Ortenau Klinikum und Agenda 2030
Zweite Säule für drei Standorte

Die Standorte des Ortenau Klinikums ziehen viele Gesundheitsbereiche an. Ähnliches wollen die Initiatoren für die Nachnutzung in Kehl, Oberkirch und Ettenheim erreichen. | Foto: rek
  • Die Standorte des Ortenau Klinikums ziehen viele Gesundheitsbereiche an. Ähnliches wollen die Initiatoren für die Nachnutzung in Kehl, Oberkirch und Ettenheim erreichen.
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Ortenau (rek). Mit einem gemeinsamen Antrag für den am Dienstag tagenden Kreisausschuss "Gesundheit und Kliniken" legen die Fraktionen von CDU und SPD ein Konzept für die Nachnutzung der Klinikum-Standorte Kehl, Oberkirch und Ettenheim vor. Schon zu Beginn der Diskussion um die Strukturreform des Ortenau Klinikums hatten das Gutachten, die Kreisverwaltung und die Klinik-Leitung "Gesundheitszentren mit Portalfunktion" vorgesehen. Der Fraktionsantrag füllt diese Pläne für die "zweite Säule" mit Leben. Vorgestellt haben ihn für die CDU deren Fraktionschef Wolfgang Brucker zusammen mit Bruno Metz und Toni Vetrano, für die SPD Kai-Achim Klare mit Jens-Uwe Folkens.

CDU und SPD: Zentren für Gesundheit

Was ist das politische Ziel?
An den drei Standorten, deren Kliniken spätestens 2030 geschlossen werden sollen, soll jeweils ein "Zentrum für Gesundheit" entstehen. "Durch eigene Strukturen, vereint unter einem gemeinsamen Dach, soll die Schlagkraft auch nach außen sichtbar werden", erklärt Brucker. Die Sorge der Menschen sei, dass 2030 in Oberkirch, Kehl und Ettenheim die "Lichter ausgehen", sieht Klare ein düsteres Stimmungsbild. Gewollt sei eine "hochwertige, sektorenübergreifende medizinische Versorgung". Der Erfolg der ersten Säule, den Ortenau Kliniken, sei vom Erfolg der zweiten Säule, den Zentren für Gesundheit abhängig, ergänzte Vetrano.

Welche Leistungen sollen abgedeckt werden?
Bereits beschlossen hat der Kreistag für die drei betroffenen Standorte die Themen Gesundheitszentrum mit Portalfunktion sowie eine Ansiedelung von Rettungswache und Notarzt. Darüber hinaus seien, so der Fraktionsantrag, für eine "medizinische hochwertige ambulante Versorgung" eine Notfallpraxis, eine poststationäre Versorgung mit Genesungs- und Ambulanzbetten sowie ein ambulantes OP-Zentrum mit unterschiedlichen Schwerpunkten nötig. Als weitere Bausteine für eine "enge Verzahnung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung" seien wichtig: Gesundheitsprävention, Patientenlotse, Übergangspflege, nicht ärztliche Heilberufe wie Ergo-, Physiotherapeuten, Logopäden und Hebammen, eine palliative Brückenpflege sowie ambulante Dienste. Ergänzend könnten dort eingerichtet werden: der Pflegestützpunkt, ein Sozialdienst sowie eine Kurzzeitpflege. Je nach örtlichen Begebenheiten seien weitere gesundheitsrelevante Einrichtungen denkbar.
Den Beteiligten ist klar, dass Genesungsbetten im bisherigen Gesundheitssystem nicht existieren würden, deren Schaffung aber vielfach als notwendig angesehen werde. Hintergrund sei die "Ambulantisierung von Behandlungen". Hierfür, so Folkens, "müssen die gesetzlichen und finanziellen Grundlagen geschaffen werden."

Wie sollen die Zentren für Gesundheit finanziert werden?
"Die zweite Säule soll sich wirtschaftlich möglichst selbst tragen", betonen die CDU- und SPD-Fraktionen. Da die Vorgaben der verschiedenen Beteiligten dies nicht umfassend möglich mache, solle der Kreis die entsprechenden Gespräche führen, um die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen – "und gegebenenfalls nach alternativen Lösungen" suchen. Angestrebt werden solle eine "Modellregion sektorenübergreifender Gesundheitsversorgung". Eine wissenschaftliche Begleitung solle darstellen, "wie sich durch die Zentren für Gesundheit die medizinische Versorgung im Ortenaukreis, insbesondere in der Fläche verbessert".

Wie sieht die Organisation der Zentren für Gesundheit aus?
"Sie benötigt eine eigene, gleichwertige Organisations- und Verwaltungsstruktur neben dem Ortenau Klinikum", wird im gemeinsamen Antrag betont. Eine Fusion mit den bestehenden Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) des Klinikums wäre dazu ein richtiger Schritt. Eine eigene Geschäftsführung könne die vorhandenen und die fehlenden Gesundheitsangebote an allen bisherigen und zukünftigen Standorten erfassen und im Sinne dieser sektorenübergreifenden Versorgung weiterentwickeln, so CDU und SPD. Im einzurichtenden Aufsichtsrat sollten neben dem Landrat auch die Mitglieder des Ausschusses des Kreistags angehören.

Hat der Antrag Aussicht auf Zustimmung im Kreistag?
Wie bereits bei der Finanzierung der Agenda 2030 haben CDU und SPD unabhängig von den anderen Fraktionen agiert. Die Finanzierungsfrage wird am Dienstag ebenfalls im Ausschuss beraten und soll bei der nächsten Kreistagssitzung beschlossen werden. CDU und SPD verfügen allerdings zusammen nicht über die Mehrheit der Sitze im Kreistag, dazu fehlen ihnen zwei Stimmen. Kehls Oberbürgermeister Vetrano, der wie seine Kollegen Metz, Bürgermeister von Ettenheim, und Oberkirchs Oberbürgermeister Matthias Braun zu den Kritikern der Agenda 2030 gehört, betonte, es "gibt keine Gewinner und Verlierer der Agenda 2030, sondern nur Gewinner und das sind die Bürger".

Stichwort Oberkirch

Was passiert mit dem Klinikstandort Oberkirch?
Laut einem Medienbericht soll der Kreis die Schließung des Oberkircher Krankenhauses zum Jahr 2021 vorbereiten. Oberkirchs Oberbürgermeister Matthias Braun, der für die Guller-Redaktion für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, wird mit dem Satz zitiert: „Es gibt Überlegungen, Oberkirch vorzeitig vom Netz zu nehmen.“ Braun führt in dem Artikel weiter aus, dass eine entsprechende Vorlage für die Sitzung des Gesundheits- und Krankenhausausschusses am 20. Oktober vorbereitet werde.
Dem folgte am Freitag ein deutliches Dementi von Landrat Frank Scherer in Form einer Pressemitteilung: „Sollte Herr OB Braun dies tatsächlich so gesagt haben, ist dies falsch. Richtig ist vielmehr, dass von der Kreisverwaltung nachweislich geplant ist, den Ausschuss an diesem Tag mit einem Vorschlag für ein Nachnutzungskonzept für den Standort Oberkirch zu befassen, was Herr OB Braun und der Oberkircher Gemeinderat seit Monaten vehement einfordern!“ Eine Vorlage zur Schließung des Standortes Oberkirch zum Jahresende werde für diese Sitzung nicht vorbereitet. Scherer sprach weiter von „viel Rauch um Nichts“.  (mak)

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