Die Glosse im Guller
Das Kaufhaus X und mein gelber Kinderkäfer

Chefredakteurin Anne-Marie Glaser  vor mehr als 50 Jahren in ihrem ersten Käfer-Cabrio. | Foto: privat
  • Chefredakteurin Anne-Marie Glaser vor mehr als 50 Jahren in ihrem ersten Käfer-Cabrio.
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Es hieß Kaufhaus X, stand Mitten in Fürstenfeldbruck und war für die kleine Anne-Marie der wunderbarste Ort der Welt. Hätte mich jemand als Vierjährige gefragt, wie das Paradies aussieht, hätte ich ohne zu zögern geantwortet: "Wie die Spielzeugabteilung im Kaufhaus X." Meine Eltern konnten mich dort unbesorgt alleine lassen. Nie und nimmer wäre ich weggelaufen. Im Gegenteil konnte ich stundenlang mit riesengroßen Augen die Spielsachen bestaunen. Die Verkäuferinnen hatten nichts dagegen, dass ich mich mit den Puppen unterhielt oder in eines der Tretautos setzte. Welch gewiefte Verkaufsstrategie! Ich wollte nicht mehr aussteigen und das liebe, liebe Papilein kaufte seinem Töchterchen den gelben Kinderkäfer.

Kaufhaus Kraus in Lahr

Vielleicht liegt es an der frühkindlichen Prägung, jedenfalls mag ich Kaufhäuser. Schade, dass es immer weniger gibt. So lege ich alle Jahre wieder im Advent eine Gedenkminute an das ehemalige Kaufhaus Kraus in Lahr ein. Dort habe ich als 19-Jährige für meinen Weihnachtsbaum in der ersten eigenen Wohnung den Schmuck gekauft. Das Lametta bewahre ich heute noch in der kleinen Kaufhaus-Kraus-Plastiktüte auf. Was ein Beweis für die Langlebigkeit von Plastiktüten ist. Jedenfalls hat sie das Lahrer Warenhaus selbst überlebt.

Galeria Kaufhof in Offenburg

Immerhin bleibt uns Galeria Kaufhof in Offenburg erhalten. 52 andere Filialen werden geschlossen, worüber in den betroffenen Städten nun laut lamentiert wird. Ich meine jetzt nicht die Mitarbeiter, die dürfen sehr wohl klagen. Nicht jedoch Leute, die Großabnehmer bei Amazon sind und ein Kaufhaus nur betreten, um dort die Toilette zu benutzen. Wer sich gar in Geschäften vor Ort ausgiebig beraten lässt, die Ware dann aber günstiger im Internet kauft, hat sowieso jedes Recht verwirkt, über Leerstände in den Innenstädten zu jammern.

Tretauto für den Enkel

Zum Glück gibt es in der Ortenau noch Geschäfte, in denen ich Kinderspielzeug einkaufen kann – inzwischen für meinen Enkel. Natürlich bekommt er auch ein nagelneues Tretauto. Von meinem gelben Kinderkäfer gibt es nämlich nur noch ein Foto.

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