Warnung der Badischen Stahlwerke
Fernwärmeprojekt in kritischer Phase
- Durch eine Rohrleitung unter dem Rhein soll die Abwärme der Badischen Stahlwerke als 160 Grad heißes Wasser in das Fernwärmenetz von Straßburg gelangen
- Foto: BSW/Miva.TV
- hochgeladen von Christina Großheim
Kehl (st) Das Straßburg-Kehler Fernwärmeprojekt befindet sich in einer kritischen Phase: Gestiegene Baukosten, eine befristete Förderung durch den Bund und ein noch nicht abgestimmter Vertrag gefährden die Finanzierung und damit die Realisierung aus Sicht der Badischen Stahlwerke (BSW). Denn wird die Fernwärmeanlage nicht bis Mai 2029 in Betrieb genommen, drohen existenzielle Fördermittel zu verfallen, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens.
Seit mehr als fünf Jahren würden die Badischen Stahlwerke gemeinsam mit der Eurométropole de Strasbourg, der Region Grand-Est, dem Land Baden-Württemberg, der Stadt Kehl und weiteren Partnern an dem grenzüberschreitenden Fernwärmeprojekt Straßburg-Kehl arbeiten. Ziel sei es, Abwärme aus der Stahlproduktion der Badischen Stahlwerke in Kehl als Heizenergie nutzbar zu machen und in das Fernwärmenetz der Stadt Straßburg einzuspeisen. Bis zu 7.700 Haushalte sollen in der ersten Ausbaustufe mit Wärme für Wasser und Heizung versorgt werden, so der Plan. Das entspräche einer CO2-Einsparung von rund 19.600 Tonnen pro Jahr. In einer weiteren Ausbaustufe möchte auch die Stadt Kehl, Abwärme der BSW in neu zu erschließenden Bereichen sowie als Ersatz anderer Wärmeerzeuger in der zentralen Innenstadt einzusetzen.
Hohe Kosten
Das Projekt sei mit sehr hohen Kosten verbunden: Immerhin müssten 6,5 Kilometer Rohre verlegt werden, die auch unter dem Rhein durchführen – geplant und finanziert von der eigens gegründeten Wärmegesellschaft Calorie Kehl-Strasbourg und unterstützt mit europäischen, französischen und deutschen Fördermitteln. Auch für die Badischen Stahlwerke stünden erhebliche Investitionen an: Ein neues Gebäude sowie Anlagen und Rohrleitungen auf dem Werksgelände seien nötig, um die Wärme aus der Abluft aufzubereiten und als rund 160 Grad heißes Wasser in die Fernwärmeleitung einzuspeisen.
„Als Elektrostahlwerk, das auf eine klimafreundliche Stahlproduktion setzt, stehen wir zu dem Vorhaben und wollen es gemeinsam mit allen Projektpartnern zum Erfolg führen“, betont Florian Glück, Geschäftsführer der Badischen Stahlwerke. „Deshalb haben wir bereits knapp zwei Millionen Euro für vorbereitende Arbeiten bei uns im Werk aufgewendet. Weitere Investitionen können wir allerdings nur verantworten, wenn die vertraglichen Grundlagen klar geregelt sind und ausgeschlossen ist, dass die Wärmeauskoppelung für uns zum Verlustgeschäft wird.“
Befristung der Fördergelder
Bereits 2018, ein Jahr vor Unterzeichnung der Absichtserklärung für das Fernwärmeprojekt, hatten die Badischen Stahlwerke die Kosten für die notwendigen Umbau- und Umstrukturierungsmaßnahmen im Werk kalkuliert und später auf der Basis eine Förderung beim Bundeswirtschaftsministerium beantragt, so die Pressemitteilung weiter. Diese seien bewilligt worden und würden sich auf 4,6 Millionen Euro belaufen. Seit Projektbeginn seien allerdings nicht nur die Baukosten deutlich gestiegen, auch der geplante Termin für die erste Wärmelieferung sei mehrfach verschoben worden. Die Förderung durch den Bund jedoch sei nicht an die höheren Kosten angepasst worden und zudem befristet: Die Fördergelder würden nur fließen, wenn die Fernwärmeanlage bis Mai 2029 in Betrieb gehe. „Um dieses Ziel zu erreichen, müssten wir spätestens im Frühjahr 2026 die Umbauarbeiten im Werk beauftragen“, erklärt Glück. „Denn diese lassen sich nur durchführen, wenn unsere Produktion vollständig stillsteht. Einen längeren Stillstand über mehrere Wochen planen wir aber nur einmal jährlich. Für den kompletten Umbau brauchen wir mehrere solcher Stillstände.“
Voraussetzung für die Beauftragung der Umbauarbeiten ist für Glück allerdings, dass alle technischen und vertraglichen Details geklärt sind und dass sich das Projekt trotz der gestiegenen Baukosten wirtschaftlich trägt. „Das Vorhaben ist für uns ein Herzensprojekt. Wir müssen jedoch sicherstellen, dass wir am Ende nicht draufzahlen.“
Fehlender Vertrag gefährdet Projektumsetzung
Am 8. Dezember werde der Aufsichtsrat der Badischen Stahlwerke tagen und soll über die Freigabe der nächsten Investitionsschritte entscheiden. „Wir brauchen spätestens Anfang Dezember einen unterschriftsreifen, mit allen Parteien abgestimmten Vertrag, das ist die Grundvoraussetzung“, fordert Glück. „Erst auf der Basis können wir die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens abschließend bewerten und eine Entscheidung über weitere Ausgaben treffen. Wenn dies am 8. Dezember nicht möglich ist, können wir im Frühjahr 2026 keine Umbauarbeiten beauftragen. Eine Inbetriebnahme der Fernwärmeanlage bis Mai 2029 ist dann nicht möglich, und die Bundesförderung dürfte entfallen.“ Der BSW-Geschäftsführer betont: „Wir wollen das Projekt – es ist sinnvoll für die Region und das Klima. Aber wir setzen es nur um, wenn Finanzierung, Verantwortlichkeiten und Risiken geklärt und fair geregelt sind.“






Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.