Medizinisches Personal Ortenau
"Trauerzug" gegen Impfpflicht angekündigt

Foto: Medizinisches-Personal Ortenau

Ortenau (rek/st). Das Netzwerk "Medizinisches-Personal Ortenau" veranstaltet am Mittwoch, 16. März, einen sogenannten Trauermarsch mit anschließender "symbolischer Niederlegung der Berufsurkunden". Der Veranstaltung beginnt um 15.30 Uhr am Rée-Carré und endet beim Landratsamt in Offenburg. 

In diesem Zusammenhang hat das Netzwerk einen offenen Brief an Landrat Frank Scherer veröffentlicht. Den Brief, unterschrieben von Dr. Hans-Jürgen Vogel. Er ist Arzt am Medizinischen Versorgungszentrum des Landkreises in Achern.

Offener Brief im Wortlaut

"Sehr geehrter Herr Landrat Scherer,

in diesem offenen Brief möchte ich mich im Namen des Netzwerks „Medizinisches Personal Ortenau“ an Sie in Ihrer Funktion als Landrat wenden. Mittlerweile zählen wir über 600 Mitglieder aus sämtlichen medizinischen Einrichtungen der Ortenau und wir werden täglich mehr – Geimpfte wie auch Ungeimpfte.

Die Gründe, warum wir am 16. März 2022 symbolisch unsere Berufsurkunden vor dem Landratsamt zu Grabe tragen werden, sind Ihnen hinreichend bekannt und müssen nicht erneut zusammengefasst und wiederholt werden.

Bedauerlicherweise ist Ihrem Antwortschreiben vom 23. Februar 2022 zu entnehmen, dass Sie für eine entsprechende Aktion nicht zur Verfügung stehen. Sie schreiben ebenfalls, dass Sie der falsche Adressat dafür seien: „Meine Kreisverwaltung“ sei „nur die ausführende Behörde, die sich an die geltenden Gesetze zu halten“ habe sowie dass „mein Gesundheitsamt die Ermessensspielräume bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nutzen“ werde.

Die Ermessensspielräume hat das Ministerium in der sog. „Handreichung“ vom 2. März 2022 skizziert. Diese „Handreichung“ hat allerdings nichts damit zu tun, dass man sich hier tatsächlich die Hände reicht, sondern gibt „Ihrem“ Gesundheitsamt den Rahmen vor, wie mit ungeimpftem Personal zu verfahren ist. Hier wird unter anderem unterschieden zwischen „versorgungskritischen und versorgungsunkritischen Bereichen“. Es ist die Rede von Sanktionen wie Bußgeldern oder Zwangsgeld „parallel zu den in § 20a IfSG vorgesehenen Durchsetzungsmechanismen“.

Der Amtschef für Pandemiebewältigung, Herr Prof. Uwe Lahl, bietet in einer Pressemitteilung vom 2. März 2022 als Alternative zum kritisierten mRNA-Impfstoff noch den sog. „Totimpfstoff“ Novavax® an. Aber auch dies ist eine Mogelpackung! Denn erst derjenige, der nach der 3. Dosis einen mRNA-Impfstoff erhält, gilt als vollständig geimpft!

Auf Seite 19 der „Handreichung“ ist folgendes zu lesen: „Im Rahmen der Ermessensabwägung ist auch zu prüfen, ob weniger einschneidende Maßnahmen als ein Betretungs- oder Betätigungsverbot denkbar sind. So ist eine ggf. befristete Gestattung einer weiteren Tätigkeit mit Nebenbestimmungen i. S. d. § 36 LVwVfG [Landesverwaltungsverfahrensgesetz] möglich, z.B. tägliche Testung, Tätigkeit unter Vollschutz, Tätigkeit ausschließlich ohne Kontakt zu vulnerablen Personengruppen.“

Sehr geehrter Herr Scherer: Jemandem, der sein Leben einem sozialen oder medizinischen Beruf gewidmet hat, ist nicht damit gedient, Zugeständnisse zu erhalten mit den Formulierungen: „Ermessensabwägung“, „zu prüfen“, „weniger einschneidende Maßnahmen“, „denkbar“, „ggf. befristete Gestattung“ oder „möglich“. Denn jeder weiß, dass man ganz schnell mal als Einzelperson als versorgungsunkritisch bewertet und aussortiert werden kann. Und es betrifft alle! Jeder, der heute noch als „geimpft“ gilt, wird in 3, 6 oder 9 Monaten wieder „ungeimpft“ sein!

Während sich ein Land nach dem anderen von der Impfpflicht verabschiedet, hält Deutschland und insbesondere Baden-Württemberg krampfhaft daran fest, als wisse man alles besser.

Aus diesen Gründen werden die unliebsamen Proteste weiter gehen, bis diese unsägliche „berufsbezogene Impfpflicht“ vom Tisch ist!

Was Sie als Landrat dazu beitragen könnten? Sie könnten sich als gewählter Vertreter für die weitere medizinische Versorgung der 430.000 Ortenauer einsetzen, so wie viele andere Landräte und Leiter von Gesundheitsämtern der Bundesrepublik dies auch tun! Es erfordert Verantwortungsbewusstsein und Courage, sich schützend vor die Menschen zu stellen, die einem anvertraut wurden und sich nicht hinter den Verordnungen und Gesetzen zu verstecken, die unser Land seit genau 2 Jahren ersticken!

Wie schon Angela Merkel im Juli 2019 bei einem Rekrutengelöbnis feierlich sagte: „Es gibt Momente, in denen Ungehorsam eine Pflicht sein kann. Momente, in denen man nur dann Anstand und Menschlichkeit wahrt, wenn man sich gegen einen Befehl, gegen den Druck von Vorgesetzten oder auch den Druck der Masse auflehnt und gegenhält. Es gibt Momente, in denen der Einzelne die moralische Pflicht hat, zu widersprechen und sich zu widersetzen. Das erkennt auch unsere Verfassung an. In Artikel 20 unseres Grundgesetzes ist das Recht zum Widerstand festgeschrieben. Und zwar ich zitiere: Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Zur Erinnerung: die einrichtungsbezogene Impfpflicht verstößt gegen folgende Artikel im Grundgesetz:

  • Artikel 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
  • Artikel 2: Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
  • Artikel 3: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
  • Artikel 4: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
  • Artikel 12: Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

Sehr geehrter Herr Scherer, nehmen Sie sich ein Beispiel an uns, die wir Sanktionen in Kauf nehmen, um nicht nur unsere, sondern auch die Grundrechte und Berufe der nachfolgenden Generationen zu verteidigen! Die dafür kämpfen, dass sich Menschen überhaupt noch in unseren Berufen ausbilden lassen wollen! Und wir wollen weiterhin noch die Möglichkeit haben, ab dem 16. März 2022 unsere Arbeitsplätze im medizinischen Bereich zu wechseln, denn: Neuanstellungen sind laut Gesetz ab diesem Datum für Ungeimpfte ausgeschlossen!

Wir sind gerne dazu bereit, wirklich einander die Hände zu reichen und gemeinsam Lösungen für die Ortenau zu finden, wenn Sie dies auch wollen. Wir sitzen alle in einem Boot. Auch im eigenen Krankheitsfall sind Sie auf eine bestmögliche medizinische Versorgung in der Ortenau angewiesen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. Hans-Jürgen Vogel, Achern - im Namen des Netzwerks „Medizinisches Personal Ortenau“

Der Offene Brief von Landrat Frank Scherer als Reaktion 

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