Fußnote, die Glosse im Guller
Das hat Lineker nicht geahnt

Seit Mittwoch muss man fragen: Was haben Portugal, England und Nordmazedonien gemeinsam? Nun, das Gründungsdatum der Länder sicher nicht. Als Staatsgebilde ist das südosteuropäische Land erst seit Anfang der 90er-Jahre auf der politischen Landkarte.

Aber: In der langen Geschichte seit rund 90 Jahren hat die deutsche Nationalmannschaft während einer Qualifikation für ein weltmeisterliches Endturnier drei Niederlagen einstecken müssen. Das hat Joachim Löw nun davon: Sein Name wird nicht nur mit dem WM-Triumpf von 2014 verbunden sein, sondern auch mit einer schmachvollen 1:2-Niederlage gegen Nordmazedonien. Nach dem 0:6 gegen Spanien häufen sich die "historischen Niederlagen" in jüngster Zeit.
Dabei konnte der Buchstabe "J" für den Gruppen-Namen nicht passender sein. Jogis Jungs nehmen nun nach drei Spielen den dritten Platz in der Gruppe ein – hinter Armenien und Nordmazedonien wohlgemerkt. Was daraus wird? Ausbügeln muss und kann Joachim Löw das nicht mehr, denn erst im September geht die Aufholjagd los. Dann haben wir einen neuen Bundestrainer – wenn den Job noch einer will, bei diesem Potential, gnadenlos scheitern zu können.

Kontrovers diskutiert wurden auch die dreifachen Menschenrechtsbekenntnisse der Elf vor den Spielen auf dem Rasen. Mit selbst entworfenen T-Shirts und Banner hat sie ihr Anliegen kundgetan – adressiert an den WM-Gastgeber Katar. Parallel dazu ploppt die Debatte um einen Boykott der Weltmeisterschaft hier und da plötzlich auf. Menschenrechte, Klimawandel und viele andere zentrale Themen werden in den Lostopf geworfen – zehn Jahre nach der Vergabe an den arabischen Staat. Kein Verband der Welt wird sich das für ihn lukrative Geschäft mehr nehmen lassen. Doch siehe oben: Mit dem aktuell dritten Platz kommen Gedankenspiele auf: Boykott durch die Hintertür durch Nicht-Qualifikation? Doch dieser Weg würde Neuer und Co. sicher keinen zusätzlichen Stern auf der Brust verschaffen. Im Gegenteil, von einer verlorenen und verlierenden Fußballgeneration wird die Rede sein.

Nicht die Niederlage allein lässt die Frage offen. Bekräftigt hat dies auch Jung-Stürmer Timo Werner. Ob seiner vergebenen Groß-Chance, vier Meter vor dem nahezu geräumten Tor den Ball nicht zu treffen, hat ihm im Netz eine hämische Ehre eingebracht: Dort wurde er zum Ehrenbürger Nordmazedoniens erklärt. Der wirkliche Held des kleinen Landes ist aber Goran Pandev. Der Vollstrecker ist 37 Jahre alt. Er hatte sein Debüt im Nationalteam als Deutschland bei der WM in Südkorea im Finale scheiterte.

Also was macht Jogi nun? Er holt die Haudegen Thomas Müller, Mats Hummels und wer weiß noch wen zurück. Er will das Europameisterschafts-Turnier retten. Dazu braucht es Stürmer! Wie wäre es mit Miroslav Klose – der ist erst 42...
Englands Stürmer Gary Lineker stellte nach einem verlorenen Spiel vor vielen Jahren frustriert fest: Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten dem Ball hinterher – und am Ende gewinnt Deutschland. Heute muss man Linekers Spruch umschreiben: Es gewinnt mal der eine, mal der andere – selten Deutschland. R. Graf Kerssenbrock

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