiv.
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Ortenau (tf). Der Arbeitsmarkt ist ständig im Wandel. Wohin die Reise gehen kann, beantwortet der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit, Horst Sahrbacher.

Was sind die Herausforderungen der Zukunft?
Die Reise wird mit Sicherheit dahin gehen, dass wir nicht wie in der Vergangenheit über Massenarbeitslosigkeit reden, sondern eher darüber, wie es uns gelingt, unsere Region zukunftsfähig zu halten. Uns beschäftigt die Frage, was wir tun müssen, damit sich der Standard, den wir jetzt haben, auch in 20 Jahren noch erhält – denn das ist kein Selbstläufer.

Auf welche großen Veränderungen müssen sich Firmen und Arbeitnehmer einstellen?
Wir haben einige Megatrends, die auf den Arbeitsmarkt einwirken werden: Klimawandel, Strukturwandel, demografische Entwicklung und insbesondere das Thema Digitalisierung. Dabei gibt es viele Faktoren zu berücksichtigen, wie beispielsweise flächendeckend schnelles Internet auch in den abgelegenen Schwarzwaldtälern.
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Wie sieht der Arbeitsmarkt 2030 aus und wie wird er sich vom heutigen unterscheiden?
Er wird jünger – wenn es uns gelingt, die demografisch bedingt ausfallenden Altersjahrgänge zu ersetzen. Und das wird nicht ohne qualifizierte Zuwanderung gehen. Man wird auf allen Ebenen andere Qualifikationen brauchen und jeder ist gut beraten, sich jetzt auf den Weg zu machen um das entsprechend zu gestalten. Es bedeutet große Herausforderungen, die wir jetzt angehen müssen. Wir werden weiter stringent versuchen, jeden, der Qualifizierung braucht, bestmöglich zu unterstützen. Wir beraten dabei, welche Qualifikation man wo erwerben kann und unterstützen im Rahmen unserer Möglichkeiten.

Wie wird sich die Struktur der Arbeit verändern?
Die Digitalisierung wird neue Arbeitsformen mit sich bringen, die bereits heute schon erkennbar sind und die in vielen Betrieben auch schon umgesetzt werden. Es wird die Möglichkeit geben, andere Arbeitsformen zu wählen – beispielsweise das Home-Office im Schwarzwaldtal. Aber auch das Thema Work-Life-Balance wird wichtiger werden. Gehalt alleine ist kein Anreiz mehr für eine berufliche Tätigkeit, sondern sie muss Spaß machen, sinnerfüllt sein, sie muss passen und das Umfeld muss stimmen. Diese Themen sind bereits heute in vielen Fällen ausschlaggebend, ob sich jemand für oder gegen eine Firma entscheidet. Und dieser Trend wird sich verstetigen.

Was bedeutet das für zukünftige Ausbildungen und Arbeitsverhältnisse?
Die Ausbildungsverhältnisse werden sich genauso verändern wie die Inhalte der einzelnen Arbeitsverhältnisse. Das heißt, jemand, der neu eine Ausbildung macht, wird die neuen Kenntnisse mitvermittelt bekommen. Ebenso ist es wichtig, dass bereits beschäftigte Arbeitnehmer den Trend erkennen und sich gezielt weiterbilden. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch ein wichtiges Bild im Gesamtkontext „wie attraktiv nehme ich einen Arbeitgeber wahr“. Beispielsweise beim Stichwort Erziehungszeit für junge Väter. Es verändert sich etwas positiv in der Gesellschaft, aber dem muss man als Arbeitgeber auch Rechnung tragen. Das heißt, inwieweit habe ich Angebote, die das Thema Familie und Beruf bedienen, ist ein Faktor, den Arbeitehmer in ihren Entscheidungsprozess mit einbeziehen.

Was ist die besondere Herausforderung für ältere Mitarbeiter im zukünftigen Arbeitswertewandel?
Ältere bringen ein großes Maß an Erfahrungen mit, was für Arbeitgeber sehr vorteilhaft sein kann. Ein arbeitsloser Arbeitnehmer 50 plus hat heute eine gute Chance, wieder eine Arbeitsstelle zu finden. Arbeitgeber sind bereit, sowohl ältere als auch langzeitarbeitslose Bewerber einzustellen – wenn Motivation und Qualifikation stimmen. Alter alleine ist deshalb kein Hinderungsgrund, einen Arbeitsplatz zu finden. Und auch Arbeitgeber sind da sehr offen, wenn das Gesamtpaket stimmt.

Wie sieht Ihre Prognose für die Zukunft, für den Arbeitsplatz 2030 aus?
Er ist viel stärker durch die Digitalisierung bestimmt. Ein Wandel, den wir uns teilweise heute noch nicht vorstellen können. Die Weiterentwicklung findet stetig statt. Diese Veränderungen werden auch unser Lebensumfeld verändern, beispielsweie im Bereich der Mobilität, wenn man sieht, dass das Statussymbol Auto bei Jugendlichen immer mehr an Wert verliert und die Nachhaltigkeit zum Zuge kommt. Ganz entscheidend ist, wenn es uns jetzt gelingt, als Region diese Strukturfragen zu klären und positiv zu gestalten, dann bin ich mir sicher, dass diese auch weiterhin prosperierend sein wird.

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