Lieferengpässe
Wichtige Medikamente am besten auf Vorrat zu Hause haben

Foto: Glaser
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Ortenau Ob Augentropfen, Fiebersäfte für Kinder oder Penicillin: Immer häufiger sind Arzneien in den Apotheken nicht verfügbar. Glück hat, wer auf eine Alternative zurückgreifen kann. Das ist aber leider nicht immer möglich.

Apotheker warnen schon lang

"Die Situation ist dramatisch", erklärt Friederike Habighorst-Klemm, Vorstandsmitglied des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, auf Anfrage der Guller-Redaktion. Allein in ihrer Apotheke in Emmendingen stünden derzeit 300 Medikamente auf eine Liste, die man täglich versuche wieder zu beschaffen. "Penicillin bekommen wir erst Ende Dezember wieder", nennt sie ein Beispiel. Die Nichtverfügbarkeit ziehe sich durch alle Wirkstoffe durch. "Unser Verband warnt bereits seit zehn Jahren vor Lieferengpässen, wir bringen es auf politischer Ebene immer wieder auf den Tisch", so Habighorst-Klemm. Viel zu sehr habe man sich durch Preis-Dumping in Abhängigkeit gebracht, vor allem von Asien und Indien, wohin die Produktion verlagert wurde. Verschlimmert wurde die Lage durch Corona. "Wir müssen wieder dahin kommen, dass in Europa produziert wird", so ihr Appell. Wer auf eine Dauermedikation angewiesen, dem rät die Apothekerin, unbedingt dafür zu sorgen, eine Packung auf Vorrat zu Hause zu haben. "Damit lassen sich dann mehrere Woche Lieferengpässe überbrücken. Im Allgemeinen kommen die Medikamente dann auch wieder", so Habighorst-Klemm.

Anrufe aus der Apotheke

Ulrich Geiger, Hausarzt in Offenburg, stellt fest, dass schon seit Jahren die Lieferengpässe in verschiedensten Bereichen der Medikamente zunehmen. Nicht selten erhält er einen Anruf aus der Apotheke, dass man dort ein neues Rezept brauche, um dem Patienten ein alternatives Medikament aushändigen zu können. "Ist das nicht möglich, sind Erfahrung, Expertise und das Wissen um Unverträglichkeiten des jeweiligen Patienten gefragt", betont Geiger. In der Allgemeinmedizin passiere das allerdings selten. "Bei einem Blutdruckmedikament kann man in der Regel zum Nachbarprodukt greifen. Bei Krebsmedikamenten dagegen wird es bitter, denn dann muss man mit Zweit- oder Drittlinienlösungen arbeiten", so Ulrich Geiger.
Trotz seit Jahren existierender Engpässe konnte auch das Ortenau Klinikum bisher in jedem Fall die Versorgungssicherheit der Patienten sicherstellen. "Patienten brauchen definitiv keine Angst zu haben. Sie sind im Ortenau Klinikum in besten Händen, das gilt auch für die Versorgung mit Arzneimitteln", betont Pressesprecher Christian Eggersglüß.

„Beschafferteam“

Die Krankenhausapotheke, die 98 Prozent aller Arzneimittel direkt vom Hersteller bezieht, habe mittlerweile ein multiprofessionelles „Beschafferteam“ gebildet, welches eng mit den Herstellern kooperiert und kommuniziert. Von der Knappheit betroffen seien vor allem sogenannte Generika, also Nachahmerprodukte. "Hier kann, da es sehr häufig viele Anbieter gibt, auf ein äquivalentes Produkt einer anderen Firma umgestellt werden. Konkret sind aktuell Säfte, die den Wirkstoff Ibuprofen enthalten, von Lieferschwierigkeiten betroffen. Für den Bedarf, vor allem in unserer Kinderklink, stellen wir in unserer Krankenhausapotheke die Säfte selbst her. So können wir die Versorgungssicherheit gewährleisten", so Christian Eggersglüß. 300 Arzneimittel stehen derzeit auf der Warteliste der Apotheke

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Viele Arzneimittel sind derzeit nicht verfügbar. Nicht nur der Landesapothekerverband fordert, die Produktion wieder nach Europa zu holen. | Foto: Daniela Santo

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