1997 wurde zum 150. Jahrestag der badischen Revolution groß gefeiert
Besucher erleben die erste dreitägige "Freiheitssause"

Das Ausrufen der 13 Forderungen des Volkes stehen abwechselnd jedes Jahr im Mittelpunkt des Freiheitsfestes.
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  • Das Ausrufen der 13 Forderungen des Volkes stehen abwechselnd jedes Jahr im Mittelpunkt des Freiheitsfestes.
  • hochgeladen von Rembert Graf Kerssenbrock

Offenburg (ast). Das Offenburger Freiheitsfest, als Symbol des badischen Freiheitskampfes, der 1847 seinen kämpferischen Höhepunkt in Offenburg fand, wurde 1997 erstmals mit „lutherischer Derbheit“ mit Informationsveranstaltungen, Lesungen, Podiumsdiskussionen und Schwein am Spieß begangen. Die 13 Forderungen, die 150 Jahre zuvor im Offenburger Salmen verkündet worden waren, bilden heute nicht weniger als die Grundlage des gültigen Grundgesetzes. Hans-Joachim Fliedner, seinerzeit Fachbereichsleiter Kultur war der Mann der Stunde, der dieses fulminante Geschichtsspektakel von langer Hand geplant hatte. Sechs Jahre wurden Gespräche mit Vereinen, Gemeinderäten, Bürgermeistern – damals Wolfgang Bruder als Oberbürgermeister und Christoph Joopen als Kulturdezernent – und Verbänden geführt.

Mehrere 1.000 Menschen waren an den Vorbereitungen beteiligt. Die Vorbereitungen und Planungen waren umfassend angelegt. So waren neben Mitgliedern etwa des Eisenbahnervereins (für den Informationsfluss verantwortlich) oder der Offenburger Jugendkunstschule auch Unternehmen wie Burda (dort wurden die Schnittmuster für die Biedermeierkleider erstellt) oder die Kronenbrauerei, die erstmalig ein eigenes Freiheitsbier kreierte, brachten sich ein. Die vielen Gruppierungen wie Männergesangsvereine, Eisenbahner-, Bergarbeiter- und Turnvereine waren im 19. Jahrhundert diejenigen, die an den Revolutionsvorbereitungen maßgeblich beteilegt waren, kamen auch 1997 zum Zuge.

Die historischen Männer Hecker und Struve waren die radikalen öffentlichen Verfechter, die den Zug ins Rollen brachten. Die Darstellung ihrer feurigen Rede für die Freiheit im Salmen ist ein wiederkehrendes Spektakel auf dem Freiheitsfest. So allumfassend wie möglich wurde die Szenerie dieses geschichtlichen Meilensteins der deutschen Demokratiegeschichte durch Aufführungen und zeitgenössische Nachbauten in das Jahr 1997 transportiert.

Fliedner spricht voller Engagement und Begeisterung über die sechs Jahre dauernde Planung, die Gespräche und die praktische Umsetzung aller Ideen. Sein Fundus an Geschichte, Geschichten und Anekdoten rund um das erste Freiheitsfest scheinen unerschöplich und ergäben genug Stoff für ein ganzes Buch. „Eigentlich wollte ich dieses Fest schon 25 Jahre vorher, zum 125-jährigen Jubiläum initiieren“, erzählt der heute 80-Jährige. Aber 1972, eine Zeit in der die Bundesrepublik und das demokratische Grundverständnis unter anderem durch die Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) erschüttert wurde, wollte sich niemand so recht an dieses Thema trauen.
Der damalige Bundesjustizminister Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig hielt 1997 ein Kolloquium zur Pressefreiheit. Mit populärwissenschaftlichen Publikationen und weiteren Kolloquien über das gesamte Jubiläumsjahr verteilt, wurden weite Bevölkerungskreise über die „Badische Revolution 1847/48 informiert. 130.000 Besucher nahmen damals an der dreitägigen „Freiheitssause“ teil.
In der Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden „Erinnerungskultur in Offenburg: Bilanz und Blick in die Zukunft“, heißt es: „Die Offenburger Forderungen des Volkes und die Demokratiebewegung sind tatsächlich mit dem Freiheitsfest 1997 wieder in das Bewußtsein der Stadtgesellschaft vorgedrungen.“

Carmen Lötsch, heute die Fachbereichsleiterin Kultur in Offenburg, tritt nun in Hans-Joachim Fliedners große Fußtapfen und arbeitet bereits jetzt auf das 175-jährige Jubiläum dieses großen Tages in der Badischen Geschichte hin. 2022 soll wieder spektakulär werden – und der Guller wird 25.

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