Fußnote, die Glosse im Guller
Knatsch mit Kramp-Karrenbauer

Genau vor einer Woche habe ich mich an dieser Stelle als Wählerin geoutet. Der eine oder andere hat meine Zeilen sogar als Aufforderung verstanden, wählen zu gehen. Ja, das war tatsächlich so gemeint. Nicht geschrieben habe ich, wen ich niemals wählen würde. Was für ein Glück, sonst hätte ich möglicherweise jetzt mit Kramp-Karrenbauer Knatsch. Oder die CDU-Vorsitzende hätte mich sehr gerne, je nachdem für welche Partei eine Ablehung oder Empfehlung ergangen wäre.

You Tuber Rezo

You Tuber Rezo war weniger zurückhaltend. Der drosch verbal auf die CDU ein. Das findet natürlich ganz besondere Beachtung, weil der junge Mann mit dem blauen Pony ein sogenannter Influencer ist. Darunter versteht man Leute, die in digitalen Medien etwas veröffentlichen, was sehr vielen Menschen gefällt. Rezo hat immerhin 1,6 Millionen Abonnenten. Seinen Beitrag zur Wahl haben sogar 13 Millionen Menschen angeschaut.

Kramp-Karrenbauer

Einer von diesen 13 Millionen war Annegret Kramp-Karrenbauer. Und es gefiel ihr gar nicht, dass der Rezo darin so schlecht auf ihre Partei zu sprechen ist. Alles andere wäre für eine CDU-Vorsitzende auch eher verwunderlich. Ihre Überlegungen, deshalb Meinungsäußerungen auf Social Media Kanälen vor Wahlen zu reglementieren, aber erst recht. Wetten, sie hätte keine Sekunde darüber nachgedacht, hätte Rezo die CDU in den höchsten Tönen gelobt. Oder wurden je Promis wie Uschi Glas gerügt, weil sie sich zur Union bekannten?

Pressefreiheit

Bei allen Unterschieden zwischen Rezos direkter Politschelte und meinem indirekten Wahlaufruf verbindet uns doch eins: Keiner kann uns den Mund beziehungsweise das Schreiben verbieten, wenn wir uns an das Gesetz halten. Und das bietet viel Freiraum. Tatsächlich gilt das für jeden Menschen in diesem Land – sogar für Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie kann mit Pauken und Trompeten selbst vor Wahlen auf allen Kanälen verkünden, wen sie warum wählen würde. Ein Recht, von dem alle Politiker übrigens gerne Gebrauch machen. Journalisten sind aus verschiedenen Gründen da eher zurückhaltender. Aber selbst wenn sie es praktisch nicht tun, dürften sie es. Das nennt sich nämlich Pressefreiheit.

Meinungsfreiheit

Diejenigen, die keine Rubrik wie die Glosse im Guller haben, können in Fußgängerzonen Sonntagsreden halten oder eben auf You Tube Filme hochladen. So sie keinen Straftatbestand erfüllen, deckt das die Meinungsfreiheit.

Tabu

Eins sollte dagegen tabu sein, auch für Annegret Kramp-Karrenbauer: dass an diesen in der Verfassung verbrieften Rechten gerüttelt wird. Das ist meine Meinung.
Anne-Marie Glaser

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