Fußnote, die Glosse im Guller
Ein Giftcocktail für 39,99 Euro

"Sie sind lebensmüde? Mit unserem Giftcocktail in den Geschmacksrichtungen Limette, Waldbeere und Ingwer-Mango für nur 39,99 Euro inklusive Versandkosten schlafen Sie für immer friedlich ein. Er ist übrigens auch für die vegane Ernährung geeignet." Ist eine solche Werbung völlig undenkbar?

Hilfe zum Suizid

Wenn von Hilfe zum Suizid die Rede ist, denken die meisten an einen Liebesdienst an Patienten, die aus-therapiert sind. Deren Schicksal es ist, unter schrecklichen Schmerzen auf den Tod zu warten, der sich quälend lange Zeit lässt. Das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts sagt aber klar: Jeder darf entscheiden, ob er leben oder sterben möchte. Und damit das nicht bloß ein theoretisches Recht ist, muss er sich professionelle Hilfe holen können. Ergo muss Letzteres erlaubt sein, selbst wenn die Unterstützung geschäftsmäßig betrieben wird.

Weltschmerz und Liebeskummer

Jeder, das ist halt auch die 18-Jährige, die gerade von der einzig wahren Liebe ihres Lebens verlassen wurde. Es gibt Menschen, die bekommen nach zwei Gläschen Kirschlikör Weltschmerz und anderen zieht es den Boden unter den Füssen weg, weil sie beim Wettbewerb um den größten Kürbis nur den dritten Platz belegt haben. Die wenigsten würden deshalb wirklich ins Wasser gehen. Tatsächlich merken sie oft schon bald, dass man sich mehr als einmal verlieben kann, das Leben, nüchtern betrachtet, viel Schönes bietet und wahre Größe nicht messbar ist. Doch was würde geschehen, wenn just im Moment der vermeintlichen Krise ganz leicht ein Mittelchen zur Hand wäre, das dem Elend ein schnelles Ende setzt?

Geschäfte

Glücklicherweise gibt es in unserer ehrenwerten Gesellschaft nur gewissenhafte Geschäftsleute. Bei jeder Marktanalyse gilt als Leitlinie, dass Gewinnstreben nie auf Kosten von naiven, hilflosen oder schutzbedürftigen Personen gehen darf. Nicht zu vergessen der Kodex aller Marktingstrategen, der besagt: Es darf nur Begehrlichkeit für Produkte geweckt werden, wenn diese einem Kunden wirklich nützen.

Gesetzgeber muss schnell handeln

Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass es doch ein verirrtes schwarzes Schaf unter Helfern zum Suizid geben sollte, bin ich für eine gesetzliche Regelung, wie diese Hilfe konkret aussehen darf. Dazu hat das Verfassungsgericht übrigens den Gesetzgeber ausdrücklich aufgefordert. Er könnte beispielsweise Aufklärungs- und Wartepflichten festlegen. Also bitte gleich loslegen! Es geht hier um Leben und Tod.
Anne-Marie Glaser

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