Mobilität im ländlichen Raum
Abgeordneter Gastel auf Stippvisite

Veranstaltung mit dem Bundestagsabgeordneten der Grünen, Matthias Gastel (r.), in Oppenau  | Foto: Kreisverband Ortenau Bündnis 90/Die Grünen
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Ortenau (st). Der bahnpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel, war zu Besuch in der Ortenau. Der Kreisverband Ortenau von Bündnis 90/Die Grünen hatte zu zwei Info- und Diskussionsveranstaltungen zum Thema „Zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum“ nach Oppenau und Lauf eingeladen.

Zuvor fand am Bahnhof Achern ein Treffen mit dem Grünen Landtagsabgeordneten Bernd Mettenleiter, der Grünen Gemeinderätin Conny Hummel sowie dem Oberbürgermeister Klaus Muttach statt. Conny Hummel erläuterte die geplante und vom Gemeinderat bereits beschlossene Neugestaltung des Acherner Bahnhofsvorplatzes mit Fahrradparkhaus. Ein weiteres Thema war noch die Einrichtung eines möglichen Bahnhofshalts im Rahmen des geplanten Neubaus des Klinikums Achern.

Sowohl in Oppenau als auch in Lauf stießen die Veranstaltungen bei der Bevölkerung und den anwesenden Entscheidungsträgern wie Gemeinde- und Ortschaftsräten auf großes Interesse. „Die Grünen stehen nicht für keine Mobilität, sondern für eine andere Mobilität“, machte Matthias Gastel gleich zu Beginn deutlich. Zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum basiere dabei auf zwei Säulen: Der Technologie und dem Bewusstsein der Bevölkerung.

Mobilität im ländlichen Raum

In Deutschland obliegt der öffentliche Busverkehr per Gesetz in der Regel den Kommunen. Im Zuge der im Koalitionsvertrag vereinbarten Mobilitätsgarantie werde jedoch auch auf Landesebene daran gearbeitet, die Taktung auf dem Land zu verbessern. So sollten auch kleine Gemeinden zunächst stündlich angefahren werden, langfristig werde eine halbstündige Taktung angestrebt. Um Mittelzentren zu verbinden, sei das Land zum einen dabei, Regiobusse auszubauen. In diesem Zuge sei auch die Busanbindung des Nationalparks Schwarzwald an Achern, Bühl und Oppenau erfolgt. Zum anderen würden in Baden-Württemberg derzeit Machbarkeitsstudien bezüglich möglicher Bahnstreckenreaktivierungen durchgeführt. Das Zielvorgaben für die zukünftige Entwicklung des Verkehrsangebotes vor Ort würden im Nahverkehrsplan definiert. Matthias Gastel empfahl, sich in dieses kommunalpolitische Instrument einzubringen und wies darauf hin, dass Kommunen hierbei auch Bürger und Unternehmen beteiligten könnten.

Während seines Vortrags stellte der Bundestagsabgeordnete verschiedene Erfolgsmodelle für Mobilität im ländlichen Raum dar. Die Zuhörer erfuhren auch, wie Unternehmen verkehrstechnisch ihre Ökobilanz verbessern könnten. Hierbei stelle der Arbeitsweg der Mitarbeiter eine entscheidende Komponente dar. Durch Anreize wie eine Fahrradwerkstatt auf dem Firmengelände oder wenige Parkplätze in unmittelbarer Nähe, die ausschließlich Mitarbeitern zur Verfügung stehen, die Fahrgemeinschaften bilden, könne beispielsweise einiges bewegt werden.

Zu viele Verkehrsverbünde

Baden-Württemberg liege mit 22 regionalen Verkehrsverbünden deutschlandweit zahlenmäßig leider an erster Stelle. Wenn jeder Verbund seine eigenen Regeln für die Mitnahme von Kindern, Hunden und Fahrrädern habe, stelle das Reisende vor eine logistische Herausforderung und schrecke viele ab, erläuterte Matthias Gastel. Aus diesem Grund habe ab 2018 stufenweise die Einführung des verbundübergreifenden "bw-Tarif" stattgefunden. Damit sei Bahnfahren im Land sowohl einfacher als auch günstiger geworden. Weitere Optimierungen würden mit der zweiten Stufe ab Dezember angestrebt.

Sowohl in Oppenau als auch in Lauf beteiligten sich die Zuhörer im Anschluss an den Vortrag eifrig an der Diskussionsrunde.
In beiden Gemeinden erkundigten sich Teilnehmer kritisch nach dem neue Neun-Euro-Ticket. Matthias Gastel erklärte, dass das Ticket nicht aus verkehrspolitischer Sicht, sondern im Zuge des Entlastungspakets als Ergänzung zu Spritsubventionen gekommen sei und leider nicht mit einer Angebotsverbesserung einhergehe. Er sicherte aber zu, dass die Ergebnisse der Einführung des Neun-Euro-Tickets evaluiert werden würden, wodurch dann langfristige Optimierungen und Förderungen kommen könnten.

Der Grüne Landtagsabgeordnete Thomas Marwein bereicherte die Diskussion in Oppenau und antwortete auf landespolitische Fragen. Als ehemaliger Lärmschutzbeauftragter der Landesregierung konnte er darüber hinaus Auskunft zum Umgang mit Motorradlärm geben.

Paketdienste

Die Anwesenden beschäftigte auch die stark gestiegene Zahl an Paketdiensten. Teilweise führen vier verschieden Paketzusteller durchs Renchtal, wünschenswert sei eine Absprache der Anbieter, um die Anzahl an Fahrten zu reduzieren. Matthias Gastel zeigte sich dieser Problematik bewusst, verwies aber darauf, dass hauptsächlich die Verbraucher koordiniertere Zustellungen verhinderten, da sie auf ihre Pakete keine ein bis zwei Tage länger warten wollten.

In Lauf beteiligten sich an der abschließenden Diskussion auch der Grüne Landtagsabgeordnete Bernd Mettenleiter sowie die bisherigen beiden Bürgermeisterkandidaten für die Wahl im Juli Bettina Kist und Thomas Gerth. Hierbei ging es hauptsächlich um Alternativen zu Bus und Bahn, insbesondere durch Carsharing. Dabei zeigte sich, dass die Frage nach zukunftsfähiger Mobilität in Lauf schon seit ein paar Jahren Thema ist. So sei 2019 das Rufauto "LauRa" eingeführt worden, ein gutes Jahr später allerdings aus wirtschaftlichen Gründen bereits wieder abgeschafft worden. Damit wurde deutlich, das zukunftsfähige Mobilität wirklich nur mit beiden der eingangs von Matthias Gastel vorgestellten Säulen gelingen kann. „Ein Umdenken der Bevölkerung findet nicht von heute auf morgen statt“, so der Bundestagsabgeordnete. Bei den meisten Angeboten sei eine Vorleistung und viel Geduld erforderlich. Wie gut Alternativen angenommen werden, zeige sich oft erst nach etwa zwei Jahren „Ich kann nur empfehlen, sich nicht entmutigen zu lassen. Die Zeiten ändern sich, beispielsweise können die steigenden Spritpreise ein Umdenken fördern.“

Besondere Form des Carsharing

Als Beispiel für ein niedrigschwelliges Angebot empfahl Matthias Gastel eine besondere Form des Carsharings: fast jede Gemeinde habe Dienstfahrzeuge, die abends und am Wochenende ungenutzt herumstünden. Die Gemeinde könnte die ohnehin vorhandenen Fahrzeuge zu bestimmten Zeiten der Bevölkerung zur Verfügung stellen. Dies sei ein guter erster Schritt, Carsharing in der Gemeinde zu integrieren und die langfristige Nachfrage aufzuzeigen.

Abschließend hielt Matthias Gastel fest, dass Mobilität nichts schlechtes und Teil des Lebens sei. Jedoch dürfe sie weder gesundheits- noch klimaschädlich sein, darauf gelte es hinzuarbeiten. Umstellungen werden dabei keinen Verzicht bedeuten, sondern vielmehr mit neuer Lebensqualität einhergehen.

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