Wo steht die Integrationsarbeit?
Viele kleine Stellschrauben

Offenburg (st). Der Ortenaukreis schließt die Gemeinschaftsunterkunft am Sägeteich. Anlass, bei Offenburgs Integrations- und Flüchtlingsbeauftragter Regina Wolf nachzufragen, wie sich denn aus städtischer Sicht die Arbeit mit Migrant entwickelt hat.

Rein organisatorisch arbeitet Regina Wolf mit Noemi Driemel, Flüchtlingsbeauftragte, und Marcella Turco-Ziegler, Integration, zusammen. Dieses Dreier-Team wiederum ist in enger Abstimmung mit den beiden Integrationsmanagerinnen Anna-Paulina Schettler und Sophia Stappel, die der Abteilung „Gewerbe, Sicherheit und Ordnung“ im Bürgerbüro zugeordnet sind: Beide Mitarbeiterinnen betreuen Flüchtlingsfamilien und Migranten direkt vor Ort. „Wir betreiben Netzwerkarbeit. Wenn Migranten uns kontaktieren und das persönliche Gespräch suchen, können wir ihnen auch andere Angebote vermitteln – etwa der Diakonie oder von In Via“, erklärt Wolf.

Ansprechpartner für Migranten mit Bleiberecht

Die Mitarbeiterinnen der Stadt sind für Migranten mit Bleiberecht zuständig. „Wir koordinieren zum Beispiel das Wohnpatenprojekt. Ehrenamtliche leisten in enger Abstimmung mit uns und den Integrationsmanagerinnen Alltagshilfe“, so Wolf. „Oft ist den Menschen unser System der Nebenkosten neu: Wie funktioniert die Abrechnung der Heizkosten? Wie ist das mit dem Wasserabschlag? Wie wird der Strom abgerechnet?“, erzählt Driemel. „Die deutsche Hausordnung ist für jeden Migranten eine echte Herausforderung.“

Das Team um die Integrationsbeauftragte Wolf versucht, einen Rahmen für den Bedarf zu setzen, den die Geflüchteten haben. So können Frauen mit kleinen Kindern keinen Deutsch-Kurs besuchen. „Also organisieren wir rund um einen Kurs im Institut für deutsche Sprache eine Möglichkeit zur Kinderbetreuung“, erläutert Turco-Ziegler. „Oft haben syrische oder afghanische Familien mehrere Kinder. Sprachkurse sind für die Frauen unabdingbare Voraussetzung der Integration.“

Deutschkenntnisse sind wichtig

Das gilt natürlich auch für die Männer. Deutschkenntnisse sind auf dem Arbeitsmarkt von grundlegender Bedeutung. So werden Auszubildende unterstützt und begleitet. „Was die Integration in den Arbeitsmarkt, überhaupt die Chance auf einen Arbeitsplatz angeht, so hilft uns natürlich die hiesige Wirtschaftsregion mit ihren vielen Jobs auch in der Produktion sehr“, ist Driemel erleichert. Gerade für Menschen ohne Ausbildung eröffneten sich Chancen.

Regina Wolf und ihre Mitarbeiterinnen machen jedoch schon die Erfahrung, dass insbesondere die Frauen das Familienleben mit ihrem Engagement stabilisieren. „Über sie laufen oft die sozialen Verbindungen.“ Entsprechend fangen diejenigen unter ihnen, die bereits sehr gut Deutsch sprechen, damit an, sich in Gruppen zu organisieren. Es gibt den syrischen Freundeskreis Ortenau mit der Sprecherin Reem Ghanem. Hier kommen mehr als 200 Mitglieder der syrischen Community des Ortenaukreises zusammen. Eine ähnlich große Zahl ist im afghanischen Freundeskreis zusammengeschlossen, außerdem gibt es noch den Verein „Solidarität der Afghanen“.

Die eigene Kultur den Offenburger näherbringen

Den Mitgliedern dieser Gruppierungen ist es ein großes Anliegen, Elemente ihrer Kultur und der Welt, aus der sie stammen, den Offenburgern zu zeigen. Sie stehen in regelmäßigem Kontakt mit den Integrations- und Flüchtlingsbeauftragten der Stadt Offenburg. Eines ihrer Ziele lautet: einen Stand beim Internationalen Fest, 6. und 7. Juli, zu betreiben.

„Wir drehen an vielen kleinen Stellschrauben“, meint Noemi Driemel. „Es ist gar nicht so einfach, unsere Arbeit auf einen Nenner zu bringen. Wir stehen in engem, regelmäßigen Kontakt zu den Menschen und können uns so an deren Bedürfnissen orientieren.“ Standen am Anfang des massiven Zuzugs von Flüchtenden noch der Wunsch nach einer Waschmaschine, nach Möbeln und Kleidung im Vordergrund, so geht es jetzt zwar auch noch um diese Grundausstattung des täglichen Lebens, zunehmend jedoch darum, Angebote in Stadtteil- und Familienzentren oder von anderen Trägern wahrzunehmen.

Wichtig ist, dass die Syrer oder Afghanen Kontakte knüpfen können in Vereinen, mit anderen Eltern in den Kitas ins Gespräch kommen oder Kontakt zu Nachbarn knüpfen können. „Denn es ist klar, dass auf diesen informellen Wegen und auf dem Weg persönlicher Beziehungen manche Anliegen viel schneller und unkomplizierter geregelt werden können“, weiß Marcella Turco-Ziegler aus Erfahrung. Da kann es darum gehen, wie man einen passenden Arzt findet oder auch darum, wie man sich in einem Schwimmbad verhält. Denn eine ganz große Schwierigkeit ist mit dem Verlassen des Heimatlandes auch verbunden: Diejenigen, die gehen, lassen zwangsläufig Teile der Familie zurück: die Eltern, die Großeltern, Tanten und Onkel. „Wir sind bei uns in Deutschland ja total durchorganisiert. In anderen Ländern läuft noch viel mehr über persönliche Beziehungen. So wie bei uns vor 50 Jahren“, analysiert Regina Wolf. Da könnten wir manchmal sogar wieder von den Ankommenden lernen, wenn bei uns die Vereinzelung ihre Blüten treibt.

Verbesserte Ausstattung der Kommune

Was sich seit 2014/15 verbessert hat, ist die personelle Ausstattung der Kreise, Städte und Gemeinden. „Damals konnten wir aus dem Stand auf über 400 Ehrenamtliche bauen, etwa über die Flüchtlingshilfe Rebland oder über „Offenburg hilft. Diese Ehrenamtlichen sind nach wie vor eine große Stütze“, würdigt Wolf den Rückhalt in der Bevölkerung. Dennoch sei immer noch Bedarf. Etwa bei der Einzelnachhilfe zum Lernen der Sprache oder auch generell Nachhilfe für Schüler mit Migrationshintergrund. „Denn dabei kommt man mit deutschen Familien in Kontakt, kann Beziehungen herstellen, die wiederum in anderen Bereichen weiterhelfen“, so Wolf.
Hilfe und Tipps fürs tägliche Leben bieten auch Kontakte in Sportvereinen. „Die Offenburger Vereine leisten von Anfang an eine hervorragende Integrationsarbeit. Sie waren in den vergangenen Jahren insbesondere männlichen Flüchtlingen über den Sport wichtige Begleiter und Ansprechpartner“, berichtet Regina Wolf abschließend.

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