Klimaschutzkonzept der Stadt Kehl
Expertenworkshops geben Impulse

Was können Unternehmen zur Klimaneutralität beitragen?  | Foto: Stadt Kehl
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  • Was können Unternehmen zur Klimaneutralität beitragen?
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Kehl (st) Nachdem zufällig ausgewählte Kehler Bürger an zwei Abenden in der Villa RiWa in Klimawerkstätten allgemeine Handlungsempfehlungen für die Stadt und deren künftiges neues Klimaschutzkonzept erarbeitet haben, waren in einem nächsten Schritt Experten aus den Bereichen Wirtschaft, Mobilität, Kultur und Soziales gefragt. In den jeweiligen Workshops wurden Strategien formuliert, um bis 2040 die Klimaneutralität zu erreichen, schreibt die Stadt Kehl.

Energie

Wurde die Energie- und Treibhausgasbilanz für 2022 noch von konservativen Energieträgern wie Erdgas, Heizöl und im Verkehrsbereich von konventionellen Kraftstoffen dominiert, muss sich der Energiemix in den folgenden Jahren sukzessive ändern. Das Landesklimaschutzgesetz gibt das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis 2040 aus. Diese Ausgangslage stellt die Kehler Wirtschaft vor zwei Herausforderungen: Zum einen muss die Energieversorgung auch bei steigendem Energiebedarf der Unternehmen sichergestellt werden. Und zum anderen lässt sich das von der Landesregierung ausgegebene Klimaschutzziel nur erreichen, wenn sich alle Firmen beteiligen. Daher empfehlen die Wirtschaftsvertreter der Stadt, Firmen verstärkt für die Notwendigkeit von Klimaschutz und Klimaanpassung zu sensibilisieren.

Ein Adressat, den die Anwesenden dabei ins Blickfeld nehmen, sind kleine und mittlere Unternehmen. Der Tenor: „Kleine und mittlere Unternehmen haben es am nötigsten und sind am schwersten zu erreichen.“ Diese Unternehmen könnten beispielsweise durch eine gezielte aufsuchende Arbeit angesprochen und über konkrete Unterstützungsangebote informiert werden. Als möglicher Anreiz wurde auch die öffentlichkeitswirksame Verleihung eines Nachhaltigkeitspreises in festlichem Rahmen, beispielsweise während des Kehler Messdi, erwogen. „Ohne Transformation sind Firmen nicht zukunftsfähig“, waren sich die Vertreter aus der Wirtschaft einig.

Einen großen Stellenwert maßen die Teilnehmenden auch grenzüberschreitenden Kooperationen im Energiesektor bei. Beispielhaft wurde dabei auf das aktuelle Abwärmeprojekt der grenzüberschreitenden Gesellschaft Calorie Kehl-Strasbourg in Zusammenarbeit mit den Badischen Stahlwerken verwiesen. Dabei soll die Abwärme von Kehls größtem Industrieunternehmen dazu genutzt werden, Wohngebäude, öffentliche Einrichtungen und Unternehmen beiderseits des Rheins mit Heizenergie zu versorgen. Der erste Beigeordnete, Thomas Wuttke, dankte den Anwesenden für ihre Impulse und Anregungen. Diese dienen als Grundlage für einen Maßnahmenkatalog, der das Herzstück des Klimaschutzkonzepts bildet und anschließend dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt wird.

Mobilität

Im Rahmen des Expertenworkshops Mobilität wurden verschiedene Vorschläge erarbeitet, wie die Stadt ihre Strategie gestalten kann, um die angestrebte Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen.

Ein häufig genannter Aspekt betraf die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur. Insbesondere wurde auf das Defizit an wohnungsnahen Fahrradabstellmöglichkeiten hingewiesen. Während für PKW ausreichend Parkplätze in der Stadt vorhanden seien, fehle es an sicheren und attraktiven Stellplätzen für Fahrräder – besonders direkt vor Wohngebäuden. Die Teilnehmenden regten an, dass die Stadt gezielt Anreize schaffen solle, um das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel zu stärken.

Auch der Ausbau von Bike-Sharing-Angeboten wurde als wichtiger Baustein einer nachhaltigen Mobilitätsstrategie hervorgehoben. Eine hohe Dichte an Stationen sei notwendig, um insbesondere Pendlern den sogenannten „First und Last Mile“-Weg – also von der Wohnung zur Haltestelle und zurück – komfortabel zu ermöglichen. Ähnliches wurde für Carsharing-Konzepte vorgeschlagen, die stärker gefördert und besser in bestehende Mobilitätsangebote integriert werden sollten.

Parkraum als Instrument

Potenzial sahen die Teilnehmenden auch im Bereich der Parkraumbewirtschaftung. Maßnahmen wie kostenpflichtiges Anwohnerparken und die generelle Einführung von Parkgebühren wurden als mögliche Instrumente genannt, das Verkehrsaufkommen in der Stadt zu reduzieren. Die daraus erzielten Einnahmen könnten gezielt in den Ausbau nachhaltiger Mobilitätsangebote investiert werden.

Dass Klimaschutz im Verkehr auch eine neue Kultur der Fortbewegung erfordert, wurde durch den Vorschlag eines sogenannten „Busses auf Beinen“ deutlich – eines Laufbusses, der Elterntaxis ersetzt und Kinder frühzeitig für klimafreundliche Mobilität sensibilisiert. Ergänzend wurde angeregt, Halteverbote für PKW vor Schulen zu prüfen, um alternative Mobilitätsformen sichtbarer und attraktiver zu machen.

Ein weiterer Vorschlag war die Entwicklung eines Kommunikationsplans für nachhaltige Mobilität, um ein breites gesellschaftliches Umdenken zu fördern. Sichtbare und innovative Maßnahmen könnten helfen, alte Mobilitätsgewohnheiten zu hinterfragen und neue Perspektiven zu eröffnen.

Darüber hinaus wurden Themen angesprochen, die außerhalb des unmittelbaren Einflussbereichs der Stadt liegen, aber durch gezielte Interessenvertretung unterstützt werden könnten. Dazu zählt insbesondere die Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr hin zu umweltfreundlicheren Verkehrsträgern. Im Schienenverkehr wurde angeregt, einen dichteren Takt der Ortenau-S-Bahn sowie eine direkte Anbindung der Stadt an die Achsen Karlsruhe und Freiburg anzustreben. Auch die Tarifintegration zwischen Kehl und Straßburg sowie die Entwicklung eines grenzüberschreitenden digitalen Ticketings mit Echtzeitinformationen wurden als zentrale Punkte genannt. Nur durch die Harmonisierung der Systeme könne die Nutzung des ÖPNV über Stadt- und Landesgrenzen hinweg attraktiver gestaltet werden.

Kultur und Soziales

Vielleicht erschließt sich nicht auf den ersten Blick, wie die Bereiche Kultur und Soziales zum Klimaschutz beitragen können, doch sprudelten die Vertreter von Vereinen, sozialen und kulturellen Einrichtungen im Workshop vor Ideen. Und machten sich gleichzeitig Gedanken, wie die von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden könnten. Einigkeit bestand recht schnell darüber, dass Anreize geschaffen werden müssen: „Es muss den Leuten was bringen, dass sie mitmachen.“ So könnte die städtische Vereinsförderung daran gekoppelt werden, dass Vereine Klimaschutzmaßnahmen umsetzen, lautete ein Vorschlag; wer an einer Infoveranstaltung zum Klimaschutz teilnehme, könnte als Bonus einen Gutschein für den Kehler Einzelhandel bekommen, ein anderer.

Veranstaltungen und Beteiligungsangebote, wünschte sich eine Reihe von Teilnehmenden, müssten frei von Barrieren jeglicher Art auch für Menschen mit Beeinträchtigungen zugänglich sein. Gerade bei Bürgerbeteiligung sei es wichtig, dass auch Personen mit Einschränkungen mitmachen können, um ihre speziellen Bedarfe einzubringen.

Energiesparen

Energiesparwettbewerbe in Schulen wurden als Möglichkeit vorgeschlagen, um den Klimaschutz über die Kinder in die Familien zu tragen. Als wichtig wurde dabei erachtet, dass die Kinder und Jugendlichen über Zähler den jeweiligen Verbrauchsstand einsehen können. Das Geld, das sie an Energiekosten einsparten, sollte dann an die Schulen und Kitas ausgezahlt werden. Gerade weil Konsum in der heutigen Zeit eine solch große Rolle spiele, „sollte weniger Konsum belohnt werden, auch von den Energieversorgern“, fanden Teilnehmende. Andere schlugen vor, analog zum Stadtradeln, eine Energiesparwoche zu veranstalten, mit einer Prämierung der eifrigsten Klimaschützer. Manchen erschien eine Woche zu kurz, sie fänden einen Zeitraum von einem Monat besser, mit Aktionen in unterschiedlichen Teilen der Kernstadt und den Ortschaften.

Tauschräume für gebrauchte Gegenstände oder Kleidung und das Repair-Café sollte es im gesamten Stadtgebiet geben, wünschten sich einige. Auch eine Mediathek der Dinge, wo man sich Werkzeug oder Haushaltsgeräte ausleihen kann, könnten den Konsum eindämmen. Hierbei allerdings musste Mediatheksleiterin Sonja Kuhlmann berichten, dass bei der Pop-up-Mediathek einige der ausgeliehenen Dinge „nicht zurückgekommen sind“. Klimaschutzmanagerin Christine Gerardin verwies darauf, dass selbst für das eine, im Monatsrhythmus stattfindende Repair-Café permanent Ehrenamtliche gesucht würden. Aus diesem Grund blieb auch offen, ob Vereine Klimaschutzmaßnahmen umsetzen könnten, wenn die Stadt das benötigte Material stellen würde.

Die mehrsprachigen Energiesparhelfer, die es vor der Corona-Pandemie gegeben habe, sollten reaktiviert werden, um Familien zu Hause über Maßnahmen aufzuklären, wie sie Energiekosten sparen können, lautete ein weiterer Vorschlag, der auf freiwilliges Engagement setzt. Zumindest zwei Teilnehmende erklärten im Workshop, dass sie sich gerne einbringen würden, „im Überfluss der Informationen“ die richtigen Möglichkeiten zu finden, sei jedoch ziemlich schwierig: „Manche wollen sich engagieren, finden aber nichts.“

Was können Unternehmen zur Klimaneutralität beitragen?  | Foto: Stadt Kehl
Mobilität verändern, um klimaneutal zu werden. | Foto: Stadt Kehl
Wie können Vereine und Schulen auf dem Weg mitgenommen werden? | Foto: Stadt Kehl

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