Erhalt eines Stück Geschichte
Sanierung der Stadtmauer

Die historische Stadtmauer in Offenburg wird Zug um Zug saniert. Bald ist insgesamt etwa ein Viertel des historischen Bauwerks grundlegend wiederhergestellt. | Foto: Stadt Offenburg
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  • Die historische Stadtmauer in Offenburg wird Zug um Zug saniert. Bald ist insgesamt etwa ein Viertel des historischen Bauwerks grundlegend wiederhergestellt.
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Offenburg (st). Die 2017 vom Gemeinderat beschlossene umfassende Sanierung der Offenburger Stadtmauer schreitet weiter voran. Seit Anfang Juni 2021 läuft die Umsetzung des zweiten Maßnahmenpakets am Bahngraben und der Gustav-Rée-Anlage auf Hochtouren.

Die historische Festungsanlage ist als besonderes Kulturdenkmal gelistet und rund 1,5 Kilometer lang. In den Jahren 2018 und 2019 wurden bereits drei der insgesamt 15 Teilabschnitte saniert. Dazu gehören die ersten 115 Meter am Bahngraben nördlich des Lindenplatzes, ein 35 Meter langer Abschnitt an der Gustav-Rée-Anlage gegenüber dem Hauptzugang zum Rée-Carré und ein Teilabschnitt im Zwingerpark unterhalb des Vinzentiusgartens. Alle drei Abschnitte gehörten in die höchste Dringlichkeitsstufe des beschlossenen Sanierungskonzeptes. Die Schäden waren so erheblich, dass die Mauer aus Sicherheitsgründen schon vor Beginn der Arbeiten teilweise abgesperrt werden musste.

Zweites Maßnahmenpaket

Mit dem zweiten Maßnahmenpaket werden die Arbeiten nun am Bahngraben an zwei weiteren Mauerabschnitten nach Norden bis an die Einmündung zur Lange Straße auf einer Länge von fast 180 Metern weitergeführt. Damit dürfte voraussichtlich bis Ende September der Gesamtverlauf der Stadtmauer vom Lindenplatz bis zur Einmündung der Gustav-Rée-Anlage in die Hauptstraße und damit rund ein Viertel der Offenburger Stadtmauer grundlegend saniert sein. Mit den Leistungen wurde die Firma Wolfsholz Ingenieurbau GmbH aus Leonberg beauftragt. Die Firma hatte bereits die Sanierung im Abschnitt Vinzentiusgarten durchgeführt.

Hauptursachen für den dringenden Sanierungsbedarf der Stadtmauer sind stark ins Mauerwerk eingedrungene Efeu-Wurzeln und wohl in den 1970er-Jahren ausgeführte unfachmännische Verfugungen, die nun vollständig entfernt werden müssen. Dies macht den Rückbau und die Neuerstellung von Teilflächen der Mauer und der gesamten Krone erforderlich. Danach wird eine maschinelle Neuverfugung ausgeführt und der mangelhafte innere Verbund der Mauer, sichtbar an vielen Ausbrüchen und Ausbauchungen, mit dem Einbringen von Stahlnadeln und Injektionsmörtel beseitigt.

Schädigungen stärker als vermutet

Während der Arbeiten wurde deutlich, dass die Schädigungen der Mauer noch stärker sind, als bisher vermutet. So ist das im Zwischenraum von äußerer und innerer Mauerschale eingebaute, sogenannte Füllmauerwerk extrem stark ausgewaschen und durchwurzelt. Der innere Verbund der Mauer ist in weiten Teilen nicht mehr vorhanden, so dass es zu großflächigen Abschalungen und Ausbrüchen kommt.

Die Durchführung der Arbeiten ist mit der angrenzenden Klosterschule abgestimmt. Bei den kürzlich vorgenommenen Abschlussprüfungen wurden die lärmintensiven Arbeiten unterbrochen. Die Gesamtkosten für das zweite Maßnahmenpaket werden voraussichtlich rund 340.000 Euro betragen. Beim Landesamt für Denkmalpflege und bei der Denkmalstiftung Baden-Württemberg wurden Förderanträge gestellt.

Die Sanierungsmaßnahmen am Bahngraben stehen im Zusammenhang mit der im Jahr 2022 geplanten Aufwertung der Parkanlage im nördlichen Bahngraben. Aufbauend auf das Ergebnis des im vergangenen Jahr durchgeführten freiraumplanerischen Wettbewerbs zur Aufwertung des Offenburger Grüngürtels um die Altstadt soll hier in der Parkanlage unter anderem der sogenannte Freiheitsspielplatz entstehen. Ziel ist eine belebte attraktive Grünanlage für Bewohner*innen und Besucher*innen der Innenstadt.

Das sind die Schadensbilder

Schadhafte Verfugungen mit Zementmörtel: An fast allen Abschnitten der Stadtmauer finden sich flächendeckend nicht fachgerechte, in den 1970er-Jahren ausgeführte Verfugungen und Reparaturarbeiten mit Zementmörtel. Durch die große Härte des verwendeten Zementmörtels und die schlechte Ausführung der Fugen konnte über viele Jahrzehnte immer wieder Wasser in die Fugen eindringen. Auswaschungen der Fugen sowie im Frostfall eintretende mechanische Schädigung und Erosion an den im Vergleich zum Zementmörtel teilweise deutlichen weicheren Mauersteinen waren die Folge. Insbesondere an den an vielen Stellen verwendeten Sand- und Ziegelsteinen kam es dadurch zu Abplatzungen, während der anstehende Zementmörtel stehen blieb.

Durchwurzelungen der Mauer mit Efeu: Die in der Folge der schlecht ausgeführten Reparaturarbeiten mit Zementmörtel entstehenden, immer größer werdenden Fugen boten ideale Wachstumsbedingungen für die Kletterpflanzen. Besonders Efeu, der vor der Mauer gepflanzt wurde, hat mit seinen tief ins Mauerwerk eindringenden Wurzeln zu erheblichen und immer weiter fortschreitenden Schädigung der Offenburger Stadtmauer beigetragen.

Undichtigkeit der Mauerkrone: In vielen Abschnitten der Offenburger Stadtmauer ist die Mauerkrone mit jahrzehntealten Betonabdeckungen versehen. Diese zeigt mittlerweile häufig Risse, durch die Wasser in das Mauerwerksinnere eindringen kann. Feuchteschäden, Auswaschungen, eindringende Wurzeln sind die Folge.

Abschalungen: Historische Natursteinmauern bestehen in der Regel aus äußeren Mauerschalen und dem darin eingebauten Füllmauerwerk. In dieser Zwischenschicht wurden regelmäßig minderwertige Steine und Schutt vermischt mit Mörtel und Sand eingebracht. Um den Verbund zwischen der äußeren Schalen und damit die Stabilität der Mauer herzustellen, wurden in bestimmten Abständen sogenannte Bindersteine eingebaut. Dieser Aufbau ist auch bei der Offenburger Stadtmauer gegeben. In der Folge der oben beschriebenen Schädigungen der Mauerstruktur durch starke Durchwurzelung und Erosion des Füllmauerwerks sind an viele Stellen flächenhaften Ausbauchungen beziehungsweise Abschalungen der äußeren Mauerschalen entstanden. Teileweise sind diese schon von außen zu erkennen.

Kurzdarstellung Sanierungskonzept

Das Sanierungskonzept umfasst im wesentlichen folgende Maßnahmen:

  • Entfernung des Bewuchses auf der Maueroberfläche
  • Entfernung der Verwurzelungen innerhalb des Mauerwerks
  • Entfernung nicht fachgerecht ausgeführter Zementverfugungen und defekter Reparaturstellen
  • maschinelle Neuverfugung mit in der Härte angepasstem Trass-Kalk-Mörtel
  • Neuaufmauerung von Ausbruchstellen
  • Austausch von ausbrechenden oder nicht mehr tragfähigen Mauersteinen
  • Abtragen schadhafter Mauerkronenabschnitte
  • Wiederherstellen und Abdichten der Mauerkrone mit Gefälle
  • Einbau von Stahlnadeln zur Verbindung der äußeren Mauerschalen
  • Mauerwerksverfestigung durch Injizierung einer Trass-Kalk-Suspension
  • Herstellen einer angepassten Steinsichtigkeit
  • Herstellung von Drainagebohrungen in erdberührten Mauerbereichen

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