Zur Straßburger Umweltzone
Ideen für beginnenden Prozess gesammelt

Straßburg diskutiert Maßnahmen für die Einrichtung der Umweltzone. | Foto: Stadt Kehl
  • Straßburg diskutiert Maßnahmen für die Einrichtung der Umweltzone.
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Straßburg/Kehl (st). Warum Umweltplaketten für Autos und Lastwagen nicht grenzüberschreitend anerkannt werden – diese Frage beschäftigte einige der Diskussionsteilnehmer beim grenzüberschreitenden Bürgerabend zur Umweltzone am Montag, 31. Mai, die vom 1. Januar 2021 auf dem Gebiet der Eurométropole de Strasbourg eingeführt wird. Gerade weil dieses Problem nur auf nationaler Ebene, also von den deutschen und französischen Staaten, gelöst werden kann, wurde bei der Online-Veranstaltung noch einmal erläutert, welche Regelungen – auch für deutsche Autofahrer im neuen Jahr auf der französischen Rheinseite gelten.

Nur mit Crit'Air oder besser als Klasse 5

Fahrzeuge, die keine französische Umweltplakette Crit’Air bekommen oder nur eine der Klasse 5, dürfen dort dann nicht mehr fahren. Auch alternative Mobilitätsangebote wurden von Bürgern von beiden Rheinseiten bei der simultan gedolmetschten Veranstaltung eingebracht, zu der die Eurométropole de Strasbourg, die Stadt Kehl und der Eurodistrikt eingeladen hatten und an der Toni Vetrano, als Kehler Oberbürgermeister und Vertreter des Eurodistrikts, teilnahm.

Pflicht für Umweltzone für gesamtes Gebiet Eurométropole

Schadstoffe, und erst recht die in der Luft, machen an nationalen Grenzen nicht halt, waren sich OB Vetrano und Julia Dumay, Beigeordnete der Stadt Straßburg für internationale Beziehungen, bei ihrer kurzen Einführung in den Abend einig. Eine Verbesserung der Luftqualität könne also nur durch gemeinsame Anstrengungen erreicht werden. Dass Straßburg durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs und ein darauf fußendes nationales Gesetz gezwungen ist, die Umweltzone auf dem Gebiet der Eurométropole zu etablieren, stellte die für deren Einführung zuständige Bereichsleiterin, Cécile Lanza, klar: Die Stickoxidbelastung liege in einigen Wohngebieten deutlich über den zulässigen Grenzwerten und damit in einem gesundheitsgefährdenden Bereich.

Fahrverbote für Autos mit hohem Schadstoffverbrauch seien freilich nicht die einzigen Aktionen, mit denen die Luftqualität verbessert werden soll, erklärte Cécile Lanza, sondern nur Teil eines umfangreichen Maßnahmenpakets, das vom Ausbau des Ladesäulennetzes für Elektroautos, über Carsharing bis zur Verbesserung des Radwegnetzes und Zuschüssen zum Kauf von E-Bikes für die Bewohner der Eurométropole reiche.

David Marx von der Stadtplanungsagentur ADEUS, der die schrittweisen Fahrverbote bis 2028 noch einmal darstellte, machte auch deutlich, dass die Datenlage in Sachen grenzüberschreitender Autoverkehr einigermaßen dünn ist: Klar sei, dass es einen regen Austausch über den Rhein hinweg gebe, dass Menschen den Fluss überquerten, weil sie im einen Land wohnten und im anderen arbeiteten, weil sie zur Schule, zum Einkaufen oder um Kulturveranstaltungen zu besuchen, auf die andere Rheinseite führen. Unklar sei jedoch, wie weit sie führen, wie oft sie den Rhein überquerten und in welchen Fahrzeugen. Bisher gebe es für Autofahrer von der deutschen Rheinseite nur die Möglichkeit, die französische Crit’Air-Plakette im Internet zu kaufen und an die Windschutzscheibe zu kleben.

Strengere Maßstäbe bei französischer Plakette

Ein Problem für die gegenseitige Anerkennung der Plaketten sei auch der Umstand, dass bei Crit’Air in Sachen Schadstoffausstoß strengere Kriterien angelegt würden als bei der deutschen Umweltplakette. Es gebe doch die Euro-Norm, „warum gilt die dann ausgerechnet in der Europa-Hauptstadt nicht“, bemängelte einer der deutschen Teilnehmer. Auch in der Bundesrepublik könnten Städte zwar Umweltzonen ausweisen, nicht aber über die Anerkennung ausländischer Plaketten entscheiden, merkte Toni Vetrano an und verwies auf die Ebene der Staaten. Bei den politischen Vertretern sei das Problem bekannt; auch der aus dem Aachener Vertrag hervorgegangene, deutsch-französische Ausschuss sei bereits mit dem Thema befasst.

Während sich Teilnehmende an der Diskussion wünschten, dass Fahrräder in Zug und Tram problemlos mitgenommen werden können, regten andere eine grenzüberschreitende und zweisprachige Mobilitäts-App an, forderten eine Harmonisierung der Tarife im öffentlichen Nahverkehr auf dem niedrigeren französischen Niveau und fänden es hilfreich, wenn es an den Grenzbahnhöfen Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn und der französische SNCF gäbe. Auch zusätzliche Park&Ride-Plätze standen auf der Wunschliste der Bürgerinnen und Bürger.

Julia Dumay bedankte sich für die Anregungen und versicherte, dass man erst am Anfang eines Prozesses stehe, der sich über mehrere Jahre erstrecke. Solche Bürgerabende zeigten, wo die Hindernisse und die Herausforderungen lägen; rheinübergreifend sei alles viel komplizierter, „hier müssen wir besonders kreativ sein“. Wichtig sei aber durch eine bessere Luftqualität die Lebensqualität im gemeinsamen Ballungsraum zu verbessern. So sah es auch OB Vetrano: „Wir müssen uns den Herausforderungen stellen“, meinte er und verwies auf Städte in Deutschland und Frankreich, in die man bereits heute nicht einfach mit dem Auto einfahren dürfe. „Wir werden gemeinsam Lösungen finden“, gab er sich überzeugt und bedankte sich für den Dialog. Die Sensibilität dafür, welche Projekte und Maßnahmen Auswirkungen auf die jeweils andere Rheinseite hätten, wachse durch den guten Austausch, den man miteinander pflege.

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