Windkraft auf der Schwend
Hattenbach und Börsig beziehen Stellung

Die Bürger Oberkirchs entscheiden am Sonntag, ob zwei Windräder auf der Schwend errichtet werden.  | Foto: ag
  • Die Bürger Oberkirchs entscheiden am Sonntag, ob zwei Windräder auf der Schwend errichtet werden.
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Kappelrodeck (st) „Ja, es braucht Windkraft. Und Kappelrodeck ist dafür in der Region proaktiv: Windkraftanlagen im Wirkkreis werden unterstützt. Beim Bau einer Anlage in Sichtweite unserer Ortslage wird die Gemeinde Kappelrodeck nach dem Willen des Gemeinderates sogar selbst zum Windkraftanlagen-Betreiber“, so Bürgermeister Stefan Hattenbach in einer Presseerklärung der Gemeinde Kappelrodeck.

Die aktuelle klassische, aber verallgemeinernde Diskussion über pro und contra Windkraft sei fehl am Platz. Und leider werde dafür die unberührte und infrastrukturell nicht vorbelastete Schwend missbraucht, so Hattenbach weiter, denn: Es gehe hierbei um eine konkrete Standortfrage. „Und da darf abseits des grünen Tisches differenziertes Denken und ein genauer Blick auf den Standort, die Natur und die Menschen erlaubt sein“, so Hattenbach.

Frage von Haltung und Moral

Diese Frage sei für ihn auch eine Frage der Haltung und Moral: "Wie wollen wir als Nachbarn und Mitmenschen einer gemeinsamen Region zusammenleben? Wie gehen wir mit deren berechtigten Anliegen und miteinander um? Was ist uns gute Nachbarschaft wert?
Denn die kuriose Situation: Die Stimmberechtigten sind nicht betroffen. Und kein einziger der Betroffenen ist stimmberechtigt. Das unterscheidet den Bürgerentscheid über die abgelegene Gemarkungs-Insel 'Schwend' von jeder Entscheidung repräsentativer kommunaler Gremien oder anderen Bürgerentscheiden", führt der Kappelrodecker Rathauschef weiter aus.

Nichtsdestotrotz sei es für den Waldulmer Ortsvorsteher Johannes Börsig und Bürgermeister Stefan Hattenbach legitim, die Standorte „im eigenen Garten“ Oberkirchs abzulehnen. Glaubhafter wäre es allerdings, wenn man nicht im gleichen Atemzug den Menschen der Nachbargemeinden zwei Windkraftanlagen „hindrücke“. Und das auf einer geographischen Insel abseits der eigenen Gemarkung und gerade mal gut 500 Meter entfernt von den Wohnhäusern und Höfen der Menschen, die seit Jahrhunderten die Schwend bewohnen und pflegen. Und dort gerne auch in Zukunft leben wollen.

„Es ist wie bei der Standortwahl für einen zweifelsfrei guten und sinnvollen Komposthaufen: Selbst wenn ich es rechtlich dürfte, stellt sich die Frage, ob ich diesen meinen Nachbarn vor die Haustüre setzte. Oder, wie in unserem Fall: Mitten auf Nachbars Terrasse“, so Hattenbach. 

Die Stadt Oberkirch habe 2017 die vergleichsweise schlechte Windhöffigkeit bestätigt und auch deshalb die ganz Flächennutzungsplanung für Windkraft ad acta gelegt, wie in den städtischen Gemeinderatsunterlagen nachzulesen sei. Die Erforderlichkeit von zwei überdurchschnittlich großen geplanten Windrädern für den Investor, mit riesigen Nabenhöhen und Rotordurchmessern belege dies einmal mehr. Es wären vermutlich die größten im ganzen Schwarzwald.

Die unterschiedlichen artikulierten Meinungen zum Projekt zeigten auch: Die Motivation sei nicht nur der Klimaschutz. Die Motivation sei für einige überwiegend finanziell. Koehler selbst erbringe den Bewies dafür: Der regenerative Strom aus dem eigenen Biomasse-Kraftwerk - mehr als der Ertrag, den die beiden gewünschten Windräder hätten - werde nicht selbst genutzt, sondern verkauft. Weil es lukrativer sei.

Johannes Börsig meint dazu: „Dabei sollte unser aller Ziel nicht sein, möglichst viele Windräder zu bauen. Denn Prestige- und Symbolpolitik oder die Nutzung von Umlage- und Steuersparmodellen sind fehl am Platz - sowohl in der Energie- als auch in der Unternehmens- und Lokalpolitik.“

Hattenbach ergänzt: „Unser aller Ziel sollte es sein, möglichst ökologisch, effizient und natur- und sozialverträglich den benötigten Windstrom zu erzeugen. Gebündelt, an den guten Standorten im Land, unabhängig von Gemarkungsgrenzen, erlösbaren Pachteinnahmen oder Fünf-Kilometer-Radien um Fabriken - allesamt eher zufällige Situationen und Konstellationen.“

Und das auch, damit keine unnötige Verteuerung der Energiewende für Verbraucher erzeugt werde und Steuergeld der Bürger im Kampf gegen den Klimawandel maximal klimaeffizient eingesetzt werden könne. „Dass das gelingen kann, dafür gibt es viele gute Beispiele. In der Region und im Land“, so Hattenbach.

„Doch selbst wenn der Entscheid sich gegen die Bürger der Schwend und aller umgebenden Nachbargemeinden richten würde - es bleiben viele grundlegende Fragen zu K.o.-Kriterien, wie zum Beispiel die ungeklärte, da wohl aussichtslose Zufahrt zur Fläche über fremde Gemarkungen und Grundstücke“, so Ortsvorsteher Johannes Börsig.

Gesellschaftlicher Friede

Was aus Sicht von Ortsvorsteher und Bürgermeister mit der holprigen und unprofessionell anmutenden Kommunikation und dem überfallartigen Vorgehen in „Kopf-durch-die Wand-Manier“ bedauerlicherweise schon erreicht worden sei: Es sei nutzlos gespalten und der gesellschaftliche Frieden beschädigt worden. „Auch der hat einen Wert, auch wenn er sich nicht in Euros berechnen lässt“, so Hattenbach.

„Dieser gesellschaftliche Frieden in der Region und den Mitmenschen könnte von den Stimmberechtigen mit einem Bekenntnis zu Solidarität mit ihren Mitmenschen wieder hergestellt werden“, so Börsig und Hattenbach abschließend. Und weiter: „Ein Verweis auf Rechtsmittel und Verfahren überzeugt nicht: Die Schwender haben eine bekanntermaßen schwache Position, müssten bei Streitwerten in Millionenhöhe gegen eine Übermacht ankommen, hätten die Beweislast und müssten teure Gutachten fertigen lassen. Deren Erstellung die Stadt Oberkirch übrigens mit einem vermutlich unrechtmäßigen Betretungsverbot für ihren Wald auf der Schwend verhindert - weil es aus ihrer Sicht neben den Koehler-Gutachten keine anderen Sichtweisen unabhängiger Fachgutachter braucht.“ Eine Oberkircher Einschätzung, die die zuständigen Behörden, die die Gutachten bewerten, allerdings nicht teilten.

Es gebe für Koehler mit etwas gutem Willen mehrere umsetzbare Alternativen zur Schwend, mit allesamt nachweislich besseren Windhöffigkeiten und in Summe weniger Konfliktpotenzial, wie der Regionalplan-Entwurf belege. Darüber hinaus wäre es für die Stadtverwaltung Oberkirch ein Leichtes, mit einer eigenen Flächennutzungsplanungen sogar weitere Flächen zur Windkraftnutzung auszuweisen - für Koehler oder sich selbst. Darauf weise auch der Regionalverband regelmäßig hin, so die Hattenbach und Börsig abschließend.

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