Immer wieder sind auf Friedhöfen Diebe am Werk
„Größte Sünde, einen Toten zu bestehlen“

Tatort Baumfriedhof in Lahr: Ein Herz mit weißen Rosen war unter anderem plötzlich verschwunden.
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Ortenau. Doris Lüth hatte für die letzte Ruhestätte ihres verstorbenen Mannes auf dem Baumfriedhof
des Lahrer Bergfriedhofes alles liebevoll vorbereitet: Unter anderem
ein Herz mit weißen Rosen sollte dort, wo die Urne ins Erdreich
verbracht wurde, zieren, doch vor der Beisetzung war alles weg. Die
trauernde Hinterbliebene: „Es ist kaum zu glauben, dass man einen Toten
bestiehlt und keinen Respekt vor dem Tod hat.“

Kein Einzelfall, erfuhr die Witwe vom Bestattungsunternehmer. Philipp Zähringer,
Betreiber des gleichnamigen Lahrer Bestattungsunternehmens sowie des
Blumenhauses Griesbaum, kann das laut Aussagen von vor Ort Beschäftigten
nur bestätigen. Kurz zuvor gepflanzte oder auf einem Grab platzierte
Blumen kommen in diesen Fällen abhanden, finden sich bisweilen auf einer
anderen Grabesstätte wieder.

„Vornehmlich in den Pflanzzeiten kommen frisch gepflanzte Blumen abhanden“, weiß auch Hans-Jürgen Jäger,
Abteilungsleiter Friedhöfe der Stadt Offenburg. Das ziehe sich über den
ganzen Friedhof, wobei die Friedhöfe in den Ortsteilen nicht verschont
blieben, aber nicht so stark wie die beiden Offenburger Friedhöfe
betroffen seien.

Diebstahl von Blumen und Grabausstattungen wie Kerzen, Grablichtern und Weihwasserschalen seien, so Jäger, eher ein
„wiederkehrendes Problem“. Diebstähle wie im Frühjahr 2013, als über 20
Metall- und Bronzekreuze gestohlen wurden, aber eher „punktuelle“ Fälle,
wobei hier offenbar kriminelle Strukturen und der Wertstoffpreis für
Metalle Ursache gewesen seien. Bekannt sei auch, dass schon von
Friedhöfen über die Wintermonate alle Drehventile von Wasserstellen
geklaut wurden.

„Mitarbeiter sensibilisieren und Auflagen melden“ erscheinen dem Abteilungsleiter als geeignete Mittel, um solchen
Diebstählen vorzubeugen. Hans-Jürgen Jäger liegt damit auf der Linie der
Stadt Lahr. Die Friedhofverwaltung habe ihre Mitarbeiter
sensibilisiert, auf Anzeichen von Diebstahl zu achten, wurde auf Anfrage
betont. Für die Mitarbeitenden sei es jedoch in der Regel schwierig, zu
unterscheiden, ob sich der Nutzungsberechtigte oder eine dritte Person
an der Grabstätte befindet.

Was aber geschieht, wenn ein Dieb ertappt wird? Im Fall der geklauten Bronzenkreuze 2013 erstattete die
Stadt Offenburg Sammelklage wegen Grabschändung. Ansonsten, so Jäger,
seien bei Pflanzenklau „die Angehörigen angehalten, persönlich Anzeige
zu erstatten“. Konsequenzen wären Schadensersatz, Bußgeld, Strafe wegen
einer Ordnungswidrigkeit bis hin zu einem Hausverbot.

Derweil erkennt die Stadt Lahr mit Blick auf Friedhofsklau auch familiäre
Ursachen. Es komme vor, „dass mal ein Blumenstrauß oder eine Vase oder
eine kleine Figur entwendet wird“, hieß es auf Anfrage. „In den uns
bekannten Fällen“, so die Friedhofsverwaltung, „sind dem häufig
Familienstreitigkeiten vorausgegangen“.

Doris Lüth, alles andere als eine betuchte Rentnerin, kann unterdessen nicht fassen, was nicht
nur ihr, sondern nach ihrem Kenntnisstand auch anderen widerfuhr. Rund
400 Euro hat sie ausgegeben, um die letzte Ruhestätte ihres verstorbenen
Mannes unter anderem mit dem Herz mit weißen Rosen zu schmücken. „Es
ist die größte Sünde“, sagt sie, „einen Toten zu bestehlen.“

Autor: rö/rek

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