Wolfgang Schäuble als Brückenbauer
Polen verleiht posthum hohen Orden

- Generalkonsul Rafal Wolski (v. l.), Botschafter Jan Tombinski, Ingeborg Schäuble, Oberbürgermeister Marco Steffens und Hans-Jörg Schäuble
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- hochgeladen von Christina Großheim
Offenburg (gro) Am Dienstag, 19. August, erhielt Dr. Wolfgang Schäuble posthum den Verdienstorden im Rang des Komturkreuzes mit Stern der Republik Polen. Aus diesem Anlass waren der polnische Botschafter Jan Tombinski und Generalkonsul Rafal Wolski nach Offenburg gekommen. Schäubles Ehefrau Ingeborg Schäuble nahm die Auszeichnung im Billet'schen Schlösschen entgegen - im Beisein der Familie, von Freunden und Wegbegleitern.
Oberbürgermeister Marco Steffens gedachte zunächst dem verstorbenen Ehrenbürger der Stadt als großen Staatsmanns, der deutsche und europäische Geschichte geschrieben habe, als leidenschaftlicher Europäer, aber auch als Mensch, der tief in seiner Heimat, in Offenburg und der Ortenau verwurzelt gewesen sei. Er erinnerte daran, dass Schäuble den Fall des Eisernen Vorhangs als Glücksfall der Geschichte betrachtet habe und als der Architekt des wiedervereinigten Deutschlands gelte.
Freiheit als Leitmotiv
"Freiheit war für Wolfgang Schäuble ein Leitmotiv", so Steffens. Damit stehe er in einer Tradition, auf die man in Offenburg, der Freiheitsstadt, stolz sein dürfe. Denn vor rund 180 Jahren habe es nicht nur die badische Revolution gegeben, auch die Polen hätten für ihre Freiheitsrechte gekämpft. Die Menschen in Deutschland hätten den Freiheitskampf der Polen im 19. Jahrhundert begleitet. So seien beim Hambacher Fest auch polnische Fahnen geschwenkt worden.
Das polnische Volk habe in den 1980er-Jahren das sowjetische Imperium zum Einsturz gebracht. "Damit haben die Polen bewirkt, dass wir in Deutschland und in vielen Ländern in Freiheit und Wohlstand leben können, in einem System der Partnerschaft und der gegenseitigen Sicherheit", schloss der Oberbürgermeister. Ohne die mutigen polnischen Menschen hätte es auch keine Wiedervereinigung Deutschlands gegeben. "Wir Deutsche haben ihnen also viel zu verdanken", so der OB. Dies sei auch Wolfgang Schäuble immer bewusst gewesen. In Offenburg werde die polnisch-deutsche Freundschaft auf vielfältige Weise gepflegt.
Anerkennung und Dankbarkeit
Botschafter Jan Tombinski erklärte, dass der Orden in Anerkennung und Dankbarkeit für den herausragenden Beitrag Schäubles zur deutsch-polnischen Verständigung verliehen werde. Er habe Schäuble selbst als Bundesinnenminister und Bundesfinanzminister in Brüssel kennengelernt. Tombinski erinnerte an die Klarheit und die enorme politische Erfahrung, die bei den anderen EU-Ministern nicht nur Anerkennung, sondern auch Hochachtung für seine Person hervorgerufen habe. Schäuble sei ein leidenschaftlicher Europäer gewesen, aber ebenso ein beständiger Befürworter der polnisch-deutschen Freundschaft. Es sei seine Überzeugung gewesen, dass ein starkes, geeintes Europa ohne eine Partnerschaft zwischen Deutschland und Polen nicht denkbar sei. Schäuble habe sich für den EU-Beitritt von Polen stark gemacht, aber auch für die Idee eines dauerhaften Gedenkortes für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkrieges.
"Mein Mann hätte sich über die Ehrung sicher gefreut", so Ehefrau Ingeborg Schäuble, die den Orden entgegennahm. Dabei habe er sich am Ende seiner langen politischen Karriere auch die Freiheit genommen, Ehrungen abzulehnen: "Polen und seinen Bürgern war er in besonderer Weise verbunden: aufgrund der Bedeutung für die deutsche Einheit und die europäische Vereinigung. Er hat die Achse Frankreich-Deutschland-Polen stets als Nucleus der europäischen Vereinigung gesehen."
Im Anschluss trugen sich Ingeborg Schäuble, Botschafter Tombinski und Generalkonsul Rafal Wolski in das Goldene Buch der Stadt ein.
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