Sind die fetten Jahre vorbei?
Kurzarbeit in der Ortenau

Foto: Symbolfoto: Matthias Kerber

Ortenau (ag). Sind die fetten Jahre in der Ortenau vorbei? Angeblich melden immer mehr Unternehmen Kurzarbeit an. Was ist dran an den Gerüchten? Zuständig für Entgeltersatzleistung aus der Arbeitslosenversicherung, wie das sogenannte Kurzarbeitergeld offiziell heißt, ist die Agentur für Arbeit. Die Stadtanzeiger-Redaktion hat deshalb bei Horst Sahrbacher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Offenburg, nachgefragt.

Agentur für Arbeit

Konkrete Zahlen oder gar Namen darf er nicht nennen. "Das sind betrieblich vertrauliche Daten", so Sahrbacher. "Wir nehmen aber in der ersten Hälfte des Halbjahrs 2019 mehr Anfragen nach den Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld von Unternehmen wahr, die betroffen sein könnten, als noch vor einem Jahr." Eine generelle Krise will der Chef der Agentur für Arbeit keinesfalls bestätigen. Klar sei jedoch, dass der Transformationsprozess in der Automobilindustrie auch Auswirkungen auf die Ortenau haben könne. Er halte jedoch nichts von Panikmache beispielsweise in den sozialen Medien. Vielmehr gelte es, konkrete Auswirkungen abzuwarten. Die Agentur für Arbeit stehe jedenfalls mit ihrem Service Unternehmen zur Seite, wenn dies benötigt werde. Zumal Kurzarbeit sich als Instrument auch schon in der Vergangenheit bewährt habe, um bestimmte Situationen zu überbrücken.

Wirtschaftsregion Ortenau

Auf Anfrage bei der Wirtschaftsregion Ortenau, kurz WRO, erklärt Geschäftsführer Dominik Fehringer: "Uns liegen keine belastbaren Zahlen vor. Aus Gesprächen wissen wir aber, dass die Lage in den Beiratsunternehmen der WRO sehr heterogen ist." Bei den Automobilzulieferern muss man laut Fehringer von einer ernsten Situation sprechen. "Manche Maschinenbauer dagegen stehen in einem sehr guten Auftragsjahr. Auch aus der Automatisierungstechnik hört man eher zufriedene Stimmen. Die Elektronikhersteller spüren einen leichten Rückgang, in Einzelbereichen der Industriezulieferung um bis zu 20 Prozent, dagegen steigen die Aufträge bei Elementen der Batteriezulieferung. In der IT ist die Auftragslage sehr gut. Der Ortenau hilft – wie oft zuvor – die breit diversifizierte Wirtschaftsstruktur.“

Was bedeutet Kurzarbeit eigentlich?

Wenn aus bestimmten Gründen die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend gekürzt wird, können Arbeitnehmer laut Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung soll den Verdienstausfall teilweise ausgleichen. Ziel ist es, dass Beschäftigte nicht gekündigt werden, sondern im Betrieb bleiben können. Es gibt drei Fälle: konjukturelles, saisonales und Transferkurzarbeitergeld. Letzteres soll den Wechsel der Arbeitnehmer von der bestehenden in eine neue Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ohne zwischenzeitliche Arbeitslosigkeit gewährleisten.

Wie ist der Ablauf im Fall der Fälle?

Laut Agentur für Arbeit muss spätestens innerhalb des Monats, in dem es beginnt, das Kurzarbeitergeld angezeigt werden. Daraufhin findet dann ein Gespräch mit dem Arbeitgeber statt. Anschließend entscheidet die Arbeitsagentur über die Anzeige. Nach der Bewilligung berechnet der Arbeitgeber mit dem Lohn das Kurzarbeitergeld – 60 beziehungsweise 67 Prozent des Nettoentgeltausfalls – und bezahlt das Kurzarbeitergeld mit dem Lohn aus. Gleichzeitig muss der Arbeitgeber aus 80 Prozent des ausgefallenen Bruttoentgeltes die Sozialversicherungsbeiträge selbst tragen. Die Agentur erstattet das verauslagte Kurzarbeitergeld und prüft alles am Ende des Bezugszeitraums. Infos gibt es unter arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-video.

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