Fußnote, die Glosse im Guller
Ein Nutri-Score für glokale Mimas

In Frankreich gibt es ihn schon. Und wenn der Bundesrat den Plänen von Bundesministerin Julia Klöckner grünes Licht gibt, soll der Nutri-Score ab November den Kunden auch in Deutschland erleichtern, sich bewusster zu ernähren. Dann können sie nämlich auf den Verpackungen ganz leicht auf einer fünfstufigen Skala von A bis E erkennen, wie positiv das Produkt zu bewerten ist.

Freiwillige Kennzeichnung

Okay, das gilt vielleicht nicht für alle Lebensmittel. Ob ein Hersteller den Nutri-Score aufdruckt, bleibt ihm nämlich selbst überlassen. Aber ich glaube an das Gute in Lebensmittelproduzenten. Sicher werden auch die Hersteller von Cola und Schokoschaumküssen mit dem Nutri-Score arbeiten. Was ist denn schon dabei, Käufer durch die Kennzeichnung eines schlechten Nährwerts abzuschrecken?

Revolution der Ernährungsgewohnheiten

Ich freue mich bereits darauf, wie der Nutri-Score meine Ernährungsgewohnheiten revolutionieren wird. Ein Blick auf die Verpackung genügt dann, um festzustellen, dass die Naschtomaten aus holländischen Treibhäusern ein besserer Snack sind als die hausgemachten Nuss-Pralinen einer Ortenauer Konditorei. Da kommt doch kein Mensch aus eigener Intelligenz drauf, dass Letztere mehr Fett und Zucker enthalten. Vor allem aber wird sich beim Betrachten des Nutri-Scores die Lust auf edle Schokolade sofort in unbändigen Appetit auf geschmacksneutrale Nachtschattengewächse verwandeln.

Snackification

Apropos Snack: Isst du noch oder snackst du schon? Diese Frage muss sich jeder stellen, der in Sachen Nahrungsaufnahme auf der Höhe der Zeit sein will. Der diesjährige Food-Trend heißt Snackification. Das klingt cool, heißt aber nur, dass man immer dann etwas futtert, wenn der kleine Hunger kommt. In meiner Jugend war das verpönt, weil es den Appetit auf die Hauptmahlzeiten verdarb. Von denen gab es drei, dazwischen ein Schulbrot und höchstens nachmittags ein süßes Teilchen zum Kaffee oder Kakao. Gegessen wurde in der Familie. Auch damit ist Schluss beim angesagten Snacken. Es lebe die individuelle Mini-Mahlzeit, kurz Mima genannt.

Denkfaule Food-Fashionista

Übrigens lautet das Mima-Motto: glokal – das ist die Fusion aus global und lokal. Da wird der Kohlrabi aus Schutterwald im Wok mit tasmanischem Bergpfeffer und Sojasoße gedünstet. Ideal ist natürlich, wenn so etwas als Fertiggericht im Supermarkt-Kühlregal angeboten wird, geadelt von einem Nutri-Score-A. Was braucht eine denkfaule Food-Fashionista wie ich mehr zum Glück!
Anne-Marie Glaser

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