Bürgermeisterwahl
Ehrlich, Erny hat gewonnen

Wenn es um öffentliche Wahlen geht, dann werden Zeitungsberichte ganz besonders kritisch beäugt. Wird auch wirklich kein Kandidat bevorzugt? Bekam einer bei der Vorstellung zwei Zeilen mehr im Artikel? Wurde ein anderer deshalb aus einem speziellen Blickwinkel von der Seite fotografiert, damit seine Nase unvorteilhaft lang wirkt? Wollte der Journalist dadurch zum Ausdruck bringen, dass der Kandidat wie Pinocchio die Unwahrheit sagt? Korinthenkacker und Verschwörungstheoretiker dieser Welt vereinigt euch!

Widersprüche

Als Jungredakteurin wurde mir vor sehr vielen Jahren einmal von verschiedenen Seiten vorgeworfen, ein und den selben Kandidaten zu bevorzugen, zu benachteiligen, zu glorifizieren und ihn lächerlich zu machen. Die Verwirrung über solche doch sehr widersprüchliche Vorwürfe begleitet mich nun mein gesamtes Berufsleben. Offensichtlich nehmen Menschen für mich vermeintlich eindeutige Dinge unterschiedlich wahr.

Wiederwahl

Man nehme nur als Beispiel die Wiederwahl des Gengenbacher Bürgermeisters Thorsten Erny am vergangenen Sonntag. Fakt ist: Der Mann hat gewonnen. Da gibt es nichts zu deuteln. Trotzdem meinen manche, das Ergebnis sei eine Niederlage. Trommelwirbel und hämisches Grinsen: Nur armselige 36,1 Prozent der Gengenbacher haben ihre Stimme abgegeben.

Passiver Widerstand?

Das sind wirklich nicht viele. Aber ist das jetzt peinlich für den Thorsten Erny? Ich meine nein. Aber ich habe es vergangenen Oktober auch Bürgermeister Manuel Tabor nicht angekreidet, dass in Appenweier nur 34,87 Prozent wählen gingen. Wenn halt nur ein Kandidat auf dem Stimmzettel steht, dann ist der Wahlsieger irgendwie schon ein bisschen vorhersehbar. Und da es das Ergebnis letztendlich ohnehin nicht beeinflusst, bleibt gerade bei Schmuddelwetter da doch mancher lieber gemütlich auf dem Sofa zu Hause. Bei vielen ist das keineswegs ein Zeichen von passivem Widerstand, sondern schlicht Bequemlichkeit.

Natürlich kann man sich fragen, warum nicht einmal ein Spaßkandidat in dieser Kommune seine Bewerbung abgeben will. Nun, entweder macht der Bürgermeister seinen Job so gut, dass sich kein Kandidat ernsthaft Chancen ausrechnet. Oder es ist kein Spaß in der Stadt Bürgermeister zu sein. Bevor jemand in diesem nicht wirklich geglückten Versuch eines Wortspiels etwas Falsches hineininterpretiert, sei klar festgehalten: Letzteres kann man sich weder in Appenweier noch in Gengenbach vorstellen, Ersteres schon.
Jetzt waren von den ohnehin wenigen Stimmen in Gengenbach nur 95,1 Prozent gültig. Auf manchen Wahlzetteln wurden sogar andere Namen geschrieben. In Appenweier waren es 98,54 Prozent. Okay, diese Botschaft ist angekommen: Vor der nächsten Bürgermeisterwahl im Ortenaukreis werden wir im Guller ganz genau erklären, wie man so einen Wahlzettel richtig ausfüllt.
Anne-Marie Glaser

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