Angedacht: Hans-Georg Dietrich
Nicht "mütend", sondern "zuvroh"

Hans-Georg Dietrich | Foto: privat

„Mütend“ – dieser neue Begriff beschreibt für viele die gegenwärtige Stimmung.  „Mütend“ ist eine Zusammensetzung aus den Worten „müde“ und „wütend“. Das kann ich gut nachvollziehen. Die Gründe für diese Stimmung sind vielfältig. Die Unbefangenheit der Begegnung ist uns oft verloren gegangen. Unser Leben empfinden wir zunehmend als eingeschränkt. Die Schranken an vielen Stellen unseres Lebens machen uns müde. Und nun ist erster Advent.

Advent eine Art Lichtschranke

Die erste Kerze brennt. Der Advent bezeichnet eine andere Art von Schranke: Er ist eine Lichtschranke. Wer diese Schranke durchschreitet, sieht ein neues Licht. Lichtschranken nehmen wir im Alltag nicht wahr. Wir bemerken sie erst, wenn eine Tür sich vor uns öffnet. So ähnlich ist der Advent auch. Erst wenn sich für uns eine innere Tür öffnet, nehmen wir wahr, dass ein neuer Raum sich vor uns auftut.

Eine Freundin von mir arbeitet in einem Lebensmittelgeschäft. Sie erzählt, dass es in ihrem Laden Adventskalender für Hunde zu kaufen gibt. Ich finde das sehr merkwürdig. Wahrscheinlich ist es viel sinnvoller, dem Hund ein Kotelett zu kaufen, anstatt einen Adventskalender. Sind diese Hundekalender ein Ausdruck dafür, dass die Hoffnung auf den Hund gekommen ist? Die Hoffnung würde dann nicht weit reichen und das wäre schlimm. Die Hoffnung muss unbedingt auf den Menschen kommen.

Gerade jetzt brauchen wir ganz viel Hoffnung. Sie ist ein „sicherer, fester Anker“ für unsere Seelen heißt es an einer wenig beachteten Stelle der Bibel (Hebräer 6,19). Diese Hoffnung kann die Müdigkeit und die Wut überwinden. Damit wir nicht mehr „mütend“ sind, sondern „zuvroh“ – zuversichtlich und froh. „Zuvroh“ das ist die Stimmung hinter der Lichtschranke des ersten Advents. Ein "zuvrohes" Herz wünsche ich Ihnen!
Hans-Georg Dietrich, evangelischer Schuldekan, Kirchenbezirk Ortenau

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