Bei Schöffen ist der gesunde Menschenverstand gefragt
Bewerbungsfrist für Interessenten läuft

Eine juristische Vorbildung ist bei Schöffen ausdrücklich nicht erwünscht.
  • Eine juristische Vorbildung ist bei Schöffen ausdrücklich nicht erwünscht.
  • hochgeladen von Stefan Schartel

Ortenau (gro). Nur noch bis zum 15. April können sich Bürger in Rheinau um das Amt als Schöffe in allgemeinen Strafsachen oder als Jugendschöffe bewerben.  Jede Kommune in der Ortenau hat eine bestimmte Anzahl von Plätzen zu vergeben und eine eigene Bewerbungsfrist. Gewählt werden die Bewerber durch den Gemeinderat ihrer Heimatstadt. Ob man dann als Schöffe eingesetzt wird, entscheidet letzten Endes das zuständige Gericht.

Fünf Jahre war Engelbert Braun aus Freistett Schöffe beim Landgericht Offenburg. "Mich hat das Amt interessiert", erklärt er seine Motivation für die Bewerbung. "Ich wurde zu den unterschiedlichsten Fällen bestellt: sämtliche Betrugssachen, Diebstahl, aber auch Tötungsdelikte." Gerade die Letzteren seien ausgesprochen anspruchsvoll gewesen. "Gott sei Dank, war aber kein Mord dabei", erinnert sich Engelbert Braun. 

Am Landgericht gibt es in der Verhandlung einen Berufsrichter und zwei Schöffen: "Schöffen haben die gleichen Rechte wie die hauptamtlichen Richter. Wir dürfen Fragen stellen, um alle Aspekte des Falles sichtbar zu machen."

Eine juristische Vorbildung ist nicht erforderlich. "Im Gegenteil", so Engelbert Braun, beim Schöffenamt ginge es um den gesunden Menschenverstand. "Man muss unvoreingenommen in der Verhandlung sein", macht er deutlich. "Es geht darum, sich durch seine Fragen ein Bild vom Angeklagten zu machen." Dabei sei es sehr wichtig, in welcher Form die Fragen gestellt würden: "Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, sie hätten schon eine vorgefertigte Meinung. Die Fragen müssen der Klarstellung des Sachverhalts dienen." Denn schließlich hätten Anwälte in so einer Situation das Recht, einen Schöffen als befangen abzulehnen. 

"Zu Beginn der Amtszeit erhält man eine gute Einführung. Dabei lernt man nicht nur die Örtlichkeiten und den Ablauf kennen, sondern wird auch auf seine Rechte und Pflichten hingewiesen", erklärt Engelbert Braun das Prozedere.

Auch bei der Urteilsfindung kann der Schöffe Einfluss nehmen. "In meiner Zeit war es so, dass der Richter im Rahmen der Beratung erklärte, was möglich ist. Denn es gibt eine gewisse Bandbreite bei der Urteilsfindung", erläutert Engelbert Braun. Wirklich uneins sei er nie mit den Richtern gewesen: "Sie haben alles sehr gut erklärt, was von Seiten des Gesetzes möglich ist. Ich erinnere mich, dass ich einmal eine längere Haftstrafe für einen Angeklagten gefordert hatte, denn ich dachte, er könne so einen Beruf lernen und sein Leben wieder in den Griff bekommen", erzählt Braun.

Für Engelbert Braun war nach einer Periode Schluss. "Man darf das Amt sowieso maximal zwei Perioden inne haben", sagt er. Eine Periode dauert fünf Jahre, die nächste geht von 2019 bis 2023: "Ich halte das für eine gute Regelung, denn nach zehn Jahren ist man nicht mehr unbefangen."
Sechs bis acht Mal im Jahr wurde Braun zu seiner Zeit als Schöffe einbestellt: "Und dann auch nicht in Fällen, in denen es um Bürger aus Rheinau ging, denn das würde ja den eigenen Lebensraum betreffen." Für ihn war das ein zumutbarer Aufwand. "Es ist sehr interessant, einen so tiefen Einblick in die Rechtsprechung zu bekommen. Selbst wenn es einige Zeit in Anspruch nimmt und es Fälle gibt, die belastend sein können", zieht Braun Bilanz.

Wer sich für das Amt des Schöffen interessiert, sollte zwischen 25 und 69 Jahren alt sein. Wählbar sind deutsche Staatsangehörige, die die deutsche Sprache ausreichend beherrschen. Wer bereits zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde oder gegen wen ein Ermittlungsverfahren wegen einer schweren Straftat schwebt, die zum Verlust von Ehrenämtern führt, ist von der Wahl ausgeschlossen. Auch hauptamtlich für die Justiz Tätige dürfen sich nicht bewerben.

Der ursprüngliche Artikel wurde bezüglich der Bewerbungsfristen geändert.

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