Eltern hoffen auf Normalität
Spieletreff wird in Corona-Krise zur Leihbörse

Jede Menge Auswahl | Foto: privat

Kehl (st). Seit knapp einem Jahr bietet die Gemeinwesenarbeit Kehl-Dorf an der Schutterstraße dem Spieletreff ein Dach. Dabei handelt es sich um ein Kooperationsprojekt für Eltern, deren Kinder noch keinen Kitaplatz haben. Dort können Kinder gemeinsam spielen und soziale Kontakte knüpfen, die Eltern können sich austauschen und die Offene Arbeit in den städtischen Kindertageseinrichtungen kennen lernen. „Meist treffen sich hier Familien mit verschiedenen Nationalitäten“, berichtet die Integrationsbeauftragte Raya Gustafson. Die Corona-Krise hat den Spieletreff ausgebremst. Er öffnet nur noch an zwei statt drei Tagen und reduziert sein integratives Konzept auf den Verleih von mehrsprachigen Büchern und Spielsachen. Auch und gerade wegen der Pandemie bleibt er für die Familien eine wichtige Anlaufstelle.

Enas Derbas-Hajir sitzt mit Mund- und Nasenschutz in den Räumen des Jugendtreffs an der Schutterstraße. Der Tisch ist randvoll mit Kinderbüchern, Puzzles und Gesellschaftsspielen. Im Hintergrund spielen ihre beiden Kinder mit Bauklötzen. Sie wartet auf Familien, die kommen, um sich Spielsachen auszuleihen. „Während der Corona-Zeit langweilen sich die Kinder zuhause und die Eltern suchen nach Beschäftigungen“, berichtet Enas Derbas-Hajir. Hier setzt der Verleih an. „Die Mütter nehmen Spielsachen und Bücher mit und bringen sie beim nächsten Mal wieder.“

Es ist ein simples Prinzip. Doch die ehrenamtliche Arbeit von Enas Derbas-Hajir geht darüber hinaus. Denn: Die Eltern kommen auch mit Fragen, zu Corona, zu Sprachkursen, zur Wohnungssuche, zu Kitaplätzen. „Die Stadt und Raya Gustafson unterstützen uns hierbei sehr niederschwellig“, berichtet sie. An der Schutterstraße erhalten die Familien von Enas Derbas-Hajir Informationen zu den geltenden Corona-Regeln – in deutscher und arabischer Sprache. Derzeit nehmen das acht Familien mit Kindern im Alter von acht Monaten bis sechs Jahren in Anspruch. Sie besuchen regelmäßig den Spieletreff, auch während der Corona-Ausbreitung. „Die Eltern und Kinder sprechen deutsch, französisch, rumänisch, arabisch, türkisch, sogar portugiesisch. Wir sind Multi-Kulti“, sagt Enas Derbas-Hajir und lacht.

Sie selbst ist vor fünf Jahren aus Jordanien nach Deutschland gezogen und kennt die Sorgen und Nöte der Eltern. „Die Ratlosigkeit, die fehlenden Sprachkenntnisse, ich habe das auch erlebt“, erzählt die Palästinenserin. Inzwischen hat sie ein Praktikum an der Albert-Schweitzer-Schule absolviert, ihre beiden Kinder haben einen Kitaplatz und sie hilft nun unentgeltlich Familien mit denselben Problemen.

Derzeit sind es acht Familien, die Enas Derbas-Hajir im Spieletreff betreut. Sie kommen regelmäßig, auch während der Corona-Ausbreitung. „Manche Familien sind traurig, viele wünschen sich, dass wir wieder vollständig öffnen“, berichtet sie. Vor der Pandemie hatte der Spieletreff an drei Tagen in der Woche – montags, mittwochs und freitags – jeweils von 9 bis 12 Uhr geöffnet. Momentan beschränken sich die Öffnungszeiten auf Montag und Donnerstag, jeweils von 10 bis 13 Uhr.

„Ich hoffe, das Projekt bleibt bestehen und wächst weiter“, sagt die Ehrenamtliche. „Die Eltern kommen gerne hierher. Die Kinder werden hier auf die Kita vorbereitet und lernen, soziale Kontakte zu knüpfen“, sagt Inas Derbas. In der Vergangenheit gab es einen regen Austausch zwischen dem Spieletreff und städtischen Kindertagesstätten. Hierzu zählten wöchentliche Besuche in den Kitas Vogesenallee und Sundheim sowie Gegenbesuche im Spieletreff. So hatte beispielsweise die Leiterin der Kita Vogesenallee, Stefanie Jogerst, die gegenseitige Besuche fest in den Wochenplan ihrer Kita integriert. Ebenfalls auf dem Programm des Spieletreffs standen: Gemeinsame Ausflüge zur Internationalen Kinderbibliothek, dem Frauen- und Familienzentrum und Spielplätzen, außerdem Kindergeburtstage wurden an der Schutterstraße gefeiert.

Gefördert wird das Projekt mit Mitteln des Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau, getragen durch die städtischen Integrationsbeauftragten Robyn Tropf und Raya Gustafson und begleitet durch Michaela Könner, Fachkoordination Kinder. Der Förderverein städtische Kita Sundheim unterstützt den Spieletreff von Beginn an.

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