Fußnote, die Glosse im Guller
Ein Nutznießer will jeder sein

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SPD-Bundestagsfraktionsvize Karl Lauterbach hat recht. Jeder würde bei Bedarf gerne Nutznießer einer Organspende sein. Warum also sind so wenige dazu bereit, selbst Spender zu werden?
Um diese Frage geht es gerade im Bundestag. Vor allem aber: Wie kann das Problem gelöst werden? Ich finde, das ist einfach: Ab sofort haben nur noch Menschen, die selbst zur Spende bereit sind, einen Anspruch. Wetten, bald würden sich sehr viele Autofahrer einen Organspendeausweis hinter die Windschutzscheibe klemmen. Falls nicht, wäre immerhin der Bedarf viel geringer.

Zwei Lager im Bundestag

So einfach möchten es sich die Bundestagsabgeordneten aber nicht machen. Es gibt zwei Lager: Wer zu Lebzeiten nicht widersprochen hat, der gilt als Spender, fordern die einen. Nur wer aktiv zugestimmt hat, kann einer sein, sagen die anderen. Immerhin respektieren beide Seiten, dass der Mensch eine Entscheidung treffen kann.

Gesundheitsminister Jens Spahn

Dazu müssten sich die Leute aber überhaupt erst einmal mit der Materie beschäftigen. Deshalb ist Gesundheitsminister Jens Spahn dafür, das Thema im Unterricht zu verankern. Hat denn der Mann gar nichts aus dem Streit rund um den Digitalpakt für die Schulen gelernt? Schule ist Sache der Länder. Die zicken selbst dann rum, wenn der Bund ihnen zweckgebunden Geld schenken möchte. Da werden sie sich doch nicht von einem Bundesminister in ihre Curricula reinquatschen lassen.
Doch abgesehen von diesem formellen Problem: Alle jammern, dass die Schulabsolventen nicht mehr richtig schreiben können. Da wäre doch das Ausfüllen eines Organspendeausweises im Unterricht eine super Schreibübung. Die besondere Herausforderung liegt darin, Adresse und Datum einzutragen und zu unterschreiben. Der Rest ist Multiple Choice. Das heißt, man kreuzt einfach an, ob man seine Organe spenden möchte oder nicht. Außerdem gibt es die Möglichkeiten, zu spezifizieren, welche Organe man behalten möchte, oder die Entscheidung einer anderen Person zu übertragen. Aber da kann bei Bedarf ja der Lehrer beim Ausfüllen helfen.

Organspendeausweis

Nein, eine intellektuelle Herausforderung oder ein großer Zeitaufwand ist das Ausfüllen nicht. Nur die Begründungen, warum man Organspender werden sollte, sind auf der Karte etwas klein gedruckt. Woher ich das weiß? Weil ein Stapel solcher Karten im Wartezimmer meiner Hausärztin liegt. Natürlich habe ich eine ausgefüllt und sie in den Geldbeutel gesteckt. Denn SPD-Bundestagsfraktionsvize Karl Lauterbach hat recht. Ich würde bei Bedarf auch gerne Nutznießerin einer Organspende sein.
Anne-Marie Glaser

Foto: Glaser

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